Das Großprojekt Schlossquartier verlässt 2023 die Warteposition und steuert die Startbahn an: Bagger haben an der Friedenslinde-Kreuzung in Singen schon zwei der drei Häuser dem Erdboden gleich gemacht. Nun fehlt nur noch die Baugenehmigung und das mit 40 Millionen Euro veranschlagte Projekt könnte starten – zu einer Zeit, in der andere Großprojekte wie der Stadtwerke-Neubau in Radolfzell wegen immens gestiegener Baukosten erstmal pausieren. Klar ist schon jetzt: Auch das Schlossquartier wird nicht wie ursprünglich geplant fertig werden.

Als die Macher des Schlossquartiers ihre Pläne geschmiedet haben, war die Welt noch eine andere: Seit 2017 bereiten sie ihre Mieter darauf vor, dass die drei alten Gebäude an der Friedenslinde-Kreuzung in Singen abgerissen werden sollen. Gemeinsam mit der Eigentümerfamilie Vetter von der Lilie will die Projektentwicklungsgesellschaft Prisma ein Quartier entstehen lassen, das sowohl Wohnungen als auch Büroflächen bietet und dabei das Schloss sowie den bisher nicht öffentlich zugänglichen Schlosspark einbezieht.

Ob 40 Millionen Euro reichen werden?

Doch dann kam erst die Pandemie, dann der Krieg in der Ukraine samt Energiekrise, Inflation und teilweise doppelt so hoher Baukosten. Stefan Nachbaur kann der aktuellen Zeit dennoch etwas Positives abgewinnen: „Wir stellen fest, dass viele Projekte geschoben werden, dadurch werden Kapazitäten frei“, erklärt der Prisma-Geschäftsführer auf Anfrage. Bis vor wenigen Monaten seien die Auftragsbücher so voll gewesen, dass es schwer gewesen sei, überhaupt Handwerker zu finden. Nun sei man gespannt auf die Ergebnisse der Ausschreibungen – und ob die veranschlagten 40 Millionen Euro reichen werden.

So sehen die Pläne der Standortentwicklungs-Firma Prisma aus: Das Singener Schloss mit Remise bleibt, daneben soll ein modernes Gebäude ...
So sehen die Pläne der Standortentwicklungs-Firma Prisma aus: Das Singener Schloss mit Remise bleibt, daneben soll ein modernes Gebäude Gewerbe und Wohnen vereinen. | Bild: Prisma Zentrum für Standort- und Regionalentwicklung GmbH

„Am Ende des Tages muss natürlich die Wirtschaftlichkeit gegeben sein“, erklärt Nachbaur, daher würden sie bei wesentlich höheren Angeboten dann verschiedene Szenarien durchdenken. „Aber so weit sind wir noch nicht.“ Man wolle im Sommer in die Umsetzung gehen und gehe von drei Jahren Realisierungszeitraum aus. Eine Fertigstellung 2024, wie ursprünglich mal angepeilt, ist damit vom Tisch.

Stefan Nachbaur ist Geschäftsführer der Prisma Zentrum für Standort- und Regionalentwicklung GmbH mit Sitz in Friedrichshafen, die das ...
Stefan Nachbaur ist Geschäftsführer der Prisma Zentrum für Standort- und Regionalentwicklung GmbH mit Sitz in Friedrichshafen, die das Schlossquartier in Singen gemeinsam mit der Familie Vetter von der Lilie entwickelt. | Bild: Prisma Zentrum für Standort- und Regionalentwicklung GmbH

Stattdessen spricht Stefan Nachbaur vom Jahreswechsel 2025/26 und erklärt: „Das Projekt hat gewisse Herausforderungen gehabt, etwa Denkmalschutz und den Baugrund. Da sind drei bis sechs Monate gleich vorbei.“

Stadt hat keine Bedenken: Finanzierung gesichert

Die Stadtverwaltung erklärt, dass ein Durchführungsvertrag vorsieht, „dass spätestens zwölf Monate nach Satzungsbeschluss ein Bauantrag eingereicht wird und die Baumaßnahme dann innerhalb von fünf Jahren fertiggestellt wird“. Mügge äußert sich zuversichtlich: „Nach meiner Kenntnis liegt die Prisma derzeit mit der weiteren Planung zeitlich lediglich circa drei bis sechs Monate hinter ihren eigenen Vorgaben zurück; auch sei die Finanzierung des Vorhabens gesichert.“

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Gerade die Kombination aus alt und neu, aus Schloss sowie Schlosspark und neuen Wohn- und Büroflächen, soll den Reiz des Projektes ausmachen. Das sagte Prisma-Vorstand Bernhard Ölz im Sommer 2021 und nannte den Standort eine Sensation. Doch es sei natürlich umfangreicher, bestehende Strukturen zu berücksichtigen, sagt Stefan Nachbaur. „Es ist anspruchsvoller, als auf der grünen Wiese zu bauen. Aber es hat auch eine hohe Qualität.“ Apropos Wiese: Der Schlosspark müsse so erhalten werden, wie er einst angelegt wurde. „Da steht jeder einzelne Baum unter Denkmalschutz.“

Noch sind nicht alle Mieter ausgezogen

Kein Grund für Verzögerungen sei die Auseinandersetzung mit Mietern gewesen: Viele waren bereits in den vergangenen Jahren nach und nach ausgezogen, doch eine Partei lebt weiterhin im letzten verbliebenen Haus. Dabei sollte sie schon im Dezember 2021 ausgezogen sein. Doch es sei schwer, eine vergleichbare Wohnung zu finden, wie sie auch im Gemeinderat beklagte. Details nennt Nachbaur nicht, aber: „Es zeichnet sich eine zeitnahe Lösung ab und dann kann es weiter gehen.“

Ein Haus steht noch, doch die darin wohnenden Mieter sollen bald umziehen. Die Kreuzung hat sich mit dem Neubau gegenüber bereits in den ...
Ein Haus steht noch, doch die darin wohnenden Mieter sollen bald umziehen. Die Kreuzung hat sich mit dem Neubau gegenüber bereits in den vergangenen Jahren gewandelt. | Bild: Arndt, Isabelle

Was schon bald starten soll, ist die Vermarktung. Sobald die Baugenehmigung vorliegt, wolle man das Projekt bekannter machen. Thomas Mügge ist Leiter des Fachbereichs Bauen bei der Stadtverwaltung Singen und geht davon aus, dass die Baugenehmigung bis Ende der ersten Februarwoche vorliegen wird. „Wir sind mit verschiedenen Mietern in Gesprächen“, sagt Nachbaur und geht davon aus, die Flächen gut vermieten zu können. Da würden ihn auch die Erfahrungen anderer Prisma-Standorten zuversichtlich stimmen.

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Bei weiteren Themen setzt Prisma auf gute Erfahrungen: Netzwerk-Aktivitäten sollen schon vor Fertigstellung der Gebäude starten und das Schlossquartier dauerhaft beleben. Auch eine Kita mit rund 60 Plätzen ist angedacht, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu fördern. „Der Betrieb einer Kita selber ist nicht unsere Fachkompetenz, aber in Friedrichshafen haben wir zum Beispiel einen Betreiber, der das macht.“ Das könne er sich auch für Singen vorstellen.