Wer einen Besuch im Kreuz plant, der steht weiter vor verschlossenen Türen. Schon seit der Unwetternacht vom 25. auf den 26. Juni ist das Singener Gasthaus geschlossen. Wie SÜDKURIER-Recherche nun ergeben, bleibt das so: Die Kreuz Gastronomie GmbH ist insolvent. Das bestätigt Kreuz-Pächter Sebastian Kopitzki auf Nachfrage. „Eine Selbstständigkeit in Form eines eigenen Restaurants wird es erst einmal auf absehbare Zeit nicht geben“, sagt er.

Gründe für das Kreuz-Aus gebe es viele. Unter anderem nennt Kopitzki den Wasserschaden, fehlende Unterstützung durch die Stadt Singen als Verpächterin, eine schlechte Kommunikation seitens Stadt, die Corona-Krise und einen merkbaren Umsatzrückgang. Die Stadt weist diese Anschuldigungen von sich und verweist stattdessen unter anderem auf das versprochene Biergartenkonzept, das so nie umgesetzt wurde.

Zugesperrte Türen, eine Insolvenz und ganz viel Frust

Beim Besuch des SÜDKURIERS im Kreuz ist es in den Innenräumen kalt. Die Stühle stehen auf den wenigen Tischen. Im Herzstück, der Küche, wo normal die Speisen zubereitet werden, stehen nur noch ein paar Weckgläser. Sebastian Kopitzki wirkt gefasst.

Kulinarik in historischem Gemäuer: Das Gasthaus Kreuz sucht wohl einen neuen Pächter.
Kulinarik in historischem Gemäuer: Das Gasthaus Kreuz sucht wohl einen neuen Pächter. | Bild: Matthias Güntert

Dabei sahen die Pläne vor Monaten noch anders aus: Die Kreuz Gastronomie GmbH, die Kopitzki 2019 gegründet habe, habe den Vertrag mit der Stadt Singen im Frühjahr noch verlängert. Doch dann der Wasserschaden mit fatalen Folgen: „Ich habe die Stadt Singen darüber informiert, dass es eine Zäsur gibt“, so Kopitzki. Eine Reaktion auf sein Schreiben an die Verwaltungsspitze habe er bisher nicht erhalten.

Die Sache mit dem Wasserschaden

Laut Kopitzki gibt es viele Gründe, die zur Schließung und Insolvenz der Kreuz GmbH geführt haben. Zum einen sei dies der Wasserschaden: Im Untergeschoss sei das Wasser zentimeterhoch gestanden, die Lagerräume seien überflutet gewesen, die Toilettenanlagen beschädigt. „Ein Normalbetrieb war objektiv nicht mehr möglich. Ob die Sanierungsarbeiten im Untergeschoss abgeschlossen sind, entzieht sich meiner Kenntnis“, sagt er Mitte Oktober, also mehr als drei Monate nach dem Unwetter.

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Damit seien die Sommer-Einnahmen weggefallen. Die Leistungen der Versicherung – eine Haftpflichtversicherung mit Absicherung von Elementarschäden und eine Betriebsausfallversicherung – hätten die entfallenen Einnahmen bei Weitem nicht kompensiert.

„Die Stadt, Eigentümerin der denkmalgeschützten Immobilie, konnte mir anfangs nicht sagen, wie lange die Sanierungsmaßnahmen dauern würden. Daraufhin kündigten drei festangestellte Mitarbeiter“, sagt er. Auch Buchungen für größere Veranstaltungen wie Weihnachtsfeiern seien weggefallen. Daher war für Kopitzki klar: „Ich musste eine Entscheidung treffen.“

Die Stadt weist die Vorwürfe zurück

Die Stadt sieht die Lage völlig anders. Die Vorwürfe mangelnder Kommunikation will die Verwaltung so nicht stehen lassen. Im Gegenteil: „Herrn Kopitzki wurde von Anfang an mitgeteilt, dass er sein Restaurant voraussichtlich am 1. Oktober 2024 wieder öffnen könne. Diese Frist wurde von der mit der Sanierung beauftragten Firma schon beim gemeinsamen Termin mit der Versicherung kommuniziert und am Ende auch eingehalten.“ Die Firma habe auch während der Sanierung regelmäßig direkt mit dem Pächter und seiner Mutter kommuniziert und mitgeteilt, dass der Termin gehalten werden könne.

