Dreißig Jahre lang konnte Rainer Stolz an der Spitze der Stadtverwaltung die Geschicke Stockachs und seiner Teilorte mitbestimmen. Und in dieser Zeit hat sich viel getan. Einer, der fast von Anfang an dabei war und diese Entwicklung Stockachs ganz eng mit begleitet hat, ist Wolf-Dieter Karle von der Freien Wählervereinigung. Er sitzt seit 1994 im Stockacher Gemeinderat und zeigt sich im Rückblick besonders beeindruckt von der wirtschaftlichen Entwicklung, die Stockach unter Bürgermeister Rainer Stolz durchgemacht hat.

Die Wirtschaft floriert

„Wir konnten Stockach in den vergangenen 30 Jahren zu einem nachgefragten Wirtschaftsstandort im Landkreis Konstanz entwickeln“, sagt Karle. Egal ob es um das Industriegebiet Hardt, das Gewerbegebiet Himmelreich oder das interkommunale Gewerbegebiet Blumhof geht. Alle drei sind in seinen Augen zu großen Erfolgsmodellen geworden. „Damit ist es uns gelungen, Arbeitsplätze in der Stadt zu schaffen und die Grundlage für solide Gewerbesteuereinnahmen legen, die es uns ermöglicht haben, zahlreiche Infrastrukturprojekte in der Stadt umzusetzen“, so Karle.

Das Parkhaus am Hägerweg war ein lange gewünschtes Projekt in den 90er-Jahren. Karikaturist Karl Rudigier nahm bei dessen Fertigstellung ...
Das Parkhaus am Hägerweg war ein lange gewünschtes Projekt in den 90er-Jahren. Karikaturist Karl Rudigier nahm bei dessen Fertigstellung die Größe des Betonbaus auf die Schippe. | Bild: Karl Rudigier

Oft habe sich Rainer Stolz hierbei durch Weitsicht ausgezeichnet und seine guten Kontakte zum Städtetag hätten dabei geholfen, viele Projekte umzusetzen. Die Zusammenarbeit beschreibt Karle im Durchschnitt betrachtet als gut. „Wir sind beide sehr kritische Geister. Da kann es auch mal funken. Aber genau das braucht es im politischen Diskurs. Und wir haben immer wieder zusammengefunden“, sagt Karle. Er habe es zudem sehr zu schätzen gewusst, dass Stolz es geschafft habe, die teils raue Streitkultur, die anfangs noch im Gemeinderat geherrscht habe, zu besänftigen.

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Die Zusammenarbeit im Gemeinderat wurde geräuschloser

Letzteres sieht auch SPD-Stadtrat Joachim Kramer so. Er ist, wie Karle, seit Stolz‘ Anfangszeit als Bürgermeister Mitglied des Gemeinderats. Eines der bedeutendsten Projekte der Stolz-Ära ist für ihn die Umsiedlung von Contraves, der er selbst zunächst kritisch gegenüber gestanden sei. „Aber rückblickend hat es sich als gute Entscheidung erwiesen“, sagt Kramer. Auf dem ehemaligen Firmengelände ist inzwischen ein neues Wohnquartier entstanden.

Kreativität war in Stockach schon immer gefragt, wenn irgendwo in der Stadt Lücken entstanden. Das verrät der Blick ins SÜDKURIER-Archiv. Nachdem das alte Forstamt nicht mehr als solches genutzt wurde, fand die Stadtverwaltung hier den richtigen Ort für die Einrichtung eines Kulturzentrums mit Museum, Bücherei und Tourist-Info. In den 1990er-Jahren sah es erst so aus, als ob das Bahnhofsgebäude zu einem Kulturzentrum werden könnte.

Doch trotz konkreter Ideen, über die der SÜDKURIER damals berichtete, schwenkte die Stadtverwaltung um, auf die Lösung, die sich bis heute bewährt hat. Rund 2,5 Millionen Euro hat die Stadt Anfang der 2000er-Jahre, und damit genau in der Zeit, in der Stolz zum ersten mal wiedergewählt wurde, in das Projekt investiert.

Was soll mit dem alten Forstamt passieren? Die Stadt hat eine gute Lösung für das historische Gebäude gefunden. Anders als es der ...
Was soll mit dem alten Forstamt passieren? Die Stadt hat eine gute Lösung für das historische Gebäude gefunden. Anders als es der SÜDKURIER-Karikaturist damals befürchtet hatte. | Bild: Karl Rudigier

Investiert wurde aber auch in weniger glamouröse Projekte, wie etwa der Ausbau der Kläranlage, in den aus der gesamten Verwaltungsgemeinschaft viel Geld geflossen ist – ohne, dass es die Bürgerinnen und Bürger wahrnehmen. Dennoch handelt es sich um wichtige Infrastruktur für die Stadt und ihr Umland.

