Constanze Wyneken und Claudia Ladwig

Das öffentliche Leben liegt derzeit zum Schutz vor Infektionen mit dem Coronavirus praktisch brach. Eine Berufsgruppe, die davon besonders betroffen ist, sind Gastwirte. Die Corona-Verordnung des Landes untersagt den Betrieb von Gaststätten und allen ähnlichen Einrichtungen. Die Wirte plagen daher gerade viele Sorgen.

Auch eine lange Tradition schützt dabei nicht vor Problemen, wie das Beispiel des Stockacher Hotels Fortuna zeigt. „Unsere Familie führt das Hotel mittlerweile in der fünften Generation“, erzählt Inhaberin Sigrid Meßmer. Sie betont: „Die aktuelle Situation mit den durch die Corona-Krise vorgegebenen Einschränkungen des Geschäftsbetriebs macht uns große Sorgen.“ Einerseits sähen sie die unbedingte Aufgabe, beim Schutz vor der Infektion mitzuhelfen, denn die Gesundheit habe oberste Priorität. „Auf der anderen Seite geht es für uns um die Zukunft des Hotels. Der Erhalt der Arbeitsplätze liegt uns sehr am Herzen.“ Sie hielten sich jedenfalls strikt an die geltenden Regelungen.

„Irgendwie wird es weiter gehen, wir müssen positiv bleiben und uns neu einstellen.“ Sigrid Meßmer, Hotel Fortuna
„Irgendwie wird es weiter gehen, wir müssen positiv bleiben und uns neu einstellen.“ Sigrid Meßmer, Hotel Fortuna | Bild: Claudia Ladwig

Derzeit bietet das Hotel Fortuna eine Speisekarte mit Gerichten zum Mitnehmen an. Die Speisenübergabe und die Bezahlung finden dann einzeln im Rezeptionsbereich statt, um den Kontakt so gering wie möglich zu halten. Bedrückt sagt Sigrid Meßmer: „Im Moment sieht es für die Branche eher düster aus.“ Doch sie sagt auch: „Irgendwie wird es weiter gehen, wir müssen positiv bleiben und uns neu einstellen.“

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Auch dem Inhaber des Ringhotels Goldener Ochsen in Stockach treibt die Krise die Sorgenfalten auf die Stirn: „Wirtschaftlich gesehen, ist die Krise für uns katastrophal“, sagt Philipp Gassner: „Das wird uns finanziell noch jahrelang nachhängen.“ Aufgrund seiner Art der Küche kann das Restaurant nur schwer Gerichte ausliefern. Gassner musste bereits einige Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken. Andere bauen Urlaub oder Überstunden ab. Nur er und die Buchhalterin halten derzeit im Ochsen die Stellung.

Bereits vorbereitete Lebensmittel musste weggeworfen werden

Sandra und Jürgen Veeser vom Gasthof „Zum Adler“ im Ortsteil Wahlwies sind angespannt. Die aktuelle Lage bringt ihren über 300 Jahre alten Betrieb an seine Grenzen. Im Moment ruht der Hotel- und Gaststättenbetrieb. Von den zehn Mitarbeitern ist niemand im Haus, Kurzarbeit ist angesagt. Wie lange diese Situation bestehen bleibt, ist unklar. „Den Hotelbetrieb dürften wir aufrechterhalten, aber wir haben derzeit keine Anfragen“, erzählt Sandra Veeser. Und Speisen zum Mitnehmen anzubieten, lohne sich nicht, in Wahlwies gebe es keine Nachfrage. Die Frau von Koch Jürgen Veeser beschreibt ihre Lage: „Wir hatten gleich am Anfang den großen Verlust, als wir aufhören mussten, ohne darauf hingearbeitet zu haben.“ Die meist vorbereiteten Lebensmittel dürften nicht weitergegeben, sondern müssten weggeworfen werden.

