Ein paar wesentliche Punkte kristallisieren sich heraus, wenn Jörg Lehnerdt über die Singener Innenstadt spricht. Er ist Leiter der Kölner Niederlassung der BBE Handelsberatung mit Hauptsitz in München und hat kürzlich im Gemeinderat die Befragung von Besucherinnen und Besuchern der Singener Innenstadt vorgestellt – per Videoschalte. BBE hat die Befragung im Auftrag der Stadt für das Singener Innenstadtentwicklungsprogramm 2040 erstellt. Zentrale Erkenntnisse der Befragung, die schon im Frühjahr bei einer öffentlichen Veranstaltung vorgestellt wurde, lauten: Die Einkaufsmöglichkeiten und die Erreichbarkeit werden als gut bewertet, die Sicherheit und das Kulturangebot werden kritischer gesehen.

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Dabei gibt es allerdings markante Nuancen, geht aus Lehnerdts Ausführungen hervor. So werde die Erreichbarkeit der Innenstadt mit dem Fahrrad am ehesten kritisch gesehen, während bei der Erreichbarkeit mit Bus und Bahn die grünen Balken für eine positive Bewertung besonders lang sind. Wer von außerhalb Singens, aber noch aus dem Landkreis Konstanz kommt, hat die Erreichbarkeit mit dem Auto als besonders positiv eingeschätzt. Parkmöglichkeiten werden allerdings kritisiert.

Bild 1: Innenstadt Singen: So sehen Besucher die Innenstadt
Bild: Kerstan

Das Hauptmotiv für Menschen, in die Singener Innenstadt zu kommen, sei mit 82 Prozent das Einkaufen gewesen. Bei einer Erhebung eines anderen Instituts aus dem Jahr 2018 habe dieser Wert bei eher unterdurchschnittlichen 45 Prozent gelegen, so Lehnerdt. Seine Einschätzung: „Das liegt klar am Einkaufszentrum Cano.“ Die Stadt habe aufs Einkaufen gesetzt. „So etwas ist immer eine Wette auf die Zukunft, aber die ist aufgegangen“, erläutert Lehnerdt. Dass der Handel abwandert, sei in anderen Städten ein Thema – aber nicht in Singen. Auch Oberbürgermeister Bernd Häusler zog aus diesen Informationen in der Sitzung den Schluss: „Es ist der richtige Weg für die Innenstadt.“

Deutlich sicherer als in einer Großstadt

Bei den Themen Sicherheit und Kulturangebot haben die Mitarbeiter von BBE am ehesten kritische Stimmen vernommen. 50 Prozent der Befragten bewerteten ihr Sicherheitsgefühl in der Innenstadt mit ausreichend oder mangelhaft, was den Schulnoten vier und fünf entspricht. Eine Sechs findet sich in dem entsprechenden Diagramm nicht.

Lehnerdt relativierte dieses Ergebnis der Befragung: „Singen gehört sicher nicht zu den unsichersten Städten in Deutschland.“ Das Thema Sicherheit koche nur an verschiedenen Stellen hoch, sagte er auf Nachfrage von Walafried Schrott (SPD). In Singen gebe es möglicherweise Hotspots oder kritische Uhrzeiten, so Lehnerdt. Von einem Niveau wie in einer Großstadt sei man dennoch sehr weit entfernt, was aber kein Grund sei, sich zurückzulehnen. Und Lehnerdt gab zu bedenken, dass die Befrager zu allen Tageszeiten in der Stadt unterwegs gewesen seien.

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Das Kultur- und Freizeitangebot, das die Innenstadt bietet, werde am ehesten kritisch gesehen, geht aus den Zahlen hervor. Besonders kritisch blicken die Innenstadtbesucher aus der Schweiz auf die innerstädtische Kultur – wobei diese Gruppe auch zu 94 Prozent angegeben hat, zum Einkaufen nach Singen zu kommen, also gar nicht wegen des Kulturangebots in der Stadt war. Lehnerdt gab dazu den Tipp, mehr Gewicht auf das Kultur-Marketing für Schweizer Kunden zu legen.

Gemeinderätin Kirsten Brößke (FDP) nutzte die Gelegenheit für die Bemerkung, dass FDP- und Neue Linie-Fraktionen von Anfang an für die Ansiedlung des Einkaufszentrums Cano gewesen seien. Und sie fragte Lehnerdt nach weiteren Tipps für die Zukunft. Ein Nachteil der bisherigen Entwicklung sei, dass die Scheffelstraße weniger bekannt sei. Dort dürfe man aber nicht auf Filialen von Handelsketten setzen, so der Fachmann. Und falls Flächen für den Einzelhandel frei werden, wie es in Innenstädten in Deutschland derzeit allgemein der Fall sei, sollte man diese mit anderen Dingen bespielen – beispielsweise Kultureinrichtungen. Die Stadtverwaltung geht bei einem Gebäude bereits selbst diesen Weg. In zwei von drei Stockwerken des früheren Sporthauses Schweizer soll die Tourist-Information samt Büros für die Abteilungen Kulturbüro und Tourismus der Stadtverwaltung einziehen.