Angenagte Bäume oder überschwemmte Wiesen: Die Biber haben sämtliche Gebiete der Stockacher Aach und benachbarter Gewässer fest im Griff. Am Steinbühlgraben, der bei der B313 parallel zur Stockacher Aach verläuft, bauen die Biber immer wieder Dämme, erzählen Sabrina Molkenthin, Leiterin des Umweltzentrums, und Oliver Rascher, Landwirt auf dem Erlenhof und dort für den Futterbau verantwortlich. Über mehrere hundert Meter gebe es alle 20 bis 50 Meter Staudämme. „Das setzt die Wiesen unter Wasser“, sagt Rascher. Außerdem haben die nachtaktiven Tiere dort diverse Bäume angenagt oder umgehauen.

Sabrina Molkenthin, Leiterin des Umweltzentrums Stockach, und Oliver Rascher, Landwirt auf dem Erlenhof, stehen am Steinbühlgraben ...
Sabrina Molkenthin, Leiterin des Umweltzentrums Stockach, und Oliver Rascher, Landwirt auf dem Erlenhof, stehen am Steinbühlgraben zwischen Espasingen und Wahlwies. Sie wissen, dass irgendwo im Hintergrund eine Biberburg sein muss. | Bild: Löffler, Ramona

Die Mitarbeiter des Erlenhofs entfernen immer wieder in Schwerstarbeit die festen Dämme – doch die Biber sind ebenfalls fleißig. Das Ziel der Dämme sei es, dass die Bereiche der Biberburg unter Wasser stehen, erklärt Sabrina Molkenthin. Die Situation sei für die Bewirtschaftung der Flächen schwierig und mache es teilweise fast unmöglich, so Rascher.

Am Steinbühlgraben ist viel los

„Bis vor zwei bis drei Jahren war alles okay, aber jetzt hat es Überhand genommen“, sagt er. Denn von 200 Hektar Futterflächen des Erlenhofs seien inzwischen 12 bis 14 Hektar nicht mehr bewirtschaftbar und es gebe keine Entschädigungen. Es habe mit drei Hektar angefangen und irgendwann sei dann erst klar geworden, dass Biber für Überschwemmungen sorgen. Wenn es so weitergehe, könnte der Feldweg zwischen Steinbühlgraben und Stockacher Aach könnte in ein paar Jahren unter Wasser stehen, vermutet der Landwirt.

Einer der Biberdämme am Steinbühlgraben. Links staut sich das Wasser.
Einer der Biberdämme am Steinbühlgraben. Links staut sich das Wasser. | Bild: Löffler, Ramona

Trotzdem bewundert Oliver Rascher die nächtlichen Baumeister. Er und Sabrina Molkenthin scherzen: „Der Biber ist besser als ein Waldarbeiter. Oder der Mathelehrer.“ Denn die Tiere könnten haargenau berechnen, wie ein Baum fallen müsse.

Das könnte Sie auch interessieren

Die Biber würden auch viel an den Gewässern umgestalten. So hätten Biber beim Steinbühlgraben selbst einen Tümpel angelegt und umgebaut, sagt Rascher. Mit einem Augenzwinkern ergänzt Sabrina Molkenthin: „Die Biber sind schneller als das Umweltzentrum, weil sie keine Genehmigungen einholen müssen. Sie schaffen in einer Nacht, wofür wir ein Jahr brauchen.“

Biber haben deutliche Spuren entlang der Stockacher Aach zwischen Kläranlage und Espasingen hinterlassen.
Biber haben deutliche Spuren entlang der Stockacher Aach zwischen Kläranlage und Espasingen hinterlassen. | Bild: Löffler, Ramona

Nicht überall sind Dämme

Im Gegensatz zum Eisweiher im Osterholz, wo wegen Bibern an vielen Bäumen Drahthosen angebracht wurden, könne zwischen Wahlwies und Espasingen nicht alles geschützt werden. Ein Unterscheid zwischen den Gebieten sei aber auch, dass der Wasserstand im Eisweiher immer gleich sei. Deshalb müsse der Biber dort nichts aufstauen, erklärt Sabrina Molkenthin. Die Dämme hätten aber nicht nur Nachteile: „Sie sind gut für die Wasserqualität“, sagt die Leiterin des Umweltzentrums. Das Wasser werde gereinigt.

