Der Auslöser war eine Lappalie: Läuft im Fernsehen einer Stockacher Kneipe ein Bundesligaspiel oder doch das Match zweier italienischer Teams? Diese Frage erhitzte die Gemüter dreier Männer so sehr, dass sie am Ende zu einer Schlägerei mit insgesamt fünf Beteiligten – zwei Tätern und drei Opfern – ausartete. Verhandelt wurden die Folgen des Duells um die TV-Hoheit nun vor dem Amtsgericht Stockach. Denn die Staatsanwaltschaft hatte die beiden Angreifer wegen einfacher sowie wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt.

Der Vorwurf: Laut Anklageschrift sollen die beiden Männer, ein 63-jähriger und ein 48-jähriger Stockacher, am 29. April 2023 ein Bundesligaspiel in einer Stockacher Kneipe angeschaut haben. Als ein 27-jähriger Mann die Bar betrat, fragte er, ob man stattdessen auf die italienische Liga Serie A umschalten könne. Nein, man sei hier in Deutschland und hier laufe eben das deutsche Spiel, habe der 63-Jährige darauf geantwortet.

Angeklagte fühlten sich von Opfer provoziert

Nachdem der Senderwechsel abgelehnt worden war, habe sich der 27-Jährige an einen der Tische gesetzt und das italienische Spiel auf seinem Handy angeschaut – mit eingeschaltetem Ton, sagte er vor Gericht. Zudem ging er hinter den Tresen, um sich einen Aschenbecher zu holen, nachdem er zuvor laut eigener Aussage mehrfach vergeblich nach einem gefragt hatte.

Von diesen beiden Taten fühlten sich die beiden Bundesligafans laut Anklage derart provoziert, dass der 63-Jährige den 27-Jährigen mehrfach mit der Faust gegen Brust und Schulter geboxt sowie anschließend gegen Beine und Genitalien getreten haben soll. Als der junge Mann daraufhin mit seinem Handy die Polizei rufen wollte, soll der 48-jährige Anklagte ihm dieses aus der Hand genommen und ihn gegen den Kopf geschlagen haben.

Gast will helfen – und wird gewürgt

Doch damit nicht genug. Ein weiterer Gast, ein 54 Jahre alter Stockacher, sei dem jungen Mann anschließend zu Hilfe gekommen, indem er den 63-Jährigen wegzerrte und auf eine Eckbank drückte, um ihn von weiteren Schlägen abzuhalten. Daraufhin sei der 48-Jährige Angeklagte wiederum seinem Freund zu Hilfe geeilt, indem er den Eingreifenden von hinten am Hals packte, im Schwitzkasten nach hinten zog und dabei würgte.

Als dessen Freundin ihrem 54-jährigen Partner wiederum helfen wollte, soll der Angeklagten sie weggeschubst haben, wodurch sie zu Boden fiel und sich an der Hand verletzte.

Angeklagte räumen Taten teilweise ein

Während die beiden Angeklagte vor Gericht grundsätzlich einräumten, dass die Aggression von ihnen ausgegangen ist und die Schläge gegen den Oberkörper sowie das Packen im Schwitzkasten stimmen, widersprachen sie den weiteren Vorwürfen. An Tritte gegen Beine und Genitalien konnte sich der 63-Jährige nicht erinnern, nannte den Alkoholpegel von etwa 1,5 Promille als möglichen Grund dafür. „Und allzu schlimm kann‘s es nicht gewesen sein“, sagte er über seine Schläge.

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Der 48-Jährige leugnete, dem ersten Geschädigten das Handy aus der Hand geschlagen zu haben. Zudem habe er den zweiten Geschädigten nur kurz gewürgt und nicht bis dieser blau anlief, wie dessen Freundin aussagte, oder gar das Bewusstsein verlor, was das Opfer selbst aussagte. Es sei lediglich „eine Sache von Sekunden“ gewesen.

Staatsanwaltschaft fordert Freiheitsstrafe

Die Schilderungen des 54-jährigen Geschädigten sowie dessen Freundin, die laut Richterin Rebecca Jenike ohne Belastungseifer, dafür aber sehr glaubhaft vor Gericht aussagten und die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft untermauerten, wurden den beiden Angeklagten jedoch zum Verhängnis.

Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft sah bei beiden Angeklagten den Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung als erfüllt an, da sie gemeinschaftlich gehandelt hätten und durch den Schlag gegen den Kopf und das Würgen bis zur Bewusstlosigkeit lebensgefährlich gehandelt hätten. Sie forderte für den 63-Jährige daher eine Freiheitstrafe von zehn Monaten und für den 48-Jährigen eine von sieben Monaten – jeweils für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt gegen eine Auflage von 2500 Euro.

Lebensgefahr? Verteidiger widersprechen

Die beiden Verteidiger sahen lediglich den Vorwurf der einfachen Körperverletzung als erfüllt an. Laut ihnen liege kein