Sie wurde geliebt. Sie wurde zerstört. Sie wurde betrauert. Und jetzt soll sie wieder aufgebaut werden: die Scheffelhalle in Singen. Mit einem eindeutigen Votum hat der Gemeinderat einstimmig dem Grundsatzbeschluss für einen Wiederaufbau des historischen Gebäudes zugestimmt. Dass dieser Entscheid kein alltäglicher werden würde, wurde im Bürgersaal des Rathauses mit Blick in die Zuschauerränge deutlich.
Dort saßen unter anderem Poppele-Zunftmeister Stephan Glunk und Peter Adrian Gäng, Vorsitzender des Fördervereins Freunde der Scheffelhalle. In ihren Gesichtern machte sich vor dem Beschluss Anspannung breit. Wenige Minuten später wurde pure Freude daraus: Die Scheffelhalle wird wieder aufgebaut. „Heute ist eine historische Entscheidung gefallen“, sagte Gäng erfreut. Auch Poppele-Chef Glunk sprach im Gespräch mit dem SÜDKURIER von einem großen Glück: „Nicht nur für uns Narren, sondern für alle Bürger.“
Das ist der Scheffelhallen-Plan
Die Zeit drängt. Dies machte Oberbürgermeister Bernd Häusler gleich zu Beginn der Sitzung deutlich. Ein Baustart müsse laut dem Singener Rathauschef zwingend bis November 2023 erfolgen, sonst drohen der Stadt erhebliche Einbußen bei der Versicherungssumme. Dabei zeichnet sich ein ganz einfaches Rechenbeispiel ab: Erfolgt ein Baustart bis zum November 2023, gibt es von der Versicherung mindestens 2,4 Millionen Euro. Dies ist der von der Versicherung ermittelte Neubauwert der alten Scheffelhalle.

Hinzu kommen noch einmal 270.000 Euro für Ausstattung und Elektronik. „Wenn wir den Baustart nicht hinbekommen, fällt die Summe erheblich kleiner aus“, betonte Häusler. Der OB ergänzte: „Wir haben Zeit für die Planung, aber es ist schon so, dass wir dennoch einen gewissen zeitlichen Druck verspüren.“
Ohnehin ist sich die Stadt Singen mit der Versicherung noch nicht ganz einig. Denn eine Überprüfung des Fachgutachtens durch die Stadt hat Fragen aufgeworfen. Laut Stadtverwaltung belaufe sich der Neuwert nämlich nicht auf 2,4 sondern auf rund 2,9 Millionen Euro. „Derzeit laufen intensive Gespräche zwischen der Versicherung und uns, in welchen Details in der Kostenermittlung diskutiert werden“, so Häusler.

Was allerdings schon halbwegs feststeht, sind die geschätzten Baukosten für eine neue Scheffelhalle. Nach derzeitigem Stand rechnet die Stadtverwaltung für den Neubau der Scheffelhalle mit Kosten von etwa 6,3 Millionen Euro. Laut OB Häusler soll der Baubeginn Mitte/Ende des Jahres 2023 erfolgen. Eine Fertigstellung ist für 2025 geplant. Einher mit dem Beschluss geht auch ein Architektenwettbewerb.
Im Gemeinderat herrscht Einigkeit
Eine Diskussion über das Für und Wider kam bei der Abstimmung im Gemeinderat erst gar nicht auf. Auf die Frage, ob Singen eine neue Scheffelhalle braucht, herrschte bei den Stadträten Einigkeit. Angelika Berner-Assfalg (CDU) sprach aus, was alle Stadträte dachten: „Der Brand ging wie ein Schock durch Singen. Ein Wiederaufbau muss unbedingt erfolgen.“ Sie appellierte daran, dass die Stadt neben der Stadthalle mit der neuen Scheffelhalle einen zweiten Versammlungsraum brauche.

Regina Brütsch (SPD) pflichtete ihr bei: Mit dem Beschluss zum Wiederaufbau gehe man den richtigen Schritt, auch um die Wunden, die die Zerstörung der Scheffelhalle aufgerissen habe, wieder zu schließen. „Aber wir brauchen keine zweite Stadthalle, sondern eine Halle für alle Singener Vereine“, forderte sie. Der Zeitrahmen sei ehrgeizig, ebenso der Finanzrahmen.
Anonymes Schreiben sorgt für Kopfschütteln
Ein anonymes Schreiben an alle Stadträte machte indes im Vorfeld der Ratssitzung die Runde. Darin wurde den Kommunalpolitikern vorgeworfen, dass die Scheffelhalle nur für die Poppele-Zunft gebaut werde. Ein Vorwurf, den Dirk Oehle (Neue Linie) scharf zurückwies: „Die neue Halle soll für alle Singener Vereine, Bürger und Institutionen da sein.“ Trotz der Euphorie verwies er allerdings darauf, dass es noch zu klären gelte, wie die Summe, die sich zwischen dem Geld der Versicherung und den Baukosten bewege, finanziert werden solle. „Aber wenn wir jetzt nicht bauen, stehen wir nicht nur ohne Scheffelhalle da, sondern erhalten von der Versicherung ein Nasenwasser“, sagte er.
Auch für Hubertus Both (FW) sei es wichtig, nun anzufangen. „Ich hoffe, dass wir mit der neuen Scheffelhalle auch einen neuen Fix-Punkt in Singen und für Singen erhalten“, sagte er. Kirsten Brößke (FDP) ließ ebenfalls keinen Zweifel, dass der Neubau immens wichtig sei. Allerdings bezeichnete sie das Vorhaben als finanziellen Kraftakt. „Der Neubau wird auch dafür sorgen, dass andere Dinge vielleicht dann nicht finanzierbar sind“, so Brößke.
Für Eberhard Röhm und die Grünen sei indes wichtig, dass man wieder mehr Veranstaltungen in die neue Scheffelhalle bekomme. Dies sei bei der alten nicht mehr der Fall gewesen. Klar sei für ihn indes, dass es sich bei dem Neubau nicht nur um einen Holzbau, sondern auch um einen klimaneutral gebauten Passivhausstandard handeln müsse. „Jeder Scheffelhallen-Romantiker wird wohl enttäuscht sein. Der Neubau wird anders aussehen, dafür sorgen alleine die Vorschriften“, sagte er.