Schon seit zwei Jahren trifft sich regelmäßig der Runde Tisch Mobilität. Regelmäßig sind bei der Veranstaltung die das Umweltzentrum Stockach zusammen mit dem BUND-Ortsverband Bodman-Ludwigshafen-Stockach organisiert, verschiedene Referenten aus Politik und Ehrenamt zu gast, die über Themen rund um die Mobilität der Zukunft sprechen.
Am vergangenen Dienstagabend fand nun das achte Treffen in dieser Reihe mit insgesamt 15 Teilnehmern statt. Coronabedingt allerdings immer noch virtuell statt live. Hans W. Steisslinger, der Vorsitzende der BUND-Ortsgruppe leitete durch die Veranstaltung, Sabrina Molkenthin, die Leiterin des Umweltzentrums Stockach begrüßte und moderierte ebenfalls.
Wie immer ging es um nachhaltige Mobilitätskonzepte. Das Thema des vergangenen Abends lautete: Kostenfreier Nahverkehr, Radwege, Umgehungsstraßen – Perspektiven und Handlungsmöglichkeiten in der Region. Dazu gab es einen Impulsvortrag von Christoph Erdmenger, dem Leiter der Abteilung für Nachhaltige Mobilität im Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg. Schwerpunkt der Abteilung ist der Klimaschutz im Verkehr und die Verkehrswende in Baden-Württemberg.
Die Quintessenz seines Vortrags war, dass das Bürger-Engagement der Schlüssel zum Erfolg sei. Erdmenger erläuterte anhand von fünf Szenarien, was geschehen müsste, um bis zum Jahr 2030 das im neuen Klimaschutzgesetz (KSG) geforderte Minus von 65 Prozent hinsichtlich des CO2-Ausstoßes zu erreichen.
Es bleiben nur 100 Monate
Er selbst hält dieses Ziel für extrem ambitioniert, jedoch nicht unmöglich, machte er im Vortrag deutlich. Allerdings müsse man sich klar machen, dass es bis 2030 nur noch 100 Monate seien und man wüsste ja, wie schnell eine solche Zeit vorbei geht.
Ganz vorne auf der Liste der Maßnahmen, die laut Erdmenger notwendig sind um die Klimaziele zu erreichen steht die Verdoppelung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Hier sehe es allerdings, so aus, dass jedes Bahnprojekt, das jetzt noch nicht läuft, bis 2030 wohl kaum fertig sein wird. Erdmenger sagte, man brauche darum einen Schub im Busverkehr, schnelle Buslinien, Rufbusse oder Ähnliches.
In der Schweiz gäbe es eine sogenannte Mobilitätsgarantie, die man hier auch erreichen müsste, mit einer Taktung von 30 Minuten oder 15 Minuten in den Städten. Als Finanzierungsidee brachte Erdmenger ein, dass das Parken teurer gemacht werden müsste und jeder PKW-Besitzer durch den Kauf eines Mobilitätspasses die ÖPNV-Fahrkarten subventionieren könnte.
Punkt zwei auf seiner Liste: Jedes dritte Auto müsste klimaneutral fahren. Allerdings liegt der momentane Anteil von E-Autos in Deutschland bei lediglich 1,5 Prozent. Seiner Meinung nach könnte man E-Autos für die Nutzer attraktiver machen, indem man Parkplätze für E-Autos beispielsweise kostenlos macht oder reservierte Parkplätze anbietet. Auch könnten Null-Emissions-Zonen eingerichtet werden.
Auch der Güterverkehr im Fokus
Als dritten Punkt nannte Erdmenger den Güterverkehr, der aktuell 30 bis 40 Prozent der CO2-Emissionen ausmacht. Hier müsste in Zukunft jede dritte Tonne klimaneutral transportiert werden. „Der Löwenanteil wird in unserem Land noch immer mit dem LKW transportiert“, so Erdmenger.
Eine Minderung könnte man durch die Ausweitung der LKW-Maut erreichen, durch die man auch Einnahmen für die Kommunen erzeugen könnte. Beim vierten Punkt, dem Fuß- und Radverkehr müsste laut Erdmenger eine Steigerung erfolgen.
Ihm zufolge müsste jeder zweite Weg zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückgelegt werden. Ein sehr gutes Beispiel hierfür sei die Stadt Tübingen, die das Radnetz Baden-Württemberg sehr gut nutze. Fünfter und Letzter Punkt auf seiner Liste: In den Städten müsste es insgesamt ein Drittel weniger Autoverkehr geben.
Aktuell nehme die Anzahl an Autos jedoch deutlich zu: seit 2015 habe es hier einen Anstieg von 500.000 Autos gegeben. Erdmenger meint, dass die Komfortmerkmale von Autos reduziert und der Straßenraum anders verteilt werden müssten. „Alles in Allem muss jeder viel größere Ambitionen zeigen als bisher“, sagte Erdmenger.
Mehr Tempo beim Carsharing gefordert
Es gehe nämlich nicht darum, dass eine der fünf Maßnahmen umgesetzt würde, sondern alle Maßnahmen müssten gleichzeitig umgesetzt werden. „Darum ist es wichtig, dass jeder schaut, was er selbst tun kann. Es nützt nichts, wenn wir immer nur sagen, dass der Bund etwas tun muss.“ Des Weiteren müssten die Maßnahmen auch über die Grenzen der EU hinaus erfolgen.
Henrike Bischoff vom BUND-Ortsverband Bodman-Ludwigshafen sagte: „Ich verstehe nicht, warum die Menschen nicht mitgehen in unserer Zeitenwende.“ Sie mahnte an, dass die Stadt Stockach viele Maßnahmen blocke und nicht mutig genug für deren Umsetzung sei.
Ein gutes Beispiel hierfür sei, dass es zwischen der Stadt Stockach die für ein Carsharing-System, ein Angebot der Firma Deer (Stadtwerke Calw) eingeholt hat und der Bürgerinitiative, die ebenfalls ein solches System etablieren möchte, noch immer keine Einigung gegeben habe.
Davon berichtete Bernd Rüffer, der Sprecher der Gruppe Carsharing. Er habe einen Vergleich der Angebote angestellt und diesen an Bürgermeister Rainer Stolz gesendet. Eine Antwort stehe bisher noch aus und die Stadt halte sich mit Auskünften auch sehr bedeckt.