Das ist auch beim Krankenhaus der Fall. Als in den frühen 2010er-Jahren die Entscheidung anstand, ob Stockach dem Gesundheitsverbund des Landkreises beitreten soll, sprachen sich Gemeinderat und Stadtverwaltung dagegen aus. Inzwischen sind alle kleineren Häuser, wie Radolfzell und Engen, die dem Verbund beigetreten waren, geschlossen. Das Stockacher Krankenhaus gibt es dank seiner Selbständigkeit und der finanziellen Zuschüsse durch die Stadt nach wie vor noch. Wolf-Dieter Karle bilanziert auch das als gemeinsamen Erfolg, auf den Gemeinderat und Bürgermeister gleichermaßen stolz sein können.

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Nicht alles hat funktioniert

Weniger erfolgreich waren die Pläne für die Verzierung des neuen Rißtorf-Kreisels. Er war der dritte Kreisverkehr in Stockach nach dem Linde- und dem ZG-Kreisel. „Auf dem neuen Kreisel möchte Bürgermeister Rainer Stolz den Turm eines Original-U-Boots aufstellen“, hieß es am 15. März 2001 im SÜDKURIER. Die Idee wurde heiß diskutiert. Am Ende landete das U-Boot in Form eines Lenk-Kunstwerks neben der Sparkasse in der Schillerstraße, unweit des Bahnhofs. Dieser hatte über das Seehäsle als Anschluss an den Seehas in der Ära Stolz wieder neue Bedeutung bekommen. Das unterstreicht auch Stockachs Funktion als Mittelzentrum, zu dem die Stadt mit Rainer Stolz als Bürgermeister aufgestiegen ist. Als solches übernimmt die Stadt auch wichtige Funktionen für ihr Umland.

Ein U-Boot-Turm auf dem Rißtorfkreisel? Das hätte sich Rainer Stolz laut SÜDKURIER-Berichten aus den frühen 2000er-Jahren als ...
Ein U-Boot-Turm auf dem Rißtorfkreisel? Das hätte sich Rainer Stolz laut SÜDKURIER-Berichten aus den frühen 2000er-Jahren als Visitenkarte für den Eingang der Stadt gewünscht. Am Ende landete der Stahlkoloss an einer anderen Stelle in der Stadt. | Bild: Karl Rudigier

Weitere Projekte stehen an

Diese und noch viele weitere Projekte wurden in den vergangenen 30 Jahren umgesetzt oder angestoßen. Einige davon, wie der Aachpark, die geplante Oberstadtsanierung oder die Umfahrungen werden die Stadt auch in den kommenden Jahren weiterbeschäftigen und nachhaltig prägen. Auch das Thema Verkehr und ÖPNV gibt noch viel Raum für Entwicklung. „Verkehrstechnisch wird Stockach als Mittelzentrum vom Kreis noch immer recht stiefkindlich behandelt“, sagt Wolf Dieter Karle. Hier gebe es noch einiges an Verbesserungsbedarf.

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Diese Wünsche blieben offen

Natürlich bleiben selbst nach 30 Jahren im Amt auch noch Projekte, die nicht umgesetzt werden konnten. Welche sind das bei Rainer Stolz? „Ich hätte ganz gerne gehabt, dass wir das, was wir mit der Steinbeiß-Hochschule in den Räumen der Stadtwerke Stockach begonnen haben, nämlich einen wissenschaftlichen Ausbildungsgang nach Stockach zu holen, noch weiter ausgebaut hätten. Wir haben ja auch gewisse Verbindungen zur Hochschule in Konstanz über die ETO, die dort eine Professur gestiftet hat. Ich glaube, dass es für so einen Standort, der so technologie-, wirtschafts- und wissenschaftsaffin ist, guttäte, eine dauerhafte Verbindung mit der Wissenschaft zu haben“, sagt Rainer Stolz auf Nachfrage des SÜDKURIER.

Die Belebung der Oberstadt ist ein Thema, das die Stadtverwaltung unter Rainer Stolz schon seit vielen Jahren umtreibt. ...
Die Belebung der Oberstadt ist ein Thema, das die Stadtverwaltung unter Rainer Stolz schon seit vielen Jahren umtreibt. SÜDKURIER-Karikaturist Karl Rudigier hatte seine eigenen Vorstellungen, wie das möglich gemacht werden könnte. | Bild: Karl Rudigier

Deshalb habe er für die Stadt Stockach sehr früh eine Initiative am nördlichen Bodenseeufer unterstützt, die sich zum Ziel gesetzt habe, mehr und höhere wissenschaftliche Abschlüsse auch in Hochschulen und Universitäten durchführen zu können. „Ich wünsche mir, dass man zum Beispiel im Blumhof ein universitäres Institut ansiedeln könnte. Das hätte ich gerne noch gemacht, aber ich bin mir sicher, dass das ein Thema ist, das auch das Interesse meiner Nachfolgerin findet. Ich hätte auch gerne mehr sozialen Wohnungsbau gemacht. Aber bei der Fülle der Aufgaben und angesichts des Kosten- und Preisniveaus aktuell ist dies sehr schwierig“, so Stolz.