Das Urteil ist gefallen – und damit ist eine weitere Etappe in dem heftigen Streit von zwei Singener Neurochirurgen geschafft. Verhandelt wurde bereits in zweiter Instanz, weil sich weder die beiden Angeklagten noch die beiden Nebenkläger mit einem Urteil des Singener Amtsgerichts vom Herbst 2023 zufriedengeben wollten.
Nun also der nächste Anlauf, um zu klären ob Bahram Hashemi seine zur Tatzeit 20 Jahre alte Mitangeklagte dazu angestiftet hat, ungeheuerliche Vorwürfe gegen einen Konkurrenten, den ebenfalls niedergelassenen Neurochirurgen Aram Bani, und einen weiteren Arzt zu erheben, der in verantwortlicher Position im Singener Krankenhaus arbeitet. Ein erster Verhandlungstag am Landgericht endete ohne Urteil, weil noch ein weiterer Zeuge gehört werden sollte.
Erfundene Vorwürfe gegen unbescholtene Männer
Zur Erinnerung: Die beiden unbescholtenen Männer sahen sich im Februar 2021 mit Vergewaltigungsvorwürfen konfrontiert. Vorwürfe, die Existenzen hätten zerstören können. Schon im November 2023 hat das Singener Amtsgericht dabei festgestellt, dass die beiden Ärzte, die als Nebenkläger auch in der Berufungsverhandlung auftraten, sich rein gar nichts haben zuschulden kommen lassen.
Die junge Mitangeklagte hatte damals über ihren Verteidiger Björn Bilidt die Vorwürfe wie angeklagt eingeräumt – und damit auch gestanden, dass sie sich die vorgeworfenen Taten nur ausgedacht habe. Sie hatte sich damals bei den beiden Ärzten entschuldigt, die in Singen wie auch jetzt in Konstanz schwerwiegende psychische Folgen für sich geltend machten.
Weniger klar war die Rolle von Bahram Hashemi, den schon seit geraumer Zeit eine tiefe Abneigung mit Aram Bani verbindet. Waren sie einst sogar Kollegen in einer gemeinsamen Praxis, so offenbarte die juristische Aufarbeitung der Vorfälle aus der ersten Jahreshälfte 2021 ein tiefes Zerwürfnis, das nach einem Streit um einen neurochirurgischen Notdienst Anfang 2021 eskalierte.

Die Vorgänge und die schwerwiegenden Vorwürfe führten sogar dazu, dass das Singener Krankenhaus im Mai 2021 die Zusammenarbeit mit Hashemi kündigte, der bis dahin als Honorararzt stationäre Eingriffe und einen Teil des neurochirurgischen Notdienstes machte. Im Juli 2021 schloss er seine Praxis, was eine Lücke in die Gesundheitsversorgung über die Region hinaus riss.
In der ersten Jahreshälfte 2021 gab es – gerichtlich festgestellt – eine E-Mail von Hashemi an Bani und einen ganzen Verteiler von Führungskräften des Singener Krankenhauses, die von Amts- und Landgericht gleichermaßen als beleidigend eingestuft wurde. Zudem hat er laut der Beweisaufnahme vor Gericht eine Geschichte rund um eine angebliche Prostituierte weitererzählt, mit deren Diensten andere erpresst werden sollten. Auch diese Geschichte richtete sich gegen Bani. Was darin behauptet wurde, ist allerdings nie passiert. Und es gab eben auch die Vergewaltigungsvorwürfe – wobei Staatsanwaltschaft und Nebenkläger den Vorwurf erhoben, Hashemi habe die junge Frau, die damals noch in einer Liebesbeziehung mit ihm und zeitweise auch seine Auszubildende war, dazu angestiftet.
Hat der Arzt zu falschen Vorwürfen angestiftet? Das Landgericht sagt: Nein
Diesen Vorwurf bezeichnete schon das Singener Amtsgericht als nicht nachweisbar. Das Landgericht Konstanz mit dem Vorsitzenden Richter Joachim Dospil kam nun zu dem Schluss, dass die junge Mitangeklagte sich die ungerechtfertigten Vorwürfe selbst ausgedacht habe, und sprach Hashemi von dem Vorwurf ebenfalls frei.
Auch den Vorwurf der Verleumdung durch die Geschichte rund um die Prostituierte sah das Gericht als nicht erwiesen an und verurteilte den Angeklagten stattdessen wegen übler Nachrede. Der feine Unterschied: Für Verleumdung hätte der Angeklagte wider besseres Wissen handeln müssen – also wissen müssen, dass die Geschichte nicht wahr ist. Das habe er wohl nicht gewusst, führte Dospil in der Urteilsbegründung aus.
Landgericht senkt die Strafe spürbar
Am Ende stand für Hashemi eine deutlich niedrigere Geldstrafe als in der ersten Instanz – nachdem Staatsanwalt Schwarz aufgrund des Vorwurfs der Anstiftung sogar eine Bewährungsstrafe gefordert hatte. Wurde der Neurochirurg im Herbst 2023 vom Singener Amtsgericht noch zu 120 Tagessätzen verurteilt, waren es vor dem Landgericht nur noch 90 Tagessätze.
Das hat auch den Nebeneffekt, dass die Verurteilung nicht im polizeilichen Führungszeugnis erscheint und der Arzt nicht als vorbestraft gilt. Die Höhe der Tagessätze von je 500 Euro änderte die Strafkammer in Konstanz allerdings nicht. Der Vorsitzende Richter Dospil führte zur Begründung an, dass nicht per Attest nachgewiesen sei, dass Hashemi nicht mehr arbeiten könne. Seine bisherigen Bemühungen um Arbeit hätten zudem nicht ausgereicht.
Die Berufungen der anderen Parteien hat das Gericht verworfen. Die junge Mitangeklagte habe beim Amtsgericht nur eine Verwarnung nach Jugendstrafrecht bekommen, dagegen könne man keine Berufung einlegen. Die Berufungen der beiden Nebenkläger hat das Gericht jeweils als unbegründet verworfen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Bis zum frühen Dienstagnachmittag, 25. Juni, seien aber keine Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegt worden, so Mirja Poenig, Richterin am Konstanzer Landgericht und dessen Pressesprecherin, auf Anfrage.