Die einen schätzen ihn, die anderen hassen ihn und am Schmotzigen Dunschtig wird er vor dem Hohen Grobgünstigen Narrengericht zu Stockach stehen: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Er ist der diesjährige Beklagte. Das verkündete Narrenrichter Jürgen Koterzyna am Samstagabend in der traditionellen Dreikönigssitzung des Narrengerichts im Bürgerhaus Adler Post.

Die genauen Anklagepunkte bleiben bis zur Narrengerichtsverhandlung am 8. Februar, 17 Uhr, noch geheim. Doch Koterzyna verweist auf SÜDKURIER-Nachfrage darauf, dass man die Ansatzpunkte in der politischen Arbeit von Lauterbach in den vergangenen Jahren finde.

„Die Auswahl des diesjährigen Beklagten fiel dem Stockacher Narrengericht dieses Jahr schwerer als gewohnt“, so Koterzyna. „Es gibt nicht mehr so viele in der ersten Reihe der Berliner Politik, die echte Ecken und Kanten haben.“ Diese und auch Mut brauche man, um sich dem Hohen Grobgünstigen Narrengericht zu Stocken zu stellen.

Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit, bei einer Pressekonferenz.
Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit, bei einer Pressekonferenz. | Bild: Britta Pedersen

Er war erst bei CDU, dann SPD

Das Narrengericht nennt seinen Beklagten „das trojanische Pferd der SPD“, denn Lauterbach sei in seinen politischen Anfängen in den 1990er-Jahren bei der CDU gewesen. Erst 2001 habe er zur SPD gewechselt, für die er seit 2005 im Bundestag sitze. Er sei sogar während seines Studiums von der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung gefördert worden.

Da bereits Fürsprech Michael Nadig in Richtung „Dankbarkeit sieht anders aus…“ denkt, merkt das Narrengericht an: „Was der Kläger dazu sagt, wollen wir uns hier lieber erst gar nicht vorstellen.“ Was Kläger Wolfgang Reuther tatsächlich sagt, wird in der Verhandlung am Schmotzigen Dunschtig in der Jahnhalle zu hören sein.

So kündigen Kläger und Fürsprech ihren Beklagten an Video: Löffler, Ramona

Schon vorab lässt das Gremium in einer Zusammenfassung von Lauterbachs Lebenslauf so manche Einschätzung durchscheinen, zum Beispiel Anerkennung für seine nicht ganz einfach Schullaufbahn von der Hauptschule auf die Realschule und dann das Gymnasium: „So nahm die Karriere ihren Lauf. Das scheint diesen ‚Nerd‘ auszuzeichnen, zumindest kommt er so ja manchmal in den Medien daher – vorliebsam in Talkshows. Fleißig, strebsam, zielorientiert, unerschrocken und unbeeindruckt von wem auch immer.“

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Ein mehr oder weniger erfolgreicher Überzeugungstäter

Zwar fällt auch das Wort „Streber“, da Lauterbach doppelt promoviert hat und zum Professor habilitiert wurde, also Prof. Dr. Dr. Karl Wilhelm Lauterbach ist. Aber statt Streber könne er auch ein Überzeugungstäter sei, da er nach einer schlechten Krankenhausbehandlung als Kind beschlossen habe, Medizin zu studieren.

Jürgen Koterzyna und Michael Nadig zeichnen Lauterbachs Werdegang nach: Professor für Gesundheitsökonomie an der Uni Köln, später die Wahl in den Bundestag und nach dem Regierungswechsel als Nachfolger von Jens Spahn das Amt des Bundesgesundheitsministers. „Seitdem schiebt er als Gesundheitsminister ein Projekt nach dem anderen an – mit mehr oder auch weniger Erfolg„, merken die Narren an.

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Denn die von Lauterbach befürwortete Impfpflicht für alle sei kläglich gescheitert, die Cannabis-Freigabe dagegen sei umgesetzt worden und aktuell liefen die Vorbereitungen für eine große Krankenhausreform, die das gesamte System reformieren solle.

Wein ist schon mal Pluspunkt

Bereits im Vorfeld der Verhandlung hat das Narrengericht Positives über den Beklagten zu berichten: Der 61-Jährige, der kein Fleisch esse, trinke gerne mal ein Gläschen Rotwein. Das Glas Rotwein habe er sogar mal als tägliche Medizin empfohlen, sei dafür jedoch von einigen Lobby-Gruppen und Gesundheitsexperten mit anderer Meinung schwer gescholten worden. „Beim Narrengericht müsste dieser medizinische Rat schon mal ein Pluspunkt sein“, lautet daher das Fazit.

Den Titel „Gesundheitsminister der Herzen“ habe sich Karl Lauterbach während der Hochphase der Corona-Pandemie verdient. Dieser „Dr.-Ich-erklär-euch-das-mit-dem-Ansteckungsrisiko‘ sei stets der vermeintliche Miesepeter unter unzähligen Talk-Show-Experten gewesen und gleichzeitig der Publikumsliebling des gemeinen Volkes mit gesundem Menschenverstand. So sei er Schatten-Gesundheitsminister geworden und habe dem damals amtierenden Minister Jens Spahn ganz schön zu schaffen gemacht, bemerkt Koterzyna.

Wie beliebt ist Lauterbach?

Meist habe Lauterbach mit klaren Prognosen und Warnungen am Ende Recht behalten, doch niemand habe auf ihn gehört. Das Narrengericht zählt dazu auf, dass Maßnahmen zu spät beschlossen worden seien und man viel Geld ausgegeben habe, das man möglicherweise hätte sparen können. Bei den Mächtigen mache sich Lauterbach unbeliebt, bei den Wählern sei es umgekehrt, denn er habe seit 2005 regelmäßig das Direktmandat in seinem Wahlkreis erobert.

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Karl Lauterbach sei stets gut vorbereitet, glänze mit Fakten und Studien und sage, was Sache sei – auch, wenn das der Mehrheit nicht gefallen sollte. „Und so jemanden hat das Hohe Grobgünstige Narrengericht verdient und der Kläger in seinem letzten Jahr allemal“, sagt Koterzyna. Das Narrengericht freue sich daher auf Bundesgesundheitsminister und Bundestagsmitglied Karl Lauterbach als Beklagten im 673. Jahr nach Hans Kuony.

2021 stand übrigens Covid-19 schriftlich beim Narrengericht vor Gericht, da damals die Hochphase der Pandemie war. Hier gibt es das zum Nachlesen.