Am Grundstücksrand von Andrea und Matthias Koch steht ein Naturdenkmal, eine wunderschöne Kastanie, deren hohe Krone ein ordentliches Stück über die Straße ragt. Unter dem Baum befindet sich eine Bushaltestelle, kurz danach kommt der Bahnübergang. Hier warten also regelmäßig Menschen auf den Bus oder laufen zum Zug, Autofahrer stehen öfter vor den geschlossenen Schranken.

Sie stehen unter der Kastanie, auf der aus Sicherheitsgründen kein Storchennest entstehen darf (von links): Kim Krause ...
Sie stehen unter der Kastanie, auf der aus Sicherheitsgründen kein Storchennest entstehen darf (von links): Kim Krause (Umweltbeauftragter der Stadt Stockach), Matthias Koch, Astrid Wochner, Andrea Koch und Christian Mende. | Bild: Claudia Ladwig

Bisher war das alles unproblematisch, doch im März entdeckte ein Storchenpaar den Baum für sich und begann, in der Krone ein Nest zu bauen. Es wurde entfernt und auch ein zweites Storchenpaar, das im April mit dem Nestbau begann, konnte nicht bleiben. Doch das sorgte nicht nur für Kosten, sondern auch für Aufregung und Kritik. Christian Mende betreut die Störche in der gesamten Verwaltungsgemeinschaft und erklärt die rechtlichen Hintergründe.

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Nest auf Kastanie konnte nicht bleiben

Als sie gesehen hätten, dass Störche ein Nest bauen wollten, hätten sie umgehend mit Christian Mende Kontakt aufgenommen, so Andrea Koch. Der Storchenbetreuer habe festgestellt, dass die Gefahr durch herunterfallendes Material oder gar durch den Absturz des ganzen Nestes zu groß sei – das unfertige Nest musste deshalb weg.

Er kümmerte sich, nahm mit dem Landschaftserhaltungsverband (LEV) Konstanz Kontakt auf und der Wahlwieser Andreas Mauch von der gleichnamigen Firma, die bei Maßnahmen an Storchennestern unterstützt, rückte mit seiner Hebebühne an, um das begonnene Nest abzuräumen. Gleichzeitig wurden oben wenige Äste abgeschnitten, von denen man annahm, dass Störche dort einen nächsten Versuch unternehmen könnten.

Im März kam der Kranwagen von Andreas Mauch zum Einsatz, um das noch unfertige Storchennest oben in der Krone der Kastanie abzuräumen.
Im März kam der Kranwagen von Andreas Mauch zum Einsatz, um das noch unfertige Storchennest oben in der Krone der Kastanie abzuräumen. | Bild: Andrea Koch

Etwa zehn Tage später kamen zwei andere Störche. Einen von ihnen identifizierte Astrid Wochner, die vorwiegend in Wahlwies für Störche zuständig ist, als zwei Jahre alten, im Ort geborenen Jungstorch. Es war sein erster Nestbauversuch, der ebenfalls zum Scheitern verurteilt war. Christian Mende informierte die Stadt Stockach und Andreas Mauch war erneut im Einsatz.

Beschimpfungen von Passanten und Anwohnern

Andrea Koch und ihr Mann Matthias beteuern, sie hätten überhaupt nichts gegen Störche, seien aber in der Verantwortung, dass niemand zu Schaden käme. Dann berichten sie über aufgebrachte Reaktionen verschiedener Anwohner, Passanten und Autofahrer. Einige seien sehr emotional gewesen und hätten sie regelrecht beschimpft, weil sie die Nester entfernt hätten.

Christian Mende betont: „Die schwierige Situation um das Entfernen von Storchennestern ist dem Regierungspräsidium Freiburg, dem Landratsamt, der Stadt Stockach und auch mir bewusst.“ Er setzte sich deshalb mit der höheren Naturschutzbehörde beim Regierungspräsidium Freiburg in Verbindung, um die rechtliche Situation hinsichtlich der Verkehrssicherungspflicht und der Kostenübernahme bei Nestentfernungen und Sicherungsmaßnahmen zu klären.

Wie die rechtliche Lage aussieht

Nach der Mitteilung des Regierungspräsidiums ergibt sich folgende eindeutige Situation, wie Mende erklärt: „Bei unfertigen Nestern, also Nestern im Anfangszustand des Nestbaus, trägt der jeweilige Eigentümer des Baumes oder Hauses die Verkehrssicherungspflicht und auch die Kosten. Bei Nestern auf Strommasten oder E-Dachständern liegen Verkehrssicherungspflicht und Kostenübernahme bei den Netzbetreibern.“

Unfertige Nester könnten ohne Ausnahmegenehmigung des Regierungspräsidiums entfernt werden, jedoch sei immer vorab der jeweils zuständige örtliche Storchenbetreuer zu verständigen, so Christian Mende.

Andreas Mauch musste im März mit der Hebebühne anrücken, um das unfertige Storchennest aus der Krone der Kastanie abzuräumen.
Andreas Mauch musste im März mit der Hebebühne anrücken, um das unfertige Storchennest aus der Krone der Kastanie abzuräumen. | Bild: Andrea Koch

Etwas anders sieht es bei fertigen Nestern aus. Das sind Nester, die schon länger bestehen. Der Storchenbetreuer führt aus: „Müssen solche Storchennester entfernt oder umgesetzt werden, ist in jedem Fall vorab eine rechtzeitige Ausnahmegenehmigung bei der höheren Naturschutzbehörde des Regierungspräsidiums Freiburg zu beantragen. Bei Nestern auf Strommasten ist hierfür der Netzbetreiber zuständig. Bei Storchennestern auf Häusern oder Dächern muss der Hauseigentümer einen entsprechenden Antrag stellen.“

Verkehrssicherungspflicht und Kostenübernahme liegen auch bei fertigen Nestern bei den jeweiligen Eigentümern des Hauses oder Baumes beziehungsweise bei den Netzbetreibern.

Nestsuche ist noch nicht beendet

Für dieses Frühjahr ist die Nistplatzsuche der Störche wohl bald vorbei, doch noch kommen Tiere aus dem Süden zurück und suchen nach geeigneten Stellen. Christian Mende bittet darum, im Zweifel mit ihm oder den beiden anderen Storchenbetreuern der Verwaltungsgemeinschaft in Kontakt zu treten.

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