Immer mehr Menschen wollen genau wissen, wo ihre Lebensmittel herkommen, legen Wert auf kurze Transportwege und schätzen die bäuerliche Landwirtschaft. Gelegenheit, regionale Lebensmittel zu kaufen, bieten neben den mancherorts eingerichteten Hofläden zum Beispiel Verkaufsautomaten. Manch ein Landwirt in der Region organisiert so den Direktvertrieb – und verkauft auch gleich noch Waren von Partnern aus der Region mit. Für die Landwirte bedeutet dieser Vertriebskanal ein zusätzliches Standbein. Drei dieser 24-Stunden-Einkaufsmöglichkeiten im Umfeld von Stockach stellen wir exemplarisch vor.

Mitten in Orsingen befindet sich das rote Milchhäusle der Familie Joos, die allerdings als „Lindenwirts“ viel bekannter ist. Früher, so erklärt die 36-jährige Tochter Julia Kerber, stand hier der Gasthof Linde, die Großeltern hätten ihn noch geführt. „Die Männer der Familie waren die Lindenwirte und wir fanden den Namen toll, denn den Namen Joos gibt es hier oft, die Lindenwirts nur einmal.“

Julia Kerber und ihr Bruder Martin Joos bieten in Orsingen eine große Auswahl frischer Lebensmittel in ihren Automaten an. Inzwischen ...
Julia Kerber und ihr Bruder Martin Joos bieten in Orsingen eine große Auswahl frischer Lebensmittel in ihren Automaten an. Inzwischen steht der dritte Automat für tiefgekühltes Brot und Bauernhofeis. | Bild: Claudia Ladwig

Ihr damals 20-jähriger Bruder Martin übernahm den Hof 2018 und präsentierte der Familie seine Idee eines Milchautomaten, um die Milch ab Hof direkt zu vermarkten. Seit 16 Monaten bieten die Lindenwirts inzwischen im Automaten Milch von knapp 50 Kühen an.

Diese wird jeden Morgen frisch eingefüllt. Kunden können eigene Gefäße zum Abfüllen mitbringen oder Flaschen am Automaten kaufen. „Wir wollten unbedingt Flaschen anbieten, damit auch Vorbeifahrende spontan einkaufen können“, erklärt Martin Joos.

Vom Ei bis hin zum Obst

Sein erstes Projekt als Betriebsleiter wurde stetig erweitert. Die Familie verkauft nur eigene Produkte, Erzeugnisse von befreundeten Landwirten oder Lieferanten sowie des Milchverarbeitungsbetriebs, der die übriggebliebene Milch verwertet.

Es gibt mehrere Käse aus eigener Milch, selbstgemachte Salatsoße und Fruchtaufstrich, Obst von Wolfram Renner aus Wahlwies, Eier von Freilandhühnern der Familie Schubert aus Eckartsbrunn, Wurst- und Fleischprodukte von Bernhorst Koch, Honig von ihrem Lieblingsimker sowie Sahne, Butter, Quark und Joghurt. „Jeden Morgen prüfen wir das Sortiment und füllen auch tagsüber Ware auf“, sagt Julia Kerber.

„Oft gibt es Lob, das baut einen natürlich auf“

Sie sieht Vorteile für beide Seiten: „Der Einkauf ist 24 Stunden lang möglich. Nicht jeder braucht den persönlichen Kontakt. Es geht recht flott, die Ware ist immer frisch und gekühlt.“

Doch es gebe auch Kunden, beispielsweise vom Camping und Ferienpark, die den Kontakt suchen. Martin Joos freut sich darüber: „Die schauen nach den Tieren und ich kann ihnen erklären, wie es läuft. Oft gibt es auch Lob, das baut einen natürlich auf.“

Viele Kunden, die montags Brot bei ihnen kauften, kämen jetzt auch an die Automaten – und Automatenkunden kauften Brot und Hefezopf bei ihnen, berichten die Geschwister. Um ihr Brot jederzeit anbieten zu können, enthält ein dritter Automat nun tiefgefrorenes Brot. Zusätzlich gibt es Eis von Andreas Deyer. Auf dessen Hof hatte Martin Joos seine Ausbildung gemacht.

Wo die Hühner richtig Auslauf haben

Den Lebensmittelautomaten an der Linzgaustraße in Winterspüren gibt es seit drei Jahren. Damals hatten Hannelore und Axel Bertsche beschlossen, für ihren landwirtschaftlichen Betrieb ein weiteres Standbein zu schaffen. Seither halten sie Hühner und verkaufen die Eier direkt an die Endverbraucher.

Weil ihr Hof weit oberhalb des Orts liegt, sind sie froh, dass sie ihren Automaten zentral auf einem Privatgrundstück aufstellen dürfen. „Die Besitzerin schaut bei Problemen auch nach dem Automaten. Manchmal gibt es Bedienungsfehler, aber insgesamt sind wir bestens zufrieden“, sagt Axel Bertsche.

