Erst der Altbohl-Wald vor Radolfzell, jetzt auch im Stockacher Ortsteil Wahlwies: Wo vor wenigen Monaten noch dichter Wald zu sehen war, bietet sich jetzt ein trauriger Anblick. An einem Hang neben dem Panoramaweg klafft eine Lücke, eine markante Schneise der Verwüstung, die schon von Weitem zu sehen ist. Übrig geblieben sind dutzende Baumstümpfe, weiter unten stapeln sich die gefällten Stämme.

Denn innerhalb der vergangenen zwei Wochen wurden dort an einem Hang südwestlich von Wahlwies auf einer Fläche von insgesamt 1,3 Hektar alle Bäume gefällt. Das Waldstück befindet sich in privatem Besitz, zuständig für die Rodung ist der Besitzer – allerdings nur mit Genehmigung des Kreisforstamts Konstanz. Dort arbeitet Rainer Wendt. Er erklärt auf SÜDKURIER-Nachfrage, was es mit der Rodung auf sich hat – und ob ohne die Bäume eine Gefahr für einen Hangrutsch auf den Panoramaweg daneben besteht.

Bereits aus der Ferne bekommt man einen Eindruck der Größe der betroffenen Fläche.
Bereits aus der Ferne bekommt man einen Eindruck der Größe der betroffenen Fläche. | Bild: Josef Jaklin

Wie kam es zu dem Kahlschlag?

„Solche Rodungen macht natürlich kein Waldbesitzer gerne“, stellt Wendt direkt klar, der dessen Namen allerdings nicht nennen möchte. Dennoch ist der Kahlschlag bei Wahlwies kein Einzelfall in der Region. Ursachen dafür gibt es mehrere. Ein Grund sind laut Aussage von Rainer Wendt auch die großen Schneemassen im Dezember 2023. Denn diese sorgten dafür, dass viele der Baumgipfel das Gewicht des nassen Schnees nicht mehr aushielten und abbrachen. Rainer Wendt spricht von einem Schneebruch-Ereignis.

Im Folgejahr habe sich dann der Borkenkäfer in den geschwächten Bäumen eingenistet. Betroffen davon sind ausschließlich Nadelbäume und vor allem Fichten leiden am stärksten unter dem Befall, weiß der Experte.

„Solche Rodungen macht natürlich kein Waldbesitzer gerne“, sagt Rainer Wendt vom Kreisforstamt Konstanz.
„Solche Rodungen macht natürlich kein Waldbesitzer gerne“, sagt Rainer Wendt vom Kreisforstamt Konstanz. | Bild: SK

Ein weiterer Grund für Kahlschläge in der Region sei das Eschentriebsterben, berichtet Wendt. Dabei handelt es sich laut Internetseite des Kreisforstamts Konstanz um einen Pilzbefall, der das Immunsystem der Bäume so sehr schwächt, dass es andere Schädlinge umso leichter haben, den Baum anzugreifen.

Hierzu gehören andere Pilzarten, die das Wurzelwerk des Baums schädigen, was die Standsicherheit der Bäume gefährdet. Befallene Eschen müssen daher gefällt werden, heißt es auf der Internetseite weiter.

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Um eine weitere Verbreitung des Käfers, der auch Buchdrucker genannt wird, zu vermeiden, musste der private Eigentümer des Waldes daher auch in diesem Fall bei Wahlwies schnell handeln, so Wendt. Dadurch könne er noch in diesem Frühjahr mit der Wiederaufforstung beginnen.

Besteht die Gefahr eines Hangrutsches?

Doch hat die Rodung der Bäume nun Folgen für die Stabilität des Hangs? Immerhin tragen Bäume und deren Wurzeln dazu bei, einen Hang zu stabilisieren. Laut Rainer Wendt besteht eine solche Gefahr jedoch nicht.

Man habe den Kahlschlag bewusst um diese Jahreszeit geplant, damit der Hang dann im Frühjahr direkt wieder mit neuen Bäumen bepflanzt werden kann. Außerdem bleibe das Wurzelwerk der gefällten Bäume bestehen und stabilisiere den Boden und den Hang nach wie vor. Mit Hangrutschen oder ähnlichen Erosionserscheinungen sei also nicht zu rechnen.

Drohen weitere Kahlschläge?

Allerdings werden die Rodungen bei Wahlwies nicht die letzten bleiben. Laut Wendt liegen zwar keine weiteren Anträge vor und Kahlschläge in der Größenordnung seien selten notwendig. Aber es sei nicht auszuschließen, so Wendt, „dass wir in Zukunft häufiger solche Bilder sehen“. Die Schwierigkeit, präventive Maßnahmen gegen den Borkenkäfer einzusetzen, bestehe darin, dass viele Bäume in der Region bereits vor vielen Jahrzehnten gepflanzt wurden.

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Damals habe man nicht ahnen können, mit welchen Problemen der Wald künftig konfrontiert sein wird. Und bis heutige Präventionsmaßnahmen wirken, werden laut dem Förster abermals viele Jahre vergehen, in denen sich Schädlinge weiter ausbreiten können. „Mit dieser Hypothek leben die Waldbesitzer jetzt“, so Wendt.

Außerdem habe man keinen Einfluss auf externe Faktoren wie das Wetter und die Verbreitung von Schädlingen. Auch klimatische Bedingungen spielen eine Rolle für die Gesundheit der Bäume. In den vergangenen zehn Jahren gab es kaum ein Jahr, in dem nicht ein neuer Hitzerekord aufgestellt wurde.

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Doch tatenlos zusehen müssen Waldbesitzer laut Wendt nicht: Der Schaden durch einen Kahlschlag ließe sich zum Beispiel minimieren, wenn man rechtzeitig auf eine Naturverjüngung achte. Das bedeutet, dass die Altersabstände zwischen den Bäumen nicht zu groß werden und der Nachwuchs-Bestand der Bäume gesichert ist, erklärt Wendt.

Wie geht es weiter?

Für die Fläche bei Wahlwies ist derweil schon geplant, wie es nun weitergehen soll, berichtet Wendt. Im Frühjahr soll die Wiederaufforstung starten. Dann werden wahrscheinlich andere Bäume dort wachsen als bisher: Während laut Internetseite des Amtes beispielsweise die Esche vor zehn Jahren noch elf Prozent des Baumbestandes im Landkreis Konstanz ausmachte, wird ihr Anteil aufgrund des Eschentriebsterbens in Zukunft gegen null tendieren.