Die dritte Kammer des Schwurgerichts am Landgericht Konstanz unter Vorsitz von Richter Joachim Dospil hat Marcel K. wegen Mordes zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte seine damalige Partnerin und Mutter des gemeinsamen Kindes, Sabrina P., in deren eigener Wohnung in Stockach im Januar 2023 ermordet und ihre Leiche dann vom Balkon geworfen hat. Dabei erkannte es die beiden Mordmerkmale Heimtücke und niedrige Beweggründe.

Dass Marcel K. erneut verurteilt wurde, ist keine Überraschung, bei der Revision ging es vor allem um den Straftatbestand und das Strafmaß. Denn in einem ersten Prozess am Landgericht war Marcel K. noch wegen Totschlags zu einer Haftstrafe von 13 Jahren verurteilt worden. Staatsanwaltschaft und Nebenklage hatten Revision eingelegt, der der Bundesgerichtshof statt gab, und auf eine Mordverurteilung gehofft. Das wurde nun erfüllt.

So verlief der zweite Prozess

Wie schon im ersten Prozess sagten am ersten Tag der geständige Angeklagte und erste Zeugen von der Polizei aus. An den folgenden Tagen berichteten Zeugen aus dem Umfeld des Angeklagten und der Getöteten über die Beziehung und den Charakter der beiden. Am Tag vor der Urteilsverkündung hatten eine Rechtsmedizinerin und ein psychiatrischer Gutachter ausgesagt. Staatsanwalt und Nebenklage hatten für eine Verurteilung wegen Mordes plädiert, Verteidiger Henning Stutz wegen Totschlags.

Der vorsitzende Richter Joachim Dospil folgte in seiner Rekonstruktion des Tatgeschehens und der Urteilsbegründung nun weitgehend den Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Nebenklage.

Rekonstruktion des Tattags

Auf Basis der Aussagen des Angeklagten, der Zeugen sowie der Gerichtsmedizinerin und digitaler Spuren kommt das Gericht laut Dospil zu der Schlussfolgerung, dass Marcel K. und Sabrina P. am Tattag in Streit gerieten, da sie ihm Vorwürfe machte wegen seiner wiederholten Untreue sowie seiner fehlende Liebe und Sorge für sie und das Baby. Aus einem „dieser üblichen Streits, wie das Paar sie schon etliche Male erlebte“, sei erstmals eine körperliche Auseinandersetzung geworden – und dies innerhalb kürzester Zeit.

Zunächst schubsten sich die beiden, ehe Marcel K. seine Freundin an die Wand drückte und mit den Händen am Hals leicht würgte, sodass sie bewusstlos zusammensackte, fasste Dospil zusammen. Danach griff Marcel K., während er mit Sabrina P. auf dem Boden lag, zu einem Ladekabel, wickelte es ihr zweimal um den Hals und zog es zu, bis sie nicht mehr lebte, so die Auffassung des Gericht. „Spätestens zu diesem Zeitpunkt hat er sich bewusst dazu entschieden, Sabrina P.s Leben zu beenden“, stellte Dospil fest.

„Bei Mord gibt es nur eine Strafe – und das ist lebenslänglich. Es war eine schreckliche Tat, und es ist eine schreckliche Strafe“, ...
„Bei Mord gibt es nur eine Strafe – und das ist lebenslänglich. Es war eine schreckliche Tat, und es ist eine schreckliche Strafe“, fasste Richter Joachim Dospil zusammen. | Bild: Silas Stein

Im Anschluss habe sich Marcel K. zur Vertuschung entschieden. Er warf ihre Leiche vom Balkon, verstecke beziehungsweise zerstörte Handy, Smart Watch und Geldbeutel der Getöteten, damit diese nicht geortet werden können. Außerdem verabredete er sich mit einem Freund und erfand die Lüge von der Trennung und ihrer anschließenden Flucht, so Dospil weiter. Marcel K. habe sogar entsprechende Spuren gelegt, zum Beispiel WhatsApp-Profilbild und -status der Toten geändert, wie diese es sonst nach einem Streit tat.