Hannelore und Axel Bertsche stehen inmitten ihrer Hühner. Die entspannt und unaufgeregt wirkenden Tiere haben viel Auslauf und jede ...
Hannelore und Axel Bertsche stehen inmitten ihrer Hühner. Die entspannt und unaufgeregt wirkenden Tiere haben viel Auslauf und jede Woche frisches Grün zum Fressen, weil das Hühnermobil (im Hintergrund) regelmäßig umgesetzt wird. | Bild: Claudia Ladwig

Aktuell haben sie 700 Hühner, bald kommen noch 500 hinzu. Die Tiere werden in Hühnermobilen gehalten, die wöchentlich so umgestellt werden, dass die Hennen stets frisches Grün zum Fressen haben. Ihre Eier legen sie im Wagen in eine dicke Schicht Dinkelspelz.

Von außen entnimmt Hannelore Bertsche diese dann morgens und mittags. Sie werden auf dem Hof durchleuchtet, um Risse auszuschließen, maschinell sortiert und gestempelt und von Hand verpackt. Die Landwirte sind dankbar, dass die Bevölkerung ihr Angebot rege nutzt.

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Außer Eiern bietet der Automat Erfrischungsgetränke, Kakao, Honig eines lokalen Imkers, Wurstdosen vom Wildhof Hildegrund, vakuumierte Wurst und Grillfleisch der Metzgerei Knoll und von einem Überlinger Metzger.

Der Hof von Familie Bertsche liegt außerhalb von Winterspüren, aber ihr Lebensmittelautomat befindet sich an der Durchgangsstraße. Viele ...
Der Hof von Familie Bertsche liegt außerhalb von Winterspüren, aber ihr Lebensmittelautomat befindet sich an der Durchgangsstraße. Viele Vorbeifahrende nutzen das Angebot. | Bild: Claudia Ladwig

Axel Bertsche sagt: „Stammkunden kommen ebenso wie solche, die vom Bodensee über Bonndorf zurückfahren.“ Beide sind sicher, dass das Geschäftsmodell nur so gut funktioniert, weil der Automat an der Durchgangsstraße steht. Wenn sie beim Auffüllen Kunden treffen, bekommen sie häufig positive Rückmeldungen. Das tue ihnen sehr gut, betonen die Eheleute.

Durchgangsstraße ist idealer Standort

Auch Familie Stäbler-Wemmer betreibt zusätzlich zum Eier-Direktverkauf einen Automaten. Er steht in Windegg an der B14. Es sei gar nicht so leicht gewesen, einen geeigneten Standort zu finden, erzählt Martina Stäbler-Wemmer. Aber Gudrun Pfeifer, Inhaberin des Gasthofs Hirschen, habe auf ihrem Grundstück sofort einen Platz zur Verfügung gestellt.

Nudeln, Eier und Honig – das alles bietet der Automat des Madachhofs von Familie Stäbler-Wemmer. Er steht mitten in Windegg. ...
Nudeln, Eier und Honig – das alles bietet der Automat des Madachhofs von Familie Stäbler-Wemmer. Er steht mitten in Windegg. Bezahlt wird bar mit Scheinen oder Münzen, der Automat gibt das Restgeld zurück. | Bild: Claudia Ladwig

Seit anderthalb Jahren fährt Martina Stäbler-Wemmer täglich zwölf Kilometer von ihrem Wohnort, dem Madachhof bei Mühlingen, dorthin, um die Ware aufzufüllen. Sie bietet ihren Kunden verschiedene Sorten Eiernudeln, Eier der Größen S bis XL sowie Frühlingsblütenhonig vom Radolfzeller Imker Christian Grisard an. „Er hat mehrere Bienenvölker auf unseren gut 50 Hektar großen Rapsfeldern stehen“, sagt sie.

Von diesen Rapsfeldern rund um den Madachhof stammt der Frühlingshonig der Familie Stäbler-Wemmer. Für den sorgen mehrere Bienenvölker.
Von diesen Rapsfeldern rund um den Madachhof stammt der Frühlingshonig der Familie Stäbler-Wemmer. Für den sorgen mehrere Bienenvölker. | Bild: Martina Stäbler-Wemmer

Familie Stäbler-Wemmer hält auf ihrem Hof 20.000 Hühner in Bodenhaltung mit überdachtem Auslauf. In allen Produkten steckt daher etwas Madachhof. Sommer- und Waldhonig runden das Angebot ab.

Die Kunden kämen aus Stockach und Hoppetenzell, aber auch auf der Durchfahrt Richtung Tuttlingen hielten viele an. Am Automaten ergäben sich nette Gespräche, sie lerne ihre Kunden kennen und manche kämen auch mal auf dem Hof vorbei, freut sich die Landwirtin.