Insgesamt 7000 Kilometer neue Radwege will die Landesregierung bis 2030 bauen, um die Voraussetzungen für mehr klimaneutrale Mobilität im Ländle zu schaffen. Das kündigte die Landtagsabgeordnete Dorothea Wehinger (Bündnis90/Die Grünen) Ende des vergangenen Jahres in einer Pressemitteilung an.
Ein wichtiger Lückenschluss im Radwegenetz zwischen den Landkreisen Konstanz und Sigmaringen steckt allerdings seit Jahrzehnten in der Planungsphase fest. Während im Stockacher Raum gerade die Radwegprojekte zwischen Mahlspüren und Windegg sowie zwischen Zoznegg und Mühlweiler durch Fördergelder aus Stuttgart unterstützt werden, scheint es beim Lückenschluss zwischen Hoppetenzell und Mühlweiler augenscheinlich nicht voran zu gehen.
Frust beim ehemaligen Bürgermeister
„Die Planungen für den Radweg zwischen Hoppetenzell und Mühlweiler laufen gefühlt schon seit 30 Jahren. 2017 wurde ein Planfeststellungsverfahren beantragt, aber seither scheint in dieser Sache nichts mehr vorangegangen zu sein“, ärgert sich der ehemalige Bürgermeister von Mühlingen, Manfred Jüppner.
Ihm zufolge wurde das Projekt bereits Anfang/Mitte der 90er-Jahre angestoßen. 1998 sei eine erste Vorplanung vorgestellt worden, berichtet er und fügt hinzu: „Dieses Vorhaben zieht sich jetzt wirklich schon lange hin. Das wundert mich sehr.“
Konkret geht es um eine Lücke im Radwegenetz, die lediglich rund 2700 Meter lang ist und entlang der Bundesstraße 313 zwischen Hoppetenzell und dem Mühlinger Ortsteil Mühlweiler liegt.
Lückenschluss „dringend“ erforderlich
Wie aus dem Erläuterungsbericht zum Planfeststellungsverfahren hervorgeht, seien in den Landkreisen Konstanz und Sigmaringen bereits großräumige Radwegverbindungen ausgewiesen, „die jedoch durchweg im Bereich zwischen Zizenhausen und Mühlingen enden“.
Ein Lückenschluss in diesem Abschnitt sei daher „dringend“ erforderlich, so der Bericht weiter. Warum zieht sich das Verfahren nun also schon über mehrere Jahrzehnte in die Länge?
Da der Radweg entlang einer Bundesstraße führen soll, ist der Bund für den Bau zuständig. Die Verantwortung für das Verfahren liegt damit beim Regierungspräsidium Freiburg (RP). Pressesprecherin Heike Spannagel schreibt auf Nachfrage des SÜDKURIER, dass das Verfahren beim RP eine hohe Priorität habe. Sie verweist aber auf die Herausforderungen aufgrund der geografischen Bedingungen in diesem Streckenabschnitt.
Der geplante Radweg verlaufe entlang der B 313 in einem engen Tal und müsse zudem die Stockacher Aach und die Bahnlinie queren. „Die zunächst angedachten Varianten waren entweder mit erheblichen Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden oder verursachten aufgrund des Querungsbereichs mit der Bahn Sicherheitsbedenken“, nennt Spannagel als Begründung für die lange Planungsphase.

Wie aus den Unterlagen hervorgeht, müssen für den Radweg insgesamt drei Ingenieurbauwerke erstellt werden: Eine Brücke über die Stockacher Aach mit sieben Metern Länge, eine weitere Brücke mit drei Metern Länge über einen Seitenlauf der Stockacher Aach sowie eine Unterführung unter der Bahnlinie hindurch mit einer Länge von rund 31 Metern. Der Radweg soll eine Breite von 2,50 Metern haben.
Der größte Teil des Wegs, rund 1850 Meter, soll direkt entlang der Straße führen. Auf rund 850 Metern Länge müsse er jedoch frei durch das Gelände geführt werden, weil die Straße zu dicht am Flusslauf liege.
Bereits mehrfach seien im Rahmen des Verfahrens Anhörungen von Trägern öffentlicher Belange durchgeführt worden, die eine Anpassung der Streckenführung unter anderem aus Gründen des Naturschutzes notwendig gemacht hätten.
Das alles habe dazu beigetragen, dass sich die Vorplanungen in die Länge gezogen hätten, macht Spannagel deutlich. Hinzu komme, dass die Planunterlagen nach der Offenlage im Sommer 2017 hinsichtlich des Landschaftspflegerischen Begleitplans überarbeitet werden mussten, schreibt Spannagel.
Ausgleichsmaßnahmen bremsen das Projekt
Dadurch werde eine Ausgleichsmaßnahme notwendig, die die Neuerstellung eines Wald-/Offenlandbiotops vorsehe. Durch diese Maßnahme seien unter anderem 3200 Quadratmeter an neuen Grundstücksflächen betroffen, die in der ursprünglichen Planung bisher nicht berücksichtigt worden seien. Dadurch sei eine ergänzende Offenlage der Planunterlagen und Anhörung im Sommer 2021 erforderlich geworden.
Derzeit erarbeite der Vorhabenträger, die Singener Außenstelle des Straßenbaureferats Donaueschingen, seine Stellungnahme zu den Anhörungsergebnissen. „Es ist nicht unüblich, dass dieser Vorgang mehrere Monate in Anspruch nehmen kann“, erklärt Spannagel.
Wenn das abgeschlossen sei, könne ein Erörterungstermin anberaumt werden. Einen genauen Zeitplan kann das RP allerdings nicht nennen, „da dies von unterschiedlichen Faktoren abhängt, die im Vorfeld nicht kalkulierbar sind“.
Eine gefährliche Stelle für Radfahrer
Für Manfred Jüppner ist dieses lange Verfahren frustrierend. „Schon als ich noch Bürgermeister war, wurde ich oft darauf angesprochen, wann der Radweg endlich kommt. Irgendwann wusste ich selbst nicht mehr, was ich antworten sollte“, sagt er im Gespräch mit dem SÜDKURIER.
Die sachlichen Argumente könne er zwar nachvollziehen, jedoch würde er sich wünschen, dass das Projekt mit höherer Priorität vorangebracht würde. Er selbst sei auf der Strecke öfters mit dem Fahrrad unterwegs. „Das ist ein gefährliches Stück. Gerade beim Hochfahren wird es einem schnell mulmig“, sagt Jüppner. Größere Unfälle seien ihm in diesem Bereich zwar nicht bekannt, „aber ich gehe davon aus, dass das auch daran liegt, dass viele Radfahrer die Strecke einfach von vornherein meiden“.