Biber-Bissspuren aus der Nähe: Die Rinde an diesem gefällten Baum ist abgenagt.
Biber-Bissspuren aus der Nähe: Die Rinde an diesem gefällten Baum ist abgenagt. | Bild: Löffler, Ramona

Der Jagdpächter habe vor einiger Zeit 17 Biber im Bereich Steinbühlgraben/Stockacher Aach gezählt, so Rascher. Sabrina Molkenthin kann diese Zahl leicht erklären. Ein Biberpaar könne bis zu mehrere Junge in einem Jahr haben und der Nachwuchs bleibt ein Jahr bei den Elterntieren, ehe sie sich eigene Reviere suchen. Der Bereich der Stockacher Aach sei sehr attraktiv für die Tiere, die bis in die 1970er-Jahre ausgerottet waren. „Der Biber hat hier optimale Bedingungen“, sagt die Leiterin des Umweltzentrums. „Es geht ihm hier so gut, dass er sich stark vermehrt hat.“

Biber haben sich in der Nähe der Kläranlage an diesen großen Weiden zu schaffen gemacht.
Biber haben sich in der Nähe der Kläranlage an diesen großen Weiden zu schaffen gemacht. | Bild: Löffler, Ramona

Die Reviere sind sehr groß

Am Wäschgraben in der Nähe des Espasinger Sportplatzes seien Biber auch besonders beim Dammbau aktiv, erzählt Rascher: „Da macht der Biber auch alles zu und das Waldgebiet steht unter Wasser.“ An der Stockacher Aach zwischen Kläranlage und Espasingen gibt es auch Biber-Spuren, zum Beispiel zwei angenagte hohe Weiden. Aber dort habe er bisher noch keine Biberburg entdeckt, sagt Rascher. Biber könnten jedoch sehr weiter Strecken zurücklegen. Die Reviere seien mehrere Kilometer groß, ergänzt Sabrina Molkenthin. Die Biber auf den Erlenhof-Flächen wandern bis nach Espasingen, sagen beide.

Das könnte Sie auch interessieren

Am Stockacher Eisweiher gibt es eine große, sichtbare Biberburg. Spaziergänger können am Weg zwischen Weiher und Stockacher Aach die Trampelpfade der Biber entdecken. Viele Bäume sind dort geschützt – auch welche, die bereits angenagt sind, aber stabil sind und sich erholt haben. „Weiden sind die Leibspeise der Biber“, erzählt Sabrina Molkenthin.

Wann Biber was essen

Die Tiere würden aber auch Eschen oder andere Baum-Arten annagen. Dieses Nagen finde vor allem in der kalten Jahreszeit statt. In Frühlingen und Sommer fressen sie zum Beispiel Wildkräuter oder auch Feldfrüchte. Direkt neben der Biberburg haben die Tiere bereits im Dezember 2018 eine große Weide gefällt. Es sei Maßarbeit gewesen. Die Biber hätten genau berechnet, dass der Baum neben die Burg fällt.

Sabrina Molkenthin, Leiterin des Umweltzentrums Stockach, steht vor einem Baum, den Biber vor einiger Zeit umgenagt haben. Am großen ...
Sabrina Molkenthin, Leiterin des Umweltzentrums Stockach, steht vor einem Baum, den Biber vor einiger Zeit umgenagt haben. Am großen Baum im Hintergrund liegt die Biberburg. | Bild: Löffler, Ramona

Und ist es eigentlich normal, dass gerade überall so viele Biber-Spuren zu sehen sind? „Die Biber fällen besonders im Winter Bäume, da sie in der kalten Jahreszeit die Rinde fressen und nicht klettern können, um an die zarte Rinde und die Knospen heran zu kommen“, erläutert Sabrina Molkenthin. „Ab dem Frühjahr fressen sie dann bevorzugt Kräuter.“ Da momentan viele Menschen bei schönem Wetter unterwegs seien, fielen Fraßspuren wahrscheinlich besonders auf, vermutet sie.