Es geht vor allem ums Geld: Einem wohl schon länger bestehenden Nachbarschaftsstreit im Raum Stockach ist jüngst vor dem Stockacher Amtsgericht zumindest ein vorläufiges Ende gesetzt worden. Auf der Anklagebank sitzt bei der Verhandlung eine 67-jährige Frau. Ihr wird von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, im September 2024 in einem Mehrfamilienhaus ihrer Nachbarin im Treppenhaus gegen die Brust gestoßen zu haben, sodass diese stürzte. Die Geschädigte habe dadurch starke Schmerzen erlitten. Die Frau ist daher wegen Körperverletzung angeklagt.
Verhandelt wird, weil die Angeklagte Einspruch gegen den Strafbefehl erhoben hatte. Sie will sich allerdings nicht zur Sache äußern. Die Geschädigte, die auch als Nebenklägerin auftritt, schildert den Vorfall im September 2024 hingegen als Höhepunkt eines schon länger währenden Streits mit der Nachbarin. Dieser sei so schlimm geworden, dass sie die Wohnung inzwischen verkauft hat und umzieht.
Unvermittelt auf die Treppe gestoßen
Die 58-jährige Geschädigte sagt bei der Verhandlung aus, dass sie an dem Abend im September 2024 von ihrer Wohnung zu ihrem Mann und ihrem Enkel nach draußen gehen wollte. Als sie schon fast an der Haustür war, sei diese von außen geöffnet worden. Die Angeklagte habe einen Schritt in den Hausflur gemacht und dabei böse geschaut. Dann habe sie die Geschädigte unvermittelt mit der flachen Hand gegen die Brust gestoßen, sodass diese nach hinten auf die Treppe fiel.
Gesagt habe die Nachbarin nichts. Beim Versuch, sich abzustützen, habe sich die Geschädigte an einem Finger der linken Hand verletzt. Zudem sei sie mit dem Steißbein auf den Treppenstufen aufgekommen. Sie spricht von „höllischen Schmerzen“.
Noch heute Probleme mit dem Steißbein
Die Angeklagte habe dann an ihr vorbei in ihre Wohnung flüchten wollen. Die Geschädigte habe gerufen, dass sie stehen bleiben soll dass sie die Polizei verständigen werde. Das habe die Angeklagte aber ignoriert, habe sie weggedrückt und sei an ihr vorbei in die Wohnung verschwunden. Kurz darauf sei der Ehemann der Geschädigten gekommen und habe auf ihr Bitten hin die Polizei gerufen.
Danach sei es auf Anraten des Polizisten ins Krankenhaus gegangen, wo eine Prellung des Steißbeins festgestellt wurde. Weil die Schmerzen auch Tage später nicht weggegangen, sondern schlimmer geworden seien, habe es weitere Untersuchungen gegeben.
Schließlich sei ein Bruch am Steißbein festgestellt worden. Das belegen Untersuchungsberichte, die Richterin Melina Michalski auszugsweise vorliest. Fünf Monate lang habe die 59-Jährige starke Schmerzen gehabt. Selbst heute noch habe sie Probleme, wenn sie lange sitzen müsse.
Probleme in Eigentümergemeinschaft als Grund für Angriff
Was aus den Ausführungen der Geschädigten nicht hervorging, war, wie es zu der Situation überhaupt kommen konnte. Erst auf mehrmalige Nachfrage von Richterin und Staatsanwalt ergibt sich ein Bild: Zwischen der Familie der Geschädigten und der der Angeklagten herrscht wohl schon länger Streit. Sie befinden sich in einer Eigentümergemeinschaft, in der es immer wieder Probleme, etwa wegen Geldfragen, gebe.
Die Angeklagte sei auch zuvor mehrmals gegenüber der Geschädigten ausfällig gewesen. Inzwischen habe die Familie der Nebenklägerin die Wohnung verkauft, weil die Situation mit der Nachbarin nicht mehr auszuhalten gewesen sei. Der Auszug stehe kurz bevor, so die Geschädigte. Kontakt zur Angeklagten habe es seit dem Vorfall keinen mehr gegeben. Auch der Mann der Geschädigten ist als Zeuge geladen und bestätigt im Wesentlichen die Ausführungen seiner Ehefrau.
Nach langem Hin und Her wird Verfahren eingestellt
Zuletzt sollte der Mann der Angeklagten als Zeuge gehört werden. Dazu entbrannte aber bei Gericht die Frage, ob es für die Angeklagte nicht sinnvoller sei, den Einspruch gegen den Strafbefehl zurückzunehmen. Richterin Michalski betonte, dass, sollte sie ein Urteil fällen, dieses höher ausfallen werde, als der im Strafbefehl geforderte Betrag.
Daraufhin zogen sich die Angeklagte und ihr Verteidiger zur Beratung zurück. Letztlich schlug der Nebenklägervertreter eine Einstellung des Verfahrens gegen eine Zahlung von 2000 Euro Schmerzensgeld an die Geschädigte vor. Daran schloss sich die Staatsanwaltschaft an. Die Angeklagte akzeptierte diesen Vorschlag. Der Staatsanwalt betonte, dass er hoffe, so einen Schlussstrich unter den Nachbarschaftsstreit setzen zu können.