An vielen Stellen im Stockacher Stadtgebiet und in den Ortsteilen leiden Anwohner unter großem Verkehrslärm. Vor etwa einem Jahr beauftragte der Gemeinderat daher das Büro Modus Consult, einen neuen Lärmaktionsplan aufzustellen, der für die kommenden fünf Jahre gilt. Nun stellte dessen Geschäftsführer Claus Kiener im Gemeinderat ein Zwischenergebnis vor.

Es zeigt, dass in vielen Hauptstraßen der Lärm die Grenzwerte überschreitet. Die Lösung: 40 Maßnahmen mit Tempo 30 und lärmminderndem Asphalt auf etlichen Straßen. Diese sind allerdings erst einmal nur Empfehlungen.

Hier ist es besonders laut

Untersucht wurden in der Lärmkartierung von Modus Consult alle Straßen, die von mehr als 3 Millionen Fahrzeugen pro Jahr befahren werden. Aufgenommen sind daher sämtliche Bundes-, Landes- und Kreisstraßen im Stadtgebiet und den Teilorten. Das Büro analysierte für jedes Haus in diesem Gebiet, wie stark die Anwohner dort zu welcher Zeit von Verkehrslärm betroffen sind.

Die Bewertung der Lärmbelastung und welche Folgen sie hat, wurde aufgrund unterschiedlicher Grenzwerte nach Tag und Nacht vorgenommen. So liegt ab Werten von 65 Dezibel tagsüber (55 nachts) ein Einschreiten im Ermessen. Ab 67 (57) Dezibel besteht eine grundsätzliche Pflicht zur Anordnung, ab 70 (60) Dezibel ist die grundrechtliche Schwelle zur Gesundheitsgefährdung überschritten und Maßnahmen werden Pflicht.

Diese Möglichkeiten hat die Stadt

Als Lösung stehen einerseits bauliche Maßnahmen wie lärmmindernder Fahrbahnbelag, Schallschutzwände und Schallschutzfenster zur Verfügung, andererseits verkehrsrechtliche Maßnahmen wie Geschwindigkeitsbeschränkungen. Da Schallschutzwände im Stadtgebiet laut Claus Kiener kaum möglich sind und Fenster für Eigentümer teuer und daher unbeliebt sind, bleiben nur die anderen beiden Optionen.

Neuer Asphalt käme erst auf die Straßen, wenn ohnehin deren nächste Sanierung ansteht. Eine Reduzierung der Geschwindigkeit von 50 auf 30 Kilometer würde laut Kiener eine Reduktion um 2,5 Dezibel bringen.

Hier könnte Tempo 30 kommen

Tempo 30 tags und nachts empfiehlt er einerseits für die großen Durchfahrtsstraßen in der Stockacher Kernstadt, aber auch für viele Ortsdurchfahrten. Dabei habe man aber Rücksicht auf den Busverkehr genommen. Insgesamt sind alle betroffenen Strecken zusammengenommen rund elf Kilometer lang.

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Der längste Einzelabschnitt, für den Kiener eine Geschwindigkeitsreduzierung vorschlägt, betrifft die Bundesstraße 313 in der Ortsdurchfahrt von Zizenhausen. Neben dem stellenweisen Einbau von lärmminderndem Fahrbahnbelag wird auf knapp zwei Kilometern Länge eine Temporeduzierung auf 30 Kilometer pro Stunde vorgeschlagen. Auch in der Kernstadt könnte der Verkehr auf der B313 und der L194 in Zukunft in weiten Teilen langsamer fließen.

Bis auf Mahlspüren im Hegau, Raithaslach, Seelfingen und Ursaul werden auch für alle Ortsteile zumindest auf Teilabschnitten entsprechende Maßnahmen vorgeschlagen.

Ruhige Gebiete im Aachpark und bei der Kniebreche

Neben Vorschlägen zur Lärmminderung sind auch sogenannte ruhige Gebiete ausgewiesen, in denen sich die Bürger ohne den Einfluss von schädlichem Lärm im Freien aufhalten können. Laut Kiener ist nicht genau definiert, was ein ruhiges Gebiet ist. In Frage kommen Naturschutzgebiete, Landschaftsschutzgebiete, Parks, Spazierwege, Promenaden, Wälder und Naherholungsgebiete im Stadtgebiet. Diese müssten nicht absolut leise sein, aber leiser als Straßen. In Stockach sind dafür das Gebiet vom Aachpark und der Bereich Kniebreche/Dietsche vorgesehen.

Räte befürchten Stau und Folgen für West-Umfahrung

Claus Kiener stellte auf Nachfrage einiger Räte klar, dass es sich vorerst um unverbindliche Vorschläge handelt, die erst noch mit anderen Behörden wie dem Landratsamt und dem Regierungspräsidium abgestimmt werden müssten. „Am Ende hat der Gemeinderat noch einmal die Entscheidungshoheit über jede Maßnahme“, sagte er.

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Christoph Stetter und Martin Bosch (beide CDU) befürchteten, durch Tempo 30 könnte es zu mehr Stau im Stadtgebiet kommen. „So kriegen wir doch ein Verkehrschaos“, sagte Bosch. Kiener entgegnete jedoch, dass Studien das Gegenteil zeigten. So würde Tempo 30 oft zu einem zwar langsameren, aber dafür stetigeren Verkehrsfluss und damit auch weniger Stau führen.

