Eigentlich hatte er noch viel vor und wollte Stockach weitere fünf Jahre lang im Gemeinderat mitgestalten. Doch mitten in den Vorbereitungen für die anstehenden Kommunalwahlen verstarb am vergangenen Donnerstag ganz plötzlich und unerwartet Stadtrat Joachim Kramer an Herzversagen. Über viele Jahrzehnte hat der 68-Jährige die Stockacher Kommunalpolitik mitgeprägt, zuletzt als Fraktionsvorsitzender der SPD im Gemeinderat.

Für die Sozialdemokraten stand er auch bei der jetzt anstehenden Wahl wieder auf Listenplatz eins. Entsprechend tief sitzt der Schock bei Klaus Delisle, dem Vorsitzenden der Stockacher Sozialdemokraten und langjährigen Weggefährten Kramers. „Joachim und ich sind miteinander aufgewachsen. Er war einer meiner engsten Freunde“, sagt Delisle wenige Tage nach Kramers Tod.

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Er hat die Stadt nachhaltig mitgeprägt

In seinen mehr als drei Jahrzehnten im Gemeinderat konnte Kramer bei vielen Entscheidungen mitwirken, die die Stadt geprägt haben. Für ihn selbst war eines der bedeutendsten Projekte die Umsiedlung der Firma Contraves, der er zwar selbst am Anfang kritisch gegenüber gestanden sei. Rückblickend habe es sich aber als gute Entscheidung erwiesen, bilanzierte Joachim Kramer erst vor wenigen Monaten in einem Gespräch mit dem SÜDKURIER. Auf dem ehemaligen Firmengelände von Contraves ist inzwischen ein neues Wohnquartier entstanden.

Wahlkampf vor dem Schuhgeschäft: In den Wochen vor der Kommunalwahl war der Stand der SPD immer wieder an Samstagen vor dem Laden von ...
Wahlkampf vor dem Schuhgeschäft: In den Wochen vor der Kommunalwahl war der Stand der SPD immer wieder an Samstagen vor dem Laden von Joachim Kramer zu finden. | Bild: IMG_6023.JPG

Gründungsmitglied der Jungsozialisten

Verdient gemacht hat sich Kramer indes auch um die Sozialdemokratie in Stockach, wie Klaus Delisle betont. Gemeinsam hatten die beiden Schulfreunde im Jahr 1972 eine Jungsozialistengruppe in Stockach gegründet. Die Freundschaft blieb, auch als Kramer Stockach verließ, um in Tübingen und Budapest studieren zu gehen. Dort lernte Kramer seine spätere Frau kennen, berichtet Delisle.

Doch die Liebe zu seiner Heimatstadt war für den gebürtigen Stockacher Joachim Kramer ebenfalls immer groß. So kehrte er nach erfolgreichem Studienabschluss mit seiner Frau nach Stockach zurück, stieg ins elterliche Schuhgeschäft ein und gründete hier seine Familie. Mitte der 1980er Jahre übernahm er den Laden seiner Eltern, berichtet seine Tochter Anna im Gespräch mit dem SÜDKURIER.

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Eigentlich habe er geplant, das Geschäft im kommenden Frühjahr zu schließen und in den Ruhestand zu gehen, erzählt Anna Kramer. Jetzt ist das Geschäft schon früher geschlossen. Wie es nach dem Tod des Firmeninhabers weitergeht, stehe noch nicht fest.

Leidenschaft für seinen Beruf und den Sport

„Wenn er im Geschäft mal eine Stunde freihatte, konnte man ihn oft im Hallenbad oder im Freibad antreffen“, sagt Klaus Delisle über seinen sportbegeisterten Freund. Der habe nicht nur ein Herz für das Schwimmen gehabt, sondern auch für den VfR Stockach, bei dem Kramer schon in seiner Jugendzeit aktiv war.

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Tochter Anna berichtet, dass ihr Vater viel gelesen und gerne Konzerte besucht habe. „Er war ein total geradliniger Mensch. Herzensgut, hilfsbereit, bescheiden und sozial“, sagt Anna Kramer. Privat wie geschäftlich habe sich Kramer stets durch große Verlässlichkeit ausgezeichnet. „Er war diskussionsfreudig und hat immer auch über den Tellerrand hinaus geschaut“, so Klaus Delisle. Wer regelmäßig die Sitzungen des Stockacher Gemeinderats verfolgte, konnte ihn als unaufgeregten Pragmatiker wahrnehmen.

Bestürzung auch im Rathaus

Auch im Rathaus ist man über den plötzlichen Tod des Lokalpolitikers erschüttert. „Die Nachricht über den Tod von Herrn Kramer kam für uns unerwartet und wir sind alle zutiefst erschüttert und fassungslos“, betont Bürgermeisterin Susen Katter gegenüber dem SÜDKURIER. 30 Jahre lang habe Kramer im Stadtrat mit viel Leidenschaft sowie Sachverstand mitgewirkt.

„Er wird im Stadtrat merklich fehlen und eine große Lücke hinterlassen. In diesen schweren Stunden sind unsere Gedanken und unser tiefes Mitgefühl bei seiner Familie und Angehörigen. Für sein Wirken sind wir als Stadt Herrn Kramer zum Dank verpflichtet und werden sein Andenken in Ehren bewahren“, so Katter.

Trauerfeier auf dem Loreto-Friedhof

Seine Stimme wird in Stockach fehlen, so viel steht fest. Davon ist auch Klaus Delisle überzeugt. „Der Tod von Joachim reißt ein Loch, das nicht leicht zu stopfen sein wird“, betont er. Am Montag, 17. Juni, um 11 Uhr findet die Trauerfeier für Joachim Kramer auf dem Stockacher Loreto-Friedhof statt.