Der Klimawandel stellt die Menschen vor besondere Herausforderungen. Es ist ein Umdenken in vielen Bereichen notwendig, nicht zuletzt im Bereich Mobilität. Diesem Thema hat das Umweltzentrum Stockach gemeinsam mit der BUND-Ortsgruppe Bodman-Ludwigshafen/Stockach die Veranstaltungsreihe „Runder Tisch Mobilität“ gewidmet, mit mehreren Sonderthemen, zu denen in zweimonatigem Abstand ein offener, lösungsorientierter Dialog mit den Teilnehmern geführt wird.
Das Sonderthema beim jüngsten virtuellen Treffen war der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV). Die Veranstaltung zog wieder einmal etliche Zuschauer und Teilnehmer an. Unter ihnen waren Dorothea Wehinger, Landtagsabgeordnete der Grünen für den Wahlkreis Singen, Saskia Frank, Abgeordnete der Grünen im Kreisverband Konstanz, und Roswitha Willauer vom Kreisseniorenrat.
Ralf Bendl, Amtsleiter für Nahverkehr und Schülerbeförderung beim Landratsamt Konstanz und Geschäftsführer des Verkehrsunternehmens Hegau-Bodensee Verbund (VHB), referierte über die Entwicklung des Nahverkehrs im Landkreis Konstanz. Er erklärte, woraus sich der ÖPNV zusammensetzt, wie er sich organisiert, wie er finanziert wird und vieles mehr.
„Gerade jetzt in Corona-Zeiten ist es wichtig, dass wir die Kunden wieder in die öffentlichen Verkehrsmittel bekommen und da wird etwas passieren“, sagte Bendle. Er erklärte, dass vom VHB offenbar eine Verdopplung der Fahrgastzahlen gewünscht sei, was man nur erreichen könne, wenn man aufbaue und mehr Fahrten anbiete.
Zugverbindungen Stockach – Radolfzell künftig von 5 bis 24 Uhr?
Was diesbezüglich für Stockach ganz besonders interessant sein dürfte, ist die Aussicht, dass für die Strecke zwischen Stockach und Radolfzell eine Angebotserweiterung zu erwarten sei, sagte Bendle: Zukünftig könnten dort täglich von 5 bis 24 Uhr Züge fahren. Derzeit gibt es letzte Fahrten an vielen Tagen schon um 21.28 Uhr.
Wann genau es soweit sein könnte, ist derzeit aber noch unklar. Eine Änderung der Taktung und Fahrzeiten soll im Rahmen des Nahverkehrsplans des Landkreises Konstanz 2022-2026 stattfinden. Corona habe den ÖPNV stark getroffen, so Bendle. Ganz wichtig sei hier der Rettungsschirm gewesen, für welchen er der Landesregierung Dank aussprach.
Landkreis-Experte dankt Landesregierung für ÖPNV-Rettungsschirm
Fragen zum Thema ÖPNV gab es von den Teilnehmern dann viele – schließlich steht einem nicht alle Tage jemand vom Fach Frage und Antwort zu diesem aktuell Einigen auf der Seele brennenden Thema, wie Hans W. Steißlinger vom BUND anmerkte. So wollte Teilnehmerin Henrike Bischoff gerne über den eventuellen Ausbau der Transportmöglichkeiten für Fahrräder in Bussen Auskunft erhalten, beispielsweise um touristisch interessante Regionen wie den Bodensee zu erreichen um dort zu radeln. Doch wird es, aus Platzgründen, in naher Zukunft wohl keine Möglichkeit geben, in Bussen Fahrräder zu transportieren. Fragen gab es unter anderem auch zur Fahrgastinformation in Echtzeit per QR-Code und den Zusammenschluss von Verkehrsverbünden, schon allein wegen der Ticketpreise.
Ein zentraler Punkt war die Feststellung, dass es keinen Nahverkehrsplan über das Land hinweg gebe. Hier rügte Hans W. Steißlinger: „Es muss doch möglich sein, eine bessere Vernetzung zu machen.“ Man müsse großräumiger denken, damit die Leute nicht ins Auto steigen, sondern den ÖPNV nutzen. Steißlinger regte zu einem Treffen von BUND und Umweltzentrum Stockach mit Ralf Bendl und Modus Consult an, um auf Basis des Gutachtens von 2017 zur Westumfahrung Stockach die Datenflut auszuarbeiten und das Thema Vernetzung tiefergreifend zu besprechen.
Ein erster Schritt in Richtung Vernetzung dürfte, zumindest was Ticketpreise angeht, das Pilotprojekt CICO BW sein, das seit Dezember 2020 in den Gebieten des Verkehrs- und Tarifverbunds Stuttgart und des Verkehrsverbunds Pforzheim-Enzkreis durchgeführt wird und für das immer noch Tester gesucht werden.
Ablachtalbahn soll in Kürze starten
Bei den vorherigen drei Veranstaltungen hatten die Themen Bürgerbus, West- oder Ostumfahrung Stockach und die Reaktivierung der Ablachtalbahn im Fokus gestanden. Dazu gibt es Neuigkeiten: So liegt laut Sabrina Molkenthin vom Umweltzentrum Stockach nun wohl ein Ergebnis der Bodenuntersuchung bei Airach vor, die für eine mögliche Tunnellösung bei der Umfahrung durchgeführt wurde. Sie solle demnächst im Gemeinderat Stockach vorgestellt werden.
Der Freizeitbetrieb auf der Ablachtalbahnstrecke, die Biberbahn, wird laut Ralf Derwing vom Förderverein Ablachtalbahn wohl im Juli starten. Es wird allerdings noch dauern, bis die Strecke in den ÖPNV aufgenommen werden kann – vermutlich 2028, denn es soll vorher eine Machbarkeitsstudie erstellt werden.
Nahverkehr der Zukunft
Im Nahverkehrsplan, in dem die mittel- bis langfristige Weiterentwicklung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) beschrieben wird, hält der Landkreis Konstanz Mindeststandards für eine ausreichende Verkehrsbedienung fest und hinterlegt diese mit einem Maßnahmenkonzept. Hierzu gehören Taktungen, Bedienungszeiträume, Fahrzeuge, Haltestellen, Fahrgastinformation, aber auch Aussagen, wie ein barrierefreier ÖPNV umgesetzt werden soll. Im Nahverkehrsplan geht es auch um ergänzende Mobilitätsformen wie etwa Car- oder Bikesharing, Park & Ride und Mobilitätsmanagement im Allgemeinen. Bei der Aufstellung des Nahverkehrsplans gibt es ein Beteiligungsverfahren aus zwei Stufen: In der ersten Stufe wird bei allen Kommunen und Bürgern des Kreises offen nach Verbesserungswünschen gefragt, um diese im Erstentwurf berücksichtigen zu können. In der zweiten Beteiligungsstufe wird der Erstentwurf des Nahverkehrsplans kommentiert und im Rahmen dessen das Planwerk inhaltlich feingeschliffen.
Informationen im Internet:
http://nvpkreiskonstanz.igdb.de