„Das ist das verheerende und tragische Ende einer zweijährigen Beziehung, durch das eine junge Frau ihre Schwester, zwei Kinder ihre Mutter und ein Kind zumindest für lange Zeit auch seinen Vater verloren haben“, fasste Joachim Dospil die Folgen der Tat zusammen. Die Schwester Catharina P. war als Nebenklägerin am Prozess beteiligt.

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Darum war es Mord

Mit diesem Handeln waren für das Gericht beide Mordmerkmale, sowohl das der Heimtücke als auch der niedrigen Beweggründe, erfüllt. Dospil führte aus: „Sabrina P. war vollkommen arglos. Sie konnte zu keinem Zeitpunkt mit einem tödlichen Angriff rechnen, da es bislang keine Gewalt in der Beziehung gab. Der Angeklagte hat seine Freundin in hilfloser Lage überrascht.“ Auch zum Zeitpunkt des Erdrosselns sei sie noch immer arglos gewesen, da sie überrascht, vermutlich sogar bewusstlos und damit wehrlos gewesen sei.

Zudem sei die Zeit zwischen dem ersten Verletzungsvorsatz und dem Tötungsvorsatz so kurz, dass Sabrina P. keine Chance zur Flucht oder Gegenwehr gehabt habe. „Der Angeklagte hat diese Situation bewusst registriert und auch bewusst zur Tötung ausgenutzt. Damit ist die Heimtücke ganz klar erfüllt“, so Dospil.

Daneben sahen die Richter auch niedrige Beweggründe beim Angeklagten gegeben. Anhand aller Aussagen sehe das Gericht nur ein Motiv bei Marcel K.: Wut und Ärger über die abermaligen, berechtigten Vorwürfe seiner Freundin gegen ihn.

Marcel K. habe lieber mit Freunden abhängen, Alkohol trinken und andere Frauen treffen wollen, anstatt sich um Sabrina P. und das gemeinsame Baby zu kümmern. „Ist der Ärger über diesen Vorwurf als Grund für einen Mord nachvollziehbar? Wir meinen Nein“, erklärte Dospil die Entscheidung.

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Verhalten nach der Tat schockiert

Hinzu kommt laut Dospil das Verhalten des Angeklagten in den vier Tagen nach der Tat. Die Entsorgung der Leiche, das Töten der Katze, der Alkohol, der Termin beim Tätowierer, das Anbandeln mit anderen Frauen sowie eine Aussage gegenüber den besorgten Freundinnen, vielleicht sei Sabrina P. ja inzwischen im Tierheim abgegeben worden: „Das alles lässt Rückschlüsse auf Ihre lebensverachtende Einstellung gegenüber der Getöteten zu“, sagte Dospil in Richtung Marcel K., der das Urteil ohne Reaktion oder Emotion zur Kenntnis nahm.

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Es liege auch keine Affekttat vor. Zwar habe Marcel K. die Tat nicht geplant, allerdings bewusst und mit Vorsatz ausgeführt – während er klar und bei Sinnen gewesen sei, wie Gutachter bestätigten. Das Geständnis des Angeklagten, sein Alter sowie seine schwierige Kindheit konnte das Gericht nicht mildernd berücksichtigen. „Bei Mord gibt es nur eine Strafe – und die lautet lebenslänglich. Es war eine schreckliche Tat, und es ist eine schreckliche Strafe“, schloss Dospil den Prozess.

Gibt es einen erneuten Prozess?

Allerdings besteht abermals die Möglichkeit, innerhalb einer Woche Revision gegen das Urteil einzulegen. Verteidiger Henning Stutz erklärte dazu auf SÜDKURIER-Nachfrage: „Die Frage nach einer möglichen Revision werde ich in den kommenden Tagen mit meinem Mandanten besprechen. Entscheidungen über derart bedeutende Fragen sollte man nicht überstürzen.“

Alle Informationen zum zweiten Prozess gibt es hier.