Sollte der Verkehr tatsächlich flüssiger durch die Stadt laufen, befürchteten Martin Bosch und Wolf-Dieter Karle (FW) jedoch Folgen für die Realisierung der West-Umfahrung. Karle forderte: „Solange wir die West-Umfahrung nicht haben, sollten wir nicht über Tempo 30 reden.“ Kiener erklärte jedoch, dass der fünfjährige Lärmaktionsplan keine Auswirkungen auf langfristige Projekte habe.

Wie geht es weiter?

Am Ende stimmte der Gemeinderat einstimmig für die öffentliche Auslage des Lärmaktionsplans. Bis zum 7. März können Bürger und Träger öffentlicher Belange nun Stellungnahmen abgeben. Erst danach stimmt der Gemeinderat dann über die Maßnahmen tatsächlich ab.

Alle Maßnahmen im Überblick:

In der Kernstadt geht es um folgende Straßen:

  • B14/Tuttlinger Straße: Vom B313-Kreisverkehr bis zum Mühlenweg Tempo 30 und lärmmindernder Asphalt auf 150 Metern Länge.
  • B31/Goethestraße: Von Gaswerkstraße bis Kreisverkehr L194 auf 175 Metern lärmmindernder Fahrbahnbelag sowie vom B313-Kreisverkehr bis L194-Kreisverkehr auf 310 Metern Tempo 30.
  • B31/Ludwigshafener Straße: L194-Kreisverkehr bis Waldstraße auf 140 Metern lärmmindernder Fahrbahnbelag, von Am Hermannsberg bis Dietsche auf 430 Metern lärmmindernder Fahrbahnbelag sowie vom L194-Kreisverkehr bis Am Hermannsberg auf 510 Metern Tempo 30.
  • B313/Heinrich-Fahr-Straße: Von der B31-Ampel bis Aachenstraße auf 500 Metern Tempo 30.
  • B313/Meßkircher Straße: Von Aachenstraße bis Höhe Sportplatz Hindelwangen auf 1200 Metern lärmmindernder Asphalt und Tempo 30.
  • B313/Radolfzeller Straße: Von B313/L194-Kreisverkehr bis B31-Ampel lärmmindernder Asphalt und Tempo 30.
  • Aachen-/Stabelstraße: Von B313-Kreisverkehr bis L194/Stadtwall auf 500 Metern lärmmindernder Asphalt und Tempo 30.
  • Hägerweg: Auf 440 Metern lärmmindernder Asphalt.
  • Winterspürer Straße: Vom Jahnweg bis Tuttlinger Straße auf 270 Metern lärmmindernder Asphalt.
  • K6180/Tuttlinger Straße: Von Zoznegger Straße bis Conradin-Kreutzer-Straße auf 270 Metern lärmmindernder Asphalt sowie bis zum Lugoweg auf 560 Metern Tempo 30
  • K6180/Zoznegger Straße: Von Tuttlinger Straße bis Heideweg auf 850 Metern lärmmindernder Asphalt sowie von der Höhenstraße bis Haus 60 auf 210 Metern Tempo 30.
  • L194/Dill-/Goethstraße und Stadtwall: Vom B31-Kreisverkehr bis L194-Kreisverkehr auf 920 Metern Tempo 30 und lärmmindernder Asphalt.
  • L194/Winterspürer Straße: Vom L194-Kreisverkehr bis Am Osterholz auf 280 Metern Tempo 30 und lärmmindernder Asphalt.
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In den Ortsteilen geht es um folgende Straßen:

  • B313/Hoppetenzell: Von Schorenweg bis Ortstafel/Nord auf 300 Metern lärmmindernder Asphalt sowie von Höhe Brehalden bis Ortstafel/Nord auf 730 Metern Tempo 30.
  • B14/Windegg: Von Windegger Straße bis Tuttlinger Straße Nummer 141 auf 370 Metern lärmmindernder Fahrbahnbelag.
  • B313/Zizenhausen: Von Meßkircher Straße 101 bis Ortstafel/Nord Tempos 30 und lärmmindernder Asphalt auf zwei Kilometern, danach bis Hubweg 81 Tempo 50.
  • L194/ Mahlspüren im Tal: Ortstafel West bis Rahneggstraße auf 450 Metern lärmmindernder Asphalt sowie von Höhe Brücke Mahlspürer Aach bis Rahneggstraße auf 410 Metern Tempo 30.
  • L194/Winterspüren: Von Höhe Bebauung Untere Weinhalde bis Höhe Lichtberghalle auf 930 Metern lärmmindernder Asphalt sowie von Linzgauer Straße 10 bis Am Lichtberg auf 460 Metern Tempo 30.
  • B34/Espasingen: Von K6102 Espasinger Straße bis B313 Riedstraße auf 210 Metern Tempo 30 und lärmmindernder Asphalt.
  • B313/Espasingen: Von Bündtstraße bis Zielstraße 28 auf 520 Metern Tempo 30 und lärmmindernder Asphalt.
  • K6165/Wahlwies: Von Stahringer Straße (nach Bahnübergang) bis Leonhardstraße 63 auf 840 Metern lärmmindernder Asphalt.