Die städtebauliche Identität der Hohentwielstadt ist vielfältig. Und Singen ist immer wieder für eine Überraschung gut. Das wurde auf einer Podiumsveranstaltung im Hegau-Museum deutlich. Anlass war das 125-jährige Jubiläum der Stadterhebung, die in diesem Jahr gefeiert wird.
Wie hat sich die Stadt entwickelt, was wurde richtig gemacht, was nicht – Fragen wie diese diskutierten die Podiumsteilnehmer mit Moderator Thomas Uhlendahl. Neben Singens Fachbereichsleiter für Bauen, Thomas Mügge, und Stadtarchivleiterin Britta Panzer hatten Theaterregisseurin Susanne Breyer und die beiden Gestaltungsbeirats-Mitglieder Leonhardt Schenk, Städtebauprofessor, und Architekt Günter Hermann Platz genommen.
„Hat Singen eine Identität?“ wollte Uhlendahl eingangs von den Podiumsteilnehmern wissen. „Es sind ganz viele Identitäten“, entgegnete Britta Panzer. Das Stadtarchiv hatte im Vorfeld des Jubiläumsjahrs eine Umfrage unter Bürgern gemacht. „Die Singener sind stolz auf ihre Stadt und das Dorf drum herum, trotz aller städtebaulichen Brüche“, fasste sie die Umfrage ganz kurz zusammen.
Susanne Breyer, deren Eltern sich vor vielen Jahren im Bauforum engagiert hatten und halfen, einige Bausünden zu verhindern, sieht Singen heute natürlich vor allem aus der Sicht der Regisseurin, die gern kulturelle Angebote machen würde. „Ich könnte mir vorstellen, im Cano oder Modehaus Zinser ein Theaterstück aufzuführen“, sagte sie. Dafür, dass Singen ein Mittelzentrum sei, sei das kulturelle Angebot aber okay, so Breyer. Sie probt derzeit ein Theaterstück zur Stadterhebung, das im November in der Basilika aufgeführt wird.
Mehr Gastronomie ist entstanden
Britta Panzer wies beim Thema „Kultur“ darauf hin, dass es in der Stadt zum Beispiel als Begegnungsort die Stadtbücherei gebe. Dennoch findet sie die Aufenthaltsqualität insbesondere am Abend in der Innenstadt nicht so gut. Auch wenn sich der Bereich am seitlichen Eingang des Cano beim Alten Zollhaus und der Villa Wetzstein, in dem das Café Horizont ist, sehr gut entwickelt habe und sehr gut frequentiert ist. Im Bereich der Innenstadt sei inzwischen aufgrund von Leerständen und der Verlagerung der Kaufkraft ins Internet mehr Gastronomie entstanden, die auch sehr gut angenommen werden, sagte Thomas Mügge.

Sorgen machte sich Innenstadtbewohner Thomas Wittenmeier über die zunehmende Verdichtung von Baulücken in der Innenstadt. Positiv beurteilte er jedoch die Gestaltung der Hegau- und August-Ruf-Straße. Im Rahmen der Diskussion äußerte Rolf-Dieter Müllenberg Kritik daran, dass man vor gut 20 Jahren im Alten Dorf „vieles wegen der Landesgartenschau platt gemacht“, habe. Gelungen finde er jedoch den neuen Busbahnhof.
„Die Stadt ist total zukunftsgewandt“
Durch das Einkaufszentrum Cano habe die Stadt sehr gewonnen, fand Leonhard Schenk, der die Einbindung von Singen in die Landschaft toll und unverwechselbar empfindet. „Die Stadt ist total zukunftsgewandt“, sagt er. Auch Günter Hermann findet, dass Singen eine spannende und lebenswerte Stadt geworden ist. Vor rund drei Jahren hatte die Stadt einen Gestaltungsbeirat eingerichtet, auch vor dem Hintergrund, dass alte Gebäude dann besser geschützt werden können.
Für Thomas Mügge, gebürtiger Hamburger und wohnhaft in Engen, ist Singen inzwischen zu seiner Heimat geworden. „Ich sehe die Industriebetriebe aber auch als große Stärke von Singen“, so Mügge. Bei neuen Bebauungen, wie im Quartier Malvenweg oder dem Hofquartier, sei auch darauf geachtet worden, dass es einen Innenhof für die Bewohner gebe. Dies sei auch beim Scheffelareal geplant. Aufgerüstet hat die Stadt auch mit Quartiersbüros, wo sich Menschen begegnen können.

Ein Kritikpunkt in der Diskussion war auch fehlendes Grün oder die Kontrolle von Ausgleichsmaßnahmen. Immer wieder wird bei solchen Veranstaltungen der Herz-Jesu-Platz angesprochen, auf dem sich die Hitze staue, weil kaum Grün vorhanden ist.