Viele Fragezeichen waren stehen geblieben nach der Gerichtsverhandlung gegen einen 19-Jährigen Mann, der im vergangenen Sommer das Auto seiner Nachbarin mit einem Schlüssel zerkratzt haben soll. „Hier steht Aussage gegen Aussage“, stellte Richterin Julia Elsner nach der Aussage einer 18-jährigen Zeugin fest.
Aus diesem Grund hatte sie eine weitere Beweisaufnahme in dem Fall angeordnet. Nun wurde die Hauptversammlung fortgesetzt. Sie endete mit einem Freispruch nach dem Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“. Denn auch die weiteren Beweise und zwei zusätzliche Zeugenaussagen trugen aus Sicht der Richterin nicht dazu bei, die Schuld des Angeklagten zweifelsfrei zu beweisen.
Das ist passiert: Am 25. Juli hatte der Angeklagte Besuch von einer 18-jährigen Freundin. Gegen 1.45 Uhr nachts wollte diese sich von ihrem Cousin abholen lassen. Der Angeklagte begleitete sie zum vereinbarten Treffpunkt und soll dabei im Vorbeilaufen das Auto der Nachbarin zerkratzt haben, so der Vorwurf.
Nachbarin sagt als Zeugin aus
Besagte Nachbarin war bei der Fortsetzung der Verhandlung als weitere Zeugin geladen. Die Geschädigte berichtete, dass sie am Tag nach der vermeintlichen Tat von der 18-jährigen Zeugin erst auf den Kratzer am Auto aufmerksam gemacht worden sei.
Zweifel an der Glaubwürdigkeit der 18-jährigen schien die Geschädigte nicht zu haben. „Wir hatten immer wieder mal Probleme mit dem Angeklagten. Das war jetzt die Krönung“, sagte sie vor Gericht aus.
Rechtsanwalt zweifelt an der Glaubwürdigkeit
Größer waren die Zweifel auf Seiten von Rechtsanwalt Björn Bilidt. Er hatte beim ersten Verhandlungstermin bereits auf mehrere Ungereimtheiten zwischen der ersten Aussage der Zeugin auf dem Stockacher Polizeirevier und ihren Angaben vor Gericht hingewiesen.
Im Gericht wird ein Chat-Verlauf verlesen
Auch die Zeugenaussage des Polizeibeamten, der die Anzeige aufgenommen hatte und ein inzwischen gesicherter Chat-Verlauf zwischen der Zeugin und dem Angeklagten aus der Nacht in der sich der Vorfall ereignet haben soll, konnten für die Richterin nicht ausreichend Licht ins Dunkel bringen.
Für die Staatsanwältin war indes klar: „Für mich hat die Zeugin nicht den Eindruck gemacht als wollte sie dem Angeklagten etwas anhängen, was er nicht getan hat. Nach dieser Hauptverhandlung ist der Angeklagte meiner Ansicht nach der Tat überführt.“
Im Zweifel für den Angeklagten
Rechtsanwalt Björn Bilidt zeigte sich darüber verärgert. Solange der Grundsatz „In Dubio pro Reo“ (Im Zweifel für den Angeklagten) gelte, könne auf Grundlage der in diesem Prozess erfolgten Beweisaufnahme keine Verurteilung stattfinden.
Das sah auch Richterin Elsner so. Sie betonte indes, dass sie es für durchaus möglich, wenn nicht gar wahrscheinlich halte, dass der Angeklagte schuldig sei, aber die vorhandenen Beweise reichten nicht aus, um alle vernünftigen Zerifel auszuräumen.