An Ostern ist es traditionell mit der Ruhe vorbei: Nicht nur der Frühling ist nicht mehr aufzuhalten, auch Tuner, Poser und Raser drängen wieder an die frische Luft. Karfreitag war in den vergangenen Jahren stets ein Starttermin für die Szene, das wissen auch die Polizei und die Stadt Singen. „Es wird einen Einsatz geben“, erklärt Polizeisprecher Marcel Ferraro auf SÜDKURIER-Nachfrage. Polizisten würden Präsenz zeigen und wieder mit speziell ausgebildeten Kollegen kontrollieren. „Die werden sich die Fahrzeuge genau ansehen und diese im Zweifelsfall stilllegen“, kündigt Ferraro an.
Noch ist aber nicht klar, wie die Szene den Karfreitag begehen wird: Ruhig wie im vergangenen Jahr, als auch Corona-Regelungen den Andrang bremsten, oder zahlreich wie wenige Wochen später, als hunderte auffällige Autos die Straßen prägten. Die Stadt Singen hat derweil am Montag eine Allgemeinverfügung erlassen, die jedwede Treffen der Autotuning-Szene im Gebiet der Stadt Singen von Donnerstag bis einschließlich Montag untersagt.
Stadt: „Karfreitag [ist] ein idealer Tag, um die Saison zu beginnen.“
Karfreitag sei ein idealer Tag, um die Saison zu beginnen, erklärt die Stadt in der Allgemeinverfügung. Denn nach dem Wegfall „praktisch sämtlicher Corona-Auflagen“ sowie voraussichtlich gutem Wetter seien optimale Voraussetzungen für die Szene. „Um hier von Anfang an
eine klare Haltung zu zeigen, ist eine vorsorgliche Untersagung eines Treffens notwendig“, heißt es weiter. Von Gefahrenabwehr und möglichen Verstößen gegen das Feiertagsgesetz ist die Rede.
Allgemeinverfügung zeigte 2021 Wirkung
Damit ergreift die Stadt Singen ähnliche Maßnahmen wie 2021, als mithilfe einer Allgemeinverfügung sogar monatelang die Treffen der Tuningszene auf öffentlichen und privaten Flächen untersagt waren. Zuletzt waren Szeneangehörige mit ihren Autos auch in andere Orte im Landkreis Konstanz ausgewichen, hatten in Stockach oder Konstanz für Furore gesorgt. Nach Ostern waren die Tuner und Poser auch im Schwarzwald-Baar-Kreis beobachtet worden.
Die Polizei rechnet damit, dass an diesem Karfreitag wieder Singen zum Schwerpunkt der Szene wird. Besonders in der Südstadt rund um den sogenannten Obi-Kreisel waren immer wieder auffällige Autos zu beobachten.
Wem welche Zwangsgelder drohen
Zur Autotuning-Szene gehören laut Verfügung Autofahrer, deren Fahrzeuge gegenüber der Serienproduktion an Karosserie, Fahrwerk, Motorleistung, Auspuff oder Bereifung technisch verändert wurden. Als Treffen gilt jede Ansammlung von mehr als fünf Fahrzeugen dieser Art. Wer sich nicht an die Verfügung hält, muss mit einem Zwangsgeld von 150 Euro rechnen. Wer dann nicht innerhalb von 20 Minuten das Treffen auflöst, muss damit rechnen, dass das Auto abgeschleppt und beschlagnahmt wird. Das könne Kosten von zuzüglich 350 Euro bedeuten – und dass das Fahrzeug frühestens am Dienstag, 19. April, wieder auf die Straße kommt.
Begründet wird die Verfügung auch damit, dass es in der Vergangenheit zu erheblichen Belästigungen der Allgemeinheit sowie erheblicher Verschmutzung des Gebiets gekommen war.
Größe des Treffens ist schwer vorherzusagen
Wie der Freitag ablaufen wird, hängt laut Ferraro von vielen Faktoren ab. Es habe einige Gespräche gegeben, um die Lage im Vorfeld zu beurteilen, dabei sei die Stadt Singen eingebunden. Außerdem beobachte man diverse Plattformen, um die Größenordnung des Geschehens abschätzen zu können. Das könne jedoch täuschen: Es habe schon Ankündigungen zahlreicher Autos gegeben, nach denen vor Ort nur wenige Fahrzeuge festgestellt wurden. Ebenso könne es sein, dass trotz wenig angekündigter Szeneangehöriger auf einmal hunderte nach Singen kommen.
Einige Faktoren würden sich auch erst kurzfristig zeigen, erklärt Marcel Ferraro und nennt etwa das Wetter. Denn bei Sturm und Hagel würden die Autoliebhaber ihre Schätze weniger vorführen. Doch damit ist momentan nicht zu rechnen, angesagt sind (Stand Montag) bewölkte 21 Grad Celsius.
Tuner ist nicht gleich Poser
Der Polizeisprecher betont, dass die Polizei nicht alle Autofahrer über einen Kamm scheren will: „Jeder darf sein Auto tunen und verschönern. Das Problem sind eher die Poser. Und die größte Gefahr geht von Rasern aus.“ Es gebe eine große Schnittmenge der Gruppen: Wo sich Tuner treffen, sind meist auch Poser und Raser nicht weit. Marcel Ferraro stimmt zu, dass viele Fahrzeuge auch ohne Tuning sehr laut sein können. Aber: „Da wird immer noch viel manipuliert, auch wenn es viele Serienfahrzeuge gibt.“
Zuletzt hätten die Einsatzmaßnahmen Wirkung gezeigt, sagt Ferraro rückblickend. Die Treffen seien im Herbst eher klein ausgefallen. Die Allgemeinverfügung habe eine zusätzliche Grundlage für ein Einschreiten gegeben, doch allein die Straßenverkehrsordnung gebe schon viele Möglichkeiten. So ist beispielsweise unnützes Hin- und Herfahren innerhalb geschlossener Ortschaften verboten, wenn andere dadurch belästigt werden.
Posern drohen auch in der Schweiz Probleme
Beim Einsatz gegen Vergehen der Tuner- und Poser-Szene helfe auch die Hilfe von Schweizer Kollegen, erklärt der Polizeisprecher. Denn die hätten andere Möglichkeiten, um manipulierte Autos ihrer Eidgenossen zu ahnden: Wenn ein Schweizer Polizist die Mängel einträgt, hat das auch in der Schweiz Konsequenzen. Für Karfreitag hätten die Schweizer Kollegen wieder ihre Unterstützung zugesagt.