Es sind harte Vorwürfe, mit denen Christophe Heinz seinem Ärger über den Verlauf des Wahlkampfs in Stockach Luft macht. Er fühle sich benachteiligt, da unter anderem die Ortsvorsteher sich nicht auf Terminanfragen zurückgemeldet hätten, erklärte er in mehreren Social-Media-Kommentaren. Doch was steckt hinter diesen Vorwürfen? Der SÜDKURIER hat nicht nur bei den Stockacher Ortsvorstehern nachgefragt, sondern auch mit der Wahlaufsichtsbehörde beim Landratsamt darüber gesprochen, was legitime Unterstützung ist und was nicht.

Die Anfrage kam in der Urlaubszeit

Von den neun Stockacher Ortsvorstehern erklären fünf ihre Sichtweise auf das Thema. Einer von ihnen ist Jürgen Wegmann, Ortsvorsteher von Hoppetenzell. Er hat sich über die Vorwürfe von Christophe Heinz geärgert. Bei ihm habe sich Heinz am 11. August per E-Mail gemeldet. Zu diesem Zeitpunkt sei Wegmann allerdings mit seiner Familie im Urlaub gewesen. „Um abschalten zu können, halte ich es bei meinem Ehrenamt genauso wie im Hauptberuf, dass ich E-Mails nicht anschaue und auch nicht beantworte.“

Gleich nach seiner Rückkehr habe er sich bei Christophe Heinz zurückgemeldet und ihm einen Ortstermin in Aussicht gestellt. Parallel dazu sei auch eine Terminzusage an Susen Katter gegangen, die ebenfalls während Wegmanns Urlaub angefragt hatte.

Das könnte Sie auch interessieren

Ortsvorsteher sollen im Amt neutral sein

„Ich verstehe meine Funktion als Ortsvorsteher im Vorfeld der Wahlen als neutraler Ansprechpartner für alle Bürgermeisterkandidatinnen und -kandidaten“, betont Wegmann. Sofern die konkrete Bitte um Gesprächstermine an ihn herangetragen würde, um mehr über Hoppetenzell und die Zusammenarbeit zwischen Stadt- und Ortsverwaltung zu erfahren, komme er diesen selbstverständlich gerne nach.

„Ein Ortsvorsteher ist in seinem Ort Stellvertreter des Bürgermeisters. Aus diesem Grunde ist es empfehlenswert, wenn er sich ...
„Ein Ortsvorsteher ist in seinem Ort Stellvertreter des Bürgermeisters. Aus diesem Grunde ist es empfehlenswert, wenn er sich gegenüber den Kandidaten möglichst neutral verhält“ – Wolf-Dieter Karle, Ortsvorsteher von Hindelwangen | Bild: SK

Über die Vorwürfe wundert sich auch Michael Junginger, Ortsvorsteher von Zizenhausen: „Das kann ich so nicht stehen lassen. Ich habe bis jetzt nur eine Anfrage aus dem Bewerberfeld bekommen und das war von Frau Katter. Ich frage mich auch, was mit solchen Behauptungen erreicht werden soll? Ich hätte mir einen respektvollen Umgang des ein oder anderen Kandidaten/Kandidatin gewünscht.“

Wolf-Dieter Karle hat geantwortet

Wolf-Dieter Karle, Ortsvorsteher von Hindelwangen und Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler im Stockacher Gemeinderat, hat nach eigenen Angaben ebenfalls am 11. August eine E-Mail mit Terminanfrage von Christophe Heinz erhalten. „In meiner Antwort habe ich ihm mitgeteilt, dass er sich Anfang September, nach seinem Urlaub, bei mir nochmals melden solle“, schreibt Karle.

Mit den anderen Kandidaten habe er keine Gespräche geführt, da sie keine speziellen Anfragen an ihn als Ortsvorsteher gestellt hatten. Auch für ihn sei Neutralität im Amt wichtig. „Ein Ortsvorsteher ist in seinem Ort Stellvertreter des Bürgermeisters. Aus diesem Grunde ist es empfehlenswert, wenn er sich gegenüber den Kandidaten möglichst neutral verhält“, so Karle.

Das könnte Sie auch interessieren

Kein Rückruf von dieser Nummer

Am 12. August habe sich Christophe Heinz bei Florian Bischoff, Ortsvorsteher von Mahlspüren im Hegau, gemeldet, berichtet dieser auf Nachfrage. „Er wollte einen Termin für September vereinbaren.“ Da er selbst zu diesem Zeitpunkt Urlaub machen wollte und die Ortsverwaltung geschlossen war, sei er davon ausgegangen, sich mit der Antwort noch Zeit lassen zu können.

Als er dann am 16. August von der Kritik an den Ortsvorstehern hörte, sei er überrascht gewesen, schildert Bischoff. Als er Heinz vergangene Woche angerufen habe, sei Heinz nicht erreichbar gewesen und der angekündigte Rückruf sei bis zu dessen Rückzug ausgeblieben.

