Herr Kollum, ein Herzinfarkt kann jeden treffen. Welche Personengruppen sind am meisten gefährdet?
Zu den gefährdeten Personengruppen zählen am ehesten Männer über 50 und Frau über 60 Jahre. Daneben sind es Menschen mit Vorerkrankungen wie Diabetes mellitus, arteriellem Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen oder familiärer Vorbelastung, die ein erhöhtes Herzinfarktrisiko aufweisen.
Es gibt eine Anzahl von Faktoren, die einen Herzinfarkt begünstigen. Welche sind hier vorrangig zu nennen?
Die begünstigenden Faktoren sind vor allem Rauchen, Übergewicht, Bewegungsmangel, Stress sowie eine einseitige kohlenhydrat- und fettreiche Ernährung.
Der diesjährige Weltherztag macht auf den Risikofaktor Lipoprotein (a) aufmerksam, das zu den Transportproteinen für Cholesterin zählt. Können Sie das für den Laien erklären?
Das Lipoprotein (a) ist ein Eiweißstoff, der im Blut für den Transport von Fetten und Cholesterin zuständig ist. In seinem Aufbau ist es dem LDL-Cholesterin sehr ähnlich. Hohe Lipoprotein (a)-Werte können zu Arterienverkalkung und Gerinnseln in den Blutgefäßen führen und damit zur Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen beitragen. Allerdings verursachen erhöhte Lipoprotein (a)-Werte selbst keine Beschwerden, sodass dieser Risikofaktor häufig gar nicht bestimmt wird und damit unbemerkt bleibt.
Gibt es dafür eine genetische Disposition?
Ja, der individuelle Lipoprotein (a)-Spiegel ist weitgehend genetisch bestimmt.
Es ist möglich, den Lipoprotein-Wert im Blut festzustellen. Wie sinnvoll ist es aus Ihrer Sicht, den Wert prophylaktisch untersuchen zu lassen und wem würden Sie das empfehlen?
Das Lipoprotein (a) kann im Rahmen einer Blutabnahme ermittelt werden. Diese Bestimmung empfiehlt sich insbesondere für Patienten mit bekannter familiärer Hypercholesterinämie und Menschen, in deren Familie bereits bei mehreren Angehörigen – vor allem im jungen Alter – Herz-Kreislauf-Erkrankungen aufgetreten sind. Mithilfe des Lipoprotein (a)-Wertes lässt sich somit auf das individuelle Risiko für die genannten Erkrankungen schließen.
Ein Herzinfarkt kann sich unterschiedlich äußern. Bei welcher Symptomatik sollte man wachsam sein?
Menschen, die einen Herzinfarkt erleiden, bemerken häufig Schmerzen, Druck oder ein Engegefühl in der Brust. Schmerzen oder Unwohlsein in anderen Teilen des Oberkörpers, einschließlich der Schultern, Arme, des Rückens, des Halses, des Kiefers oder des Bauches werden ebenfalls geschildert.
Neben Atemnot, Übelkeit, Erbrechen, Aufstoßen oder Sodbrennen können vermehrtes Schwitzen oder kalte, feuchte Haut sowie ein schneller oder unregelmäßiger Herzschlag und Schwindelgefühl oder das Gefühl, ohnmächtig zu werden, sowie vorausgegangene psychische Veränderungen Infarktzeichen sein. Doch insbesondere bei Frauen und älteren Männern treten häufig auch unspezifische Anzeichen auf.
Wenn ich den Verdacht habe, dass jemand einen Herzinfarkt erlitten hat, was kann ich tun, bis der Krankenwagen eintrifft?
Rufen Sie so schnell wie möglichen den Rettungsdienst unter der Nummer 112. Lagern Sie die betroffene Person möglichst bequem mit erhöhtem Oberkörper. Erleichtern Sie ihr die Atmung, indem Sie beispielsweise beengende Kleidungsstücke und das Fenster öffnen. Versuchen Sie selbst die Ruhe zu bewahren und beruhigend auf den Patienten einzuwirken.
Lassen Sie ihn am besten nicht aus den Augen, bis der Rettungsdienst eingetroffen ist, da es gerade in dieser Zeit zu einem Herz-Kreislaufstillstand kommen kann und Wiederbelebungsmaßnahmen ergriffen werden müssen.
Dass eine cholesterinarme Ernährung mit viel Gemüse, eine sogenannte mediterrane Kost und Bewegung als Prophylaxe gelten, ist allgemein bekannt. Was kann man sonst noch tun, um einem Herzinfarkt vorzubeugen?
Ein wichtiger Schritt ist eine gesunde Lebensweise. Diese beinhaltet neben den beiden wichtigen Faktoren gesunde Ernährung und Bewegung auch die Reduzierung von Übergewicht, den Abbau von Stress, den Verzicht auf Nikotin und übermäßigen Alkohol. Des Weiteren sollte man seine Blutdruck- und Blutzuckerwerte regelmäßig kontrollieren lassen und kardiologische Vorsorgeuntersuchungen wahrnehmen.
In der Vergangenheit gab es am Hegau-Bodensee-Klinikum Singen innerhalb der Herzwochen eine Reihe von Veranstaltungen. Was ist in diesem Jahr geplant?
Wir planen auch dieses Jahr eine Patienten-Informationsveranstaltung während der Herzwochen der Deutschen Herzstiftung. Weiterführende Informationen bekommt man über die Internetseite der deutschen Herzstiftung www.herzstiftung.de