Die Idee wurde zum Beginn der Fasnacht 1985 Wirklichkeit: Sophie Schubert, damals noch Kabusreuther, trat an Dreikönig im Bürgerhaus Adler Post zum ersten Mal als d‘Nelleburgere auf, die im Dialekt Ereignisse bedichtet und kommentiert. „Ich habe d‘Nellenburgere geschaffen, weil der Dialekt langsam verschwunden ist. Er darf nicht aussterben“, sagt die heute 85-Jährige.
Wie der Name entstanden ist
Sie sei mit dem Blick auf die Nellenburg aufgewachsen, habe hin und her überlegt, wie sie ihre Figur nennen möchte und sich dafür entschieden. Sie sei auch Mitglied bei der Fasnachtsgliederung der Alt-Stockacherinnen und wollte beides voneinander getrennt halten. Sie habe ihre Gedichte so geschrieben wie man schwätze und in Versform „gestupft“, wenn etwas in der Stadt los war.

Vorstellung in Versform
Dies ist ein Teil der Verse, mit denen sich Sophie Schubert 1985 als d‘Nelleburgere vorgestellt hat:
Vu de Nelleburg obe ka i viel sähne,
wenn i lueg weit nab is Tal,
i sieh‘ de See und Hegauer däne,
au d‘Alpesitze i großer Zahl.
(...)
I bin scho lang unter d‘Versmacher gange,
in alemannisch, unserer Mottersproch.
A d‘Efflenlichkeit hon i denkt mit Bange,
doch etzt frog‘ i numme denoch.
Als Nelleburgere mach‘ i de Afang heit,
mechts Läbe heiter und kritisch säe,
aber it nu während der Fasnachtszeit,
auch unterm Johr soll‘s d‘Nelleburgere gäe.
Bei der Fasnachtseröffnung 1985 verlas sie außerdem diese Verse:
D‘Stockemer Fasnet dommer heit aschugge,
mit Fackelumzug und Musik und
nämed duet deswäge mucke,
ufe‘führt wird manch‘ luschtigs Stück.
Die diesjährig Fasnet ischt räecht kurz,
do moß mer halt schneller busiere
und a de Nagel hänge de Schurz,
damit mer ko Zeit duet veliere.
Machet d‘Fasnetschränk und -kischte off,
richted s‘Häs und gond maschgere wie immer,
denn dehom vesured mer wie en Tropf,
d‘Fasnet macht mer it im Zimmer.
Den Dialekt erhalten und Gutes tun
Sophie Schubert sammelte auch Spenden für verschiedene Zwecke und erlangte immer größere Bekannt- und Beliebtheit in der Stadt. „Ich war bekannt wie ein bunter Hund“, sagt sie lachend. „Die Leute kamen immer, wenn ich Geld für etwas gesammelt habe.“ Sie erinnert sich noch, dass sie bei ihrer ersten Aktion für einen Brunnen 215 D-Mark reingeorgelt habe. „Es war damals sehr kalt und ich stand im Eingang der Volksbank.“

Sie habe immer mitgewirkt, wenn etwas war, erzählt sie im Rückblick auf die vergangenen Jahrzehnte und weit über die 80er-Jahre hinaus. Sie sei rund zehn Jahre lang eine Vorlese-Oma an der Goldäckerschule und habe einen Beutel für das Narrengericht genäht, damit zu überreichende Geschenke nicht mehr in einer Plastiktüte stecken mussten. Außerdem machte sie später bei einer Studie der Uni Konstanz zum Thema Dialekt mit. „Ich wollte den Dialekt erhalten und Gutes tun“, fasst Sophie Schubert zusammen. „Es war mir immer wichtig zu helfen.“
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