Rund 40 Besucher kamen zum „Museum auf Achse“, das in Winterspüren Station machte. Julian Windmöller, Leiter des Stadtmuseums Stockach und des Stadtarchivs, sagte den Gästen bei seiner Begrüßung in der Lichtberghalle, er wolle das Museum zu ihnen bringen, sie kennenlernen und erfahren, was in ihrem Ortsteil interessant ist. Windmöller betonte: „Das Stadtmuseum ist ein Museum für alle Ortsteile, nicht nur für die Kernstadt.“ Unter den Anwesenden gab es einige, die noch nie im Stadtmuseum waren. Sie nahmen das mobile Angebot begeistert an.
Zunächst erklärte der Museumsleiter die Aufgaben eines Museums: „Das Sammeln, Bewahren, Erforschen, Vermitteln und Ausstellen gehört zu unserem täglichen Job.“ Gesammelt würden Objekte zur Geschichte der Stadt, aber auch Kunst aus der Region. Ein besonderer Schatz sei die überregionale Kunstsammlung Heinrich Wagner. Im jährlichen Wechsel gebe es eine Kunst- und eine historische Ausstellung. Er ermunterte die Besucher: „Wenn Sie etwas haben, von dem Sie sagen, das braucht doch keiner mehr, kommen Sie damit zu uns. Oft stecken dahinter nette kleine Anekdoten.“
Ortsteile und die künftige Dauerausstellung
Für diesen Abend hatte er zwei ältere Bücher dabei, eins davon das Urbar (Grundstücksverzeichnis) von Winterspüren aus dem Jahr 1824, sowie ein Ortswappen. Die Objekte aus Winterspüren seien noch recht überschaubar, obwohl man das Ortsteil-Archiv übernommen habe und es auch Fotografien der Familie Hotz gebe. In der künftigen neuen Dauerausstellung sollen laut Windmöller alle Ortsteile eine Rolle spielen. „Wenn Sie eine spannende Geschichte zu Ihrem Ortsteil wissen, kommen Sie gerne auf mich zu.“

Beim Bewahren gehe es um das fachgemäße Verpacken, Transportieren und Restaurieren. In einer Doktorarbeit würden gerade die Zizenhausener Terrakotten erforscht. Der Museumsleiter machte klar: „Wenn Ihre Kinder oder Enkel für eine Abschlussarbeit zu einem lokalen Thema Informationen brauchen, sind wir dafür die richtigen Ansprechpersonen.“
Mitmachangebote für alle
Vermitteln sei ein ganz wichtiger Aspekt. Seit Jahren unterstütze die Bürgerstiftung Stockach die Führungen von Schulklassen und Kindergärten. „Das ist eine ganz tolle Förderung“, lobte Windmöller. Sybille Trefflich, die die Museumspädagogik leitet und in der Regel mit den Kindern arbeitet, hatte an diesem Abend verschiedene Mitmachangebote wie Puzzle, Memory oder Blätter zum Ausmalen dabei, die Kindern ebenso viel Freude bereiten wie älteren Personen.

Zum Bereich Ausstellen hatte Dominik Rimmele, Mitarbeiter im Stadtarchiv, Karten, Kopien von Akten, alte Rathaus-Pläne und Schwarz-Weiß-Aufnahmen dabei. Eine alte Übersichtskarte von 1869 weckte großes Interesse. Die Besucher suchten nach Details: Gab es diesen oder jenen Hof damals schon? Wie groß waren die einzelnen Weiler rund um Winterspüren, die damals noch eigenständig waren?
Das Geheimnis eines Archivknotens
Rimmele hatte einige Seiten aus alten Akten kopiert und zeigte, wie die Blätter noch heute mit einem badischen Aktenknoten verbunden werden. Dabei offenbarte er ein Geheimnis: Zieht man an einem Ende, wird der Knoten fester. Wählt man das andere Ende, öffnet er sich. Mit einer lockeren Bindung lassen sich alle Blätter der Akte umblättern und können gescannt oder kopiert werden, ohne Schaden zu nehmen.

Rimmele stellte auch das Online-Archiv der Sammlung Hotz vor. Darin suchte Siegfried Keller nach einem Hinweis, denn er sammelt schon lange Informationen zur Kapelle in Ursaul. 1880 wurde sie erbaut, das weiß er sicher. Rimmele schlug ihm vor, neben dem Stadtarchiv auch ins Kirchenarchiv zu schauen. Jede Gemeinde hatte früher außerdem ein Feuerversicherungsbuch, in das jedes Gebäude und Grundstück mit Besitzer eingetragen wurde.
Einwohner können viel erzählen
Andreas Gohl aus Jettweiler fiel beim Anblick des Buches zur „Förderung der Landwirtschaft, Tierzucht und Vatertierhaltung“ ein, dass sein Vater immer vom Zuchteber und Zuchtbullen erzählt hatte, zu dem man mit der Sau hinfuhr. Tatsächlich enthält das Zuchtbuch von 1949 ordentlich gelistet die Zuchtgeschichte mit den Namen der Nachkommen eines Ebers, dazu Züchter und Käufer.

Am Nebentisch blieb Franz Kempter an alten Fotos vom Musikverein hängen. Demnächst wird er mit seiner Tochter ins Stadtarchiv gehen, denn er erkennt alle Musiker auf dem Bild, das etwa aus dem Jahr 1920 stammen muss.

Solches Wissen ist für das Stadtarchiv wertvoll, wie sich bereits bei der ersten Veranstaltung von ‚Museum auf Achse‘ in Zizenhausen zeigte. Gemeinsam mit Herta Wegmann konnte Kempter Museumsleiter Julian Windmöller schon an diesem Abend viel erzählen.