Bewerberin schrieb Mails ohne konkrete Anfrage

Bei Andreas Bernhart habe sich Christophe Heinz gar nicht gemeldet. „Eine Terminanfrage hätte ich aber garantiert nicht abgelehnt“, erklärt der Ortsvorsteher von Espasingen. Einen Gesprächstermin mit einem Bewerber abzulehnen widerspreche nicht nur seinem Demokratieverständnis, sondern sei auch im Hinblick darauf, dass man vielleicht später einmal gut zusammenarbeiten muss, unklug.

Das könnte Sie auch interessieren

Mit Susen Katter habe er einen Termin vereinbart – sie sei bislang die einzige Bewerberin, die sich bei ihm mit einer konkreten Terminanfrage gemeldet habe. Zwar hat auch Yurdagül Coşkun die Ortsvorsteher angeschrieben, sogar gleich mehrfach, jedoch informiert sie in den Mails, die dem SÜDKURIER vorliegen, lediglich über ihre Bewerbung, stellt sich vor und bittet allgemein um Unterstützung. Eine konkrete Terminanfrage ist aus den Anschreiben an die Ortsvorsteher nicht herauszulesen. Daher habe er darauf nicht reagiert.

Und was ist mit dem Bürgermeister?

Doch wie sieht Bürgermeister Rainer Stolz als Vorsitzender des Gemeindewahlausschusses das Thema? „Es ist das Recht eines jeden Bürgers, auch von Gemeinderäten und Vereinsvertretern, einen Kandidaten oder eine Kandidatin zu unterstützen oder eben nicht“, schreibt er. Anders sehe es bei Amtsträgern aus. Dazu zählen der Bürgermeister, die Ortsvorsteher und die Mitglieder des Gemeindewahlausschusses. Für sie gelten in Ausübung ihres Wahlamtes Neutralitätspflichten.

Das könnte Sie auch interessieren

„Ich selbst stehe allen Kandidatinnen und Kandidaten, die ihre Bewerbung eingereicht haben, auf deren Wunsch für ein persönliches Gespräch zur Verfügung und beantworte auch schriftlich gestellte Fragen. Dieses Angebot wurde bislang nicht von allen Bewerbern wahrgenommen“, berichtet der Bürgermeister.

Das sagt die Wahlaufsichtsbehörde

Ein wichtiges Kontrollorgan im Hinblick auf Bürgermeisterwahlen ist die Wahlaufsichtsbehörde, die beim Kommunal- und Rechnungsprüfungsamt des Landratsamts angesiedelt ist. Auf Nachfrage des SÜDKURIER stellt die Behörde die Regeln zum Wahlkampf klar.

Für Ortsvorsteher bestehe durch ihr Amt keine generelle Verpflichtung, sich mit Bewerbern für den Bürgermeisterposten zu treffen, schreibt Katja Ebel aus dem Büro des Landrats. „Sollte ein Ortsvorsteher in seiner Amtseigenschaft allerdings einer Bewerberin oder einem Bewerber einen Gesprächstermin gewähren, so müsste er aufgrund des Gleichbehandlungsgebotes auch anderen Bewerbenden einen Gesprächstermin ermöglichen, sofern diese von sich aus ein Interesse geltend machen“, so Katja Ebel.

Amtsträger dürfen nur privat ihre Meinung sagen

Grundsätzlich bestehe für Amtsträger sowie amtliche Organe eine Neutralitätspflicht. „Allerdings steht auch Amtsträgern das Recht auf private Meinungsäußerung zu. Wie andere Bürger dürfen sie sich mit Auftritten, Anzeigen und Wahlaufrufen aktiv im Wahlkampf beteiligen“, so Ebel. Dies dürfe aber nicht in amtlicher Eigenschaft geschehen.

Beim Gemeinderat bestehe die Neutralitätspflicht nur in seiner Gesamtheit als Gremium. Einzelne Gemeinderatsmitglieder oder Gruppen aus dem Gemeinderat seien dem Neutralitätsgebot nicht unterworfen.

Das könnte Sie auch interessieren

Allgemeingültige Kriterien, wo rechtmäßige Unterstützung von Kandidaten endet und Ungerechtigkeit beginnt, gebe es indes nicht, macht Ebel klar. „Maßgeblich ist der Einzelfall. Bei Amtstragenden wird die Grenze dort gesehen, wo diese von Möglichkeiten Gebrauch machen, die ihnen nur kraft Amtes zustehen“, erklärt sie. Dass sich Bewerber für ein Bürgermeisteramt bei der Wahlaufsichtsbehörde über Ungleichbehandlung beklagen, komme im Landkreis Konstanz allerdings ohnehin nicht oft vor.