Sieht die Stadt die Unwetterschäden als Grund für die jetzige Schließung an? „Nein! Vielmehr stellt sich die Frage, wie sich das Gasthaus entwickelt hätte, wenn das dem Gemeinderat vorgestellte Konzept mit einem Biergarten in die Tat umgesetzt worden wäre“, teilt die städtische Pressestelle mit.

Die Sache mit dem Konzept

Angesprochen auf ein falsches Konzept für das Gasthaus Kreuz erwidert Sebastian Kopitzki: „Ich habe aus meiner Sicht mein Konzept und damit auch mein Soll erfüllt.“ Singen sei einfach nicht der optimale Standort für gehobenere Küche. Die Döner- und China-Laden-Statistik in der Stadt würden ihn laut eigenen Aussagen nachdenklich stimmen. „Das Kreuz ist etwas Besonderes, es hat auch eine besondere Küche verdient“, sagt er.

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Alles in allem hätte sich Kopitzki mehr Anerkennung von der Bürgerschaft und der Verwaltung gewünscht oder auch mal einen Catering-Auftrag von der Stadthalle. „Ohne Aktivitäten wie den Auftritt bei der Fernsehsendung ‚Mein Lokal, dein Lokal‘ oder auswärtige Gäste hätte ich die fünf Jahre wirtschaftlich nicht überlebt.“

Die Sache mit der Kommunikation

Einen Knacks erlebte die Zusammenarbeit schon kurz nach der Eröffnung: Nach den ersten drei Monaten im Herbst 2019, die – vom Umsatz her gesehen – glänzend gelaufen seien, kam die Corona-Krise. „Das Kreuz war fast neun Monate stillgelegt. Die Stadt hat keinen Euro an Pacht oder Betriebskosten erlassen, sie hat die lediglich Rechnungen gestundet“, so Kopitzki. Zwei Gespräche mit Oberbürgermeister Bernd Häusler seien ohne nachhaltiges Ergebnis geblieben, dann kamen Ukraine-Krieg und steigende Preise. In der Folge seien die Gäste ausgeblieben.

Gegenwind von der Stadtverwaltung

Eine Aussage, die man bei der Stadt Singen so nicht nachvollziehen kann. „Herr Kopitzki hat Corona- und Überbrückungshilfen – unter anderem zur Deckung seiner Fixkosten, wie etwa der Pachtzahlungen – erhalten und wollte von der Stadt zusätzlich eine Reduktion der Pacht um 70 Prozent. Das hat der Gemeinderat abgelehnt, weil die Randbedingungen für die Feststellung einer besonderen Härte nicht erfüllt waren und ein Pachterlass somit rechtlich nicht zu rechtfertigen war“, heißt es dazu.

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Laut städtischer Pressestelle sei Pächter Kopitzki als Starthilfe eine reduzierte Pacht bis zum 1. Mai 2020 zugestanden worden. „Aufgrund des ersten Lockdowns hat man den Zeitraum für diese reduzierte Pacht um drei Monate verlängert“, betont Stadtsprecher Mohr. Darüber hinaus seien über die gesamte Pachtzeit wiederholt Stundungen für Pacht- und Nebenkostennachzahlungen gewährt worden. „Die daraus resultierenden Ratenzahlungsvereinbarungen wurden von Herrn Kopitzki nicht immer eingehalten“, teilt die Stadt mit.

Die Stadt wisse zwar vom Insolvenzantrag der Kreuz GmbH, aber: „Wir können von unserer Seite den Pachtvertrag formal erst nach tatsächlicher Eröffnung des Insolvenzverfahrens kündigen“, teilt Pressesprecher Stefan Mohr schriftlich mit.

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Bisher sei allerdings nur der Antrag auf die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt und vom Gericht ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden, um „nachteilige Veränderungen in der Vermögenslage der Schuldnerin“ zu verhindern. Sollte der aktuelle Pachtvertrag tatsächlich gekündigt werden müssen, geht die Stadt davon aus, dass sich zeitnah ein anderer Pächter für das Gasthaus finden werde.

Sebastian Kopitzki selbst ist beruflich schon weitergezogen. Laut seinen Angaben habe er eine Stelle als Küchenchef in einem Konstanzer Restaurant inne.