Braucht die Stadt eine östliche Ortsumfahrung? Und wenn ja, wo genau sollte diese verlaufen? Die Stadtverwaltung treibt den Weg zu einer Entscheidung jedenfalls voran. Und der Gemeinderat hat sich in seiner jüngsten Sitzung für eine entsprechende Machbarkeitsstudie zur Umfahrung Ost ausgesprochen, die von der Stadtverwaltung vorgeschlagen worden war.
Zwei mögliche Trassen für eine östliche Umfahrung werden genannt. Diese hatte Reiner Neumann, Verkehrsplaner beim Ulmer Büro Modus Consult, bei der Einwohnerversammlung im November vorgestellt. Dabei hat er auch gleich durchgerechnet, wie viele Fahrzeuge auf den neuen Straßen unterwegs sein dürften und wie viele dadurch von anderen Straßen in der Stadt verschwinden dürften (siehe Grafik). Auf diese beiden Varianten bezieht sich nun auch die Machbarkeitsstudie, die klären soll, welche Auswirkungen es jeweils gäbe. Die Kosten dafür liegen laut Sitzungsvorlage bei 20 000 bis 30 000 Euro, der Auftrag soll laut Ordnungsamtsleiter Peter Fritschi an Modus Consult gehen, wo bereits viele Daten liegen.
Verzwickte Situation: Beide Varianten hätten gravierende Folgen
Dabei ist die Situation verzwickt, wie ein Blick auf die Landkarte zeigt, die Reiner Neumann bei der Einwohnerversammlung an die Wand warf (siehe Grafik). Eine der zunächst nur grob skizzierten Trassen durchschneidet das Osterholz, um in weitem Bogen auf die Bundesstraße 31-alt zu führen und den Anschluss zur Autobahn 98 zu schaffen.
Die andere Trasse würde bei den Sportanlagen von der L194 abzweigen und westlich am Osterholz vorbei auf die B31-alt leiten. Damit würde diese Variante relativ nah an vorhandener Bebauung entlangführen – und an einer freien Fläche, die in der Zukunft ein Baugebiet für Wohnhäuser werden soll. So oder so – viele Menschen wären betroffen. Ein Weiterbau nach Norden bis zur Zoznegger Straße, den Neumann eingezeichnet hat, stehe derzeit nicht zur Debatte, erklärt Bürgermeister Rainer Stolz auf Anfrage. Diese sei eher als Erschließungsstraße für ein mögliches weiteres Baugebiet gedacht.
Stolz warb im Gemeinderat für die Machbarkeitsstudie: „Eine gravierende Verbesserung gibt es nur, wenn man weitere Achsen ins Auge fasst“, sagt er. Das bedeutet: Eine westliche Umfahrung, für die bereits geplant wird (siehe Kasten), reicht nicht, um die Verkehrsprobleme zu lösen. Und in der Sitzungsvorlage heißt es, eine östliche Umfahrung könne sich auch „auf die Konfliktbereiche Stadtwall/Stabelstraße und Linde-Kreisel deutlich entlastend auswirken“.
Gemeinderat ist gespalten: Viele tun sich schwer mit der Entscheidung...
Viele im Gremium taten sich trotzdem schwer mit der Entscheidung. Roland Fiedler (Freie Wähler) kritisierte die ortsnahe Trasse: „Als Stockacher ist mir das Stadtbild so wichtig, dass ich keine Umgehung am Wohngebiet bauen würde.“ Stolz argumentierte, dass es bei der Bewerbung um Zuschüsse immer darum gehe, ob Alternativen untersucht wurden: „Man muss die Auswirkungen belegen können.“
Maria Luisa Jessen (Grüne) kritisierte, dass eine Ostumfahrung die Ortsteile im Tal nicht entlaste und es einen großen Eingriff ins Osterholz gebe. Sie beantragte, die Entscheidung für den demnächst neu gewählten Gemeinderat zu vertagen, um im Wahlkampf zu hören, was die Wähler wünschen. Bei der Abstimmung fand sie dafür allerdings keine Mitstreiter. Karl-Hermann Rist (Grüne) bezeichnete das Osterholz als sensibel, war aber für Verkehrsentlastung.

...viele sehen aber auch die Notwendigkeit, die Innenstadt zu entlasten
Gleichzeitig signalisierten viele Räte, dass man das Thema angehen müsse. Wolfgang Reuther und Jürgen Kragler (beide CDU) betonten die Notwendigkeit einer weiteren Umfahrung. Er wolle nicht in ein paar Jahren den Menschen erklären müssen, warum der Gemeinderat diese Chance „vergeigt“ habe, so Reuther. Wolf-Dieter Karle (Freie Wähler) sagte, ihm sei es wichtig, die Bürger einzubinden, wenn es um die eigentliche Entscheidung gehe. Thomas Warndorf (SPD) erinnerte daran, dass es zu Beginn der Legislaturperiode ein Ziel des Gemeinderats gewesen sei, das Thema Ost-Umfahrung wieder voranzubringen.
Und Joachim Kramer (SPD) meinte, es gebe immer noch die Möglichkeit, keine neue Straße zu bauen. Dann könne man die Zeit nutzen, sich zu überlegen, wie man den Verkehr von der Straße bringt. Das werde zwar immer als Ziel betont, aber man baue doch Straßen, die das Gegenteil bewirken. Das Gremium stimmte mit einer Enthaltung von Rist für die Studie.
Umgehung im Westen
Auch im Westen der Stadt wird eine Umgehungsstraße geplant. Diese ist offiziell ein Teil der Bundesstraße 14 und liegt deswegen in der Zuständigkeit des Bundes. Die Neubauleitung Süd des Regierungspräsidiums Freiburg hat Ende 2018 mit der Planung begonnen. Diese westliche Ortsumfahrung ist im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans aufgeführt.