Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an. Klaus Haberstroh, 66, kann ein Lied davon singen. Nachdem er den Vorsitz in der Sektion Überlingen des Deutschen Alpenvereins abgegeben hat, spricht er davon, „in Rente“ zu sein. Zuvor war er „ehrenamtlicher vollberuflicher Vorstand im DAV“, wie er sagt.

Für Haberstroh heißt das: Noch mehr entlegene Ecken der Welt bereisen. Am Südpol segeln, die höchsten Berge in Südamerika und China besteigen – das hat er alles schon erlebt. Die eindrucksvollste Reise für ihn sei aber die nach Myanmar gewesen. Von dieser Reise zeigt er in den nächsten Tagen in öffentlichen Vorträgen Fotos. Die Vorträge hält er nicht, um seine Reisekasse aufzubessern, sondern er sammelt Geld für den guten Zweck – für die geschundenen Menschen in Myanmar.

Klaus Haberstroh erlebte seine Reise durch Myanmar wie eine „Zeitreise“.
Klaus Haberstroh erlebte seine Reise durch Myanmar wie eine „Zeitreise“. | Bild: Klaus Haberstroh

Nach dem Verkauf seiner Firma

Klaus Haberstroh baute in Ludwigshafen und Stockach eine Firma mit rund 50 Beschäftigten auf. Im Jahr 2010 entschloss er sich, sein Unternehmen zu verkaufen. Danach ging er auf Reisen. Aber nicht nur. Er übernahm auch den zeitaufwendigen Vorsitz in der DAV-Sektion Überlingen. Am aufwändigsten in diesem Ehrenamt war der Bau der Kletterhalle, ein nervenaufreibendes Unterfangen. Ausgerechnet „in der heißen Phase der Planung“, als es mit der Stadt viele teils kontroverse Diskussionen um den Standort der Halle zu führen galt, reiste er nach Myanmar. Das war 2017. Jetzt endlich zeigt er die Bilder seiner Reise einer breiteren Öffentlichkeit. Aber warum erst jetzt? Und wie wirkte sich die Reise in die Welt auf den Bau der Kletterhalle hier vor Ort aus?

„Bergsteigerberichte einfacher zu erzählen“

Über das Bergsteigen zu berichten, sagt der Abenteurer Klaus Haberstroh, sei einfacher zu vermitteln als eine Reise nach Myanmar. Hier kommen neben der Naturschönheit viele andere Dinge zusammen: „Menschen, Kultur, Sehenswürdigkeiten, Politik“, zählt Haberstroh auf, der 2017 in der Nachmonsunzeit in das ehemalige Burma reiste.

Die Aufnahme von Novizen in ein Buddhisten-Kloster. Klaus Haberstroh durfte an der Feier teilnehmen.
Die Aufnahme von Novizen in ein Buddhisten-Kloster. Klaus Haberstroh durfte an der Feier teilnehmen. | Bild: Klaus Haberstroh

Er habe eine einmalige Situation vorgefunden, „die man als Fotograf sonst nie hat: Ein Land, das 60 Jahre lang völlig isoliert war“. Myanmar sei „wie in einem Tiefschlaf gesteckt“, habe sich altes Handwerk und alte Traditionen bewahrt, frei von westlichen Einflüssen. Seine Tour habe sich deshalb zu einer Zeitreise entwickelt. „Die Menschen waren frei und motiviert.“ Wie der ehemalige Unternehmer beschreibt, wurde er mit offenen Armen in Familien empfangen und zu Festen eingeladen, er habe Einblick in das Klosterleben bekommen, zeige aber auch Bilder von einsamen Inseln und abenteuerlichen Fahrten mit dem Zug.

Eine auf einem Boot lebende Familie in Myanmar.
Eine auf einem Boot lebende Familie in Myanmar. | Bild: Klaus Haberstroh

Haberstroh wollte längst darüber berichten, doch dann kam Corona und bremste ihn aus. Auf einer Segeltour von den Kanaren in die Karbik habe er die Zeit gefunden, alle seine Eindrücke in dem nun vorbereiteten Vortrag zusammenzufassen. „Die kulturelle Geschichte hat mich mehr beschäftigt als alle Bergtouren zuvor, weil ich so viel gesehen habe, was ich erst nicht einordnen konnte.“

Als Abenteurer Klaus Haberstroh Myanmar besuchte, gelang es ihm, Nähe zu den Menschen aufzubauen.
Als Abenteurer Klaus Haberstroh Myanmar besuchte, gelang es ihm, Nähe zu den Menschen aufzubauen. | Bild: Klaus Haberstroh

Vom Buddhismus für den Alltag geprägt

Der Buddhismus dort habe ihn zum Nachdenken darüber motiviert, „was wir hier in unserem Leben eigentlich tun“. Haberstroh: „Es gibt da sehr viele emotionale Geschichten, und sie in einem Vortrag zu verpacken, ist schwierig.“ Doch nachdem die Militärjunta die Macht übernahm und das Land wieder in die Isolation verbannte, nachdem der Freiheitsdrang der Bevölkerung wieder zurückgedrängt wurde, und nachdem das verheerende Erdbeben von März dieses Jahres das Land auf allen Ebenen erschütterte, war für Haberstroh der Zeitpunkt gekommen, seine Reise nun endlich in einen Vortrag zu packen.

Auf seiner Reise entstanden berührende Fotos, die Einblick in ein vom industrialisierten Westen weitgehend unbeeinflusstes Land geben.
Auf seiner Reise entstanden berührende Fotos, die Einblick in ein vom industrialisierten Westen weitgehend unbeeinflusstes Land geben. | Bild: Klaus Haberstroh

Zurück ins Jahr 2017, als er voller Eindrücke zurück aus Myanmar nach Deutschland reiste. Hier galt es, die nervenaufreibende Planung der Kletterhalle zu bewältigen. Dazu Haberstroh: „Das oberste Gebot im Buddhismus lautet, dass jeder für sich selbst verantwortlich ist und es jeder selbst in der Hand hat, als höheres Wesen wiedergeboren zu werden. Nicht wie bei uns, wo immer der andere Schuld hat. Nein, dort ist jeder für sich selbst verantwortlich.“ Als es in Überlingen darum gegangen sei, dass die Kletterhalle, wie lange Zeit geplant, doch nicht als Anbau an die neue städtische Sporthalle entstehen darf, womit das Gesamtprojekt auf der Kippe stand, habe ihm die Haltung der Buddhisten geholfen. „Der Optimismus der Menschen in Myanmar war ansteckend. Sie waren 60 Jahre lang eingesperrt und plötzlich frei und konnten alles bewegen. Das war für mich motivierend und hat den Glauben an mich selbst gestärkt.“

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Haberstroh kooperiert in seinen Vorträgen mit Fritz und Marlies Fröhle von der Reichenau, die für die Menschen in Myanmar ein medizinisches Hilfsprojekt auf die Beine stellten. Der Abenteurer Haberstroh ist von der Hilfsleistung des Ärzteehepaars Fröhle begeistert und verspricht, dass jeder gespendete Euro direkt den Menschen in Myanmar helfe. Haberstroh fasst seine Motivation zusammen: „Ich möchte ein vergessenes Land bekannter machen und aufzeigen, um was für ein tolles Land es sich hier handelt.“