Ihre Hauptbeschäftigung liege gerade im Ausfüllen von Formularen, dem Schreiben von Verlustlisten, Gesprächen mit Behörden, dem Steuerberater und der Bank. „Die angekündigten Überbrückungshilfen müssen wir ja wie andere Kredite auch wieder zurückzahlen“, sagt sie. Doch noch gibt sie sich optimistisch: „Wenn es hieße, morgen dürft ihr wieder, fingen wir direkt wieder an.“

„Wie wir zukünftig klar kommen, wissen wir nicht, aber wir machen das Beste draus.“ Susanne Dietrich, Alt-Stocken
„Wie wir zukünftig klar kommen, wissen wir nicht, aber wir machen das Beste draus.“ Susanne Dietrich, Alt-Stocken | Bild: Constanze Wyneken

Das Alt-Stocken in der Stockacher Oberstadt gehört ebenfalls zur Gruppe der Gaststätten mit Abholservice. Diesen gibt es täglich außer Montag, sowohl abends als auch mittags. Zum Glück, sagt Susanne Dietrich, habe das Lokal keine Angestellten – es arbeiten dort sie selbst und ihr Mann Ludger Dietrich, der allein in der Küche steht. Einen relativ optimistischen Eindruck macht Susanne Dietrich und betont auch, wie dankbar sie ist für die finanzielle Hilfe, die von der IHK angeboten wird, und dafür, dass ihr sowohl die Stadtwerke als auch das Finanzamt die Zahlungen stunden: „Wie wir zukünftig klar kommen, wissen wir nicht, aber wir machen das Beste draus. Die Leute brauchen ja schließlich was zu essen.“

Außer-Haus-Verkauf zur Schadensbegrenzung

Ähnlich positiv zeigt sich auch Boris Graf von der Nellenburger Talstation, obgleich er die Maßnahme Außer-Haus-Verkauf auch eher als Schadensbegrenzung und gleichsam als Neuland bezeichnet. Die in Aussicht gestellten staatlichen Hilfen, nehmen ihm etwas Sorge. Boris Graf, für den die Devise „Gemeinsam durch die schlechte Zeit“ lautet, freut sich zudem sehr über Aufmunterung und Unterstützung seiner Gäste: „Von Andreas Auer bekamen wir zum Beispiel Seespringerle geschenkt, die wir den Bestellungen beilegen konnten – eine ganz liebe Geste der Solidarität.“

Tupperdose statt Teller: Boris Graf, Wirt der Nellenburger Talstation, bietet seinen Gästen einen Abholservice an. Der Restaurantbetrieb ...
Tupperdose statt Teller: Boris Graf, Wirt der Nellenburger Talstation, bietet seinen Gästen einen Abholservice an. Der Restaurantbetrieb muss geschlossen bleiben. | Bild: Talstation

Auch der Gasthof Löwen im Ortsteil Raithaslach bietet unter dem Eindruck der Krise erstmals Außer-Haus-Verkauf an. Es hatte dort sogar spontan eine Umfrage gegeben, was die Gäste gerne auf der Speisekarte hätten, sodass nur Gerichte angeboten werden, die auch wirklich gut laufen. Jetzt, wo der normale Restaurant- und Cateringbetrieb weggefallen sei, komme es besonders auf die Mund-Propaganda an, sagt Harald Uhrenbacher, Eigentümer des Löwen.

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Beim Schönenberger Hof in Nenzingen laufen gerade Bauarbeiten. Die Geschäftsführer Stefan und Sascha Baumann sind dabei, alle Gästezimmer zu renovieren. Diese Umbaumaßnahmen waren lange geplant und bedeuten viele Investitionen. Im Restaurantbetrieb ist es dagegen deutlich ruhiger als sonst, weil rund 80 Essen für Schule, Kindergarten und Hort wegfallen. Das Pflegeheim in Orsingen wird weiterhin mit Essen versorgt.

Auch Familie Baumann bietet einen Mitnahme-Service an. Täglich außer montags stehen mittags für zwei Stunden und abends für anderthalb Stunden sieben Gerichte zur Auswahl auf der Karte. Um den Kontakt mit den Gästen so gering wie möglich zu halten, finden die Speisenübergabe und Bezahlung dann direkt am Fahrzeug statt. Das Angebot werde sehr gut angenommen, berichten die Brüder.

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Das Personal ist auf die vier fest angestellten Mitarbeiter geschrumpft. Für sie wird jetzt Kurzarbeitergeld beantragt. „Wir haben normalerweise 20 Aushilfen, die ein bis zwei Mal pro Woche kommen und geringfügig beschäftigt sind. Die sind jetzt alle daheim und verdienen nichts“, erklären die Geschäftsführer. Sie hoffen, dass diese Mitarbeiter und auch die Gäste dem Schönenberger Hof treu bleiben und nach der überstandenen Krise weiter zu ihnen halten. Wann es weitergehe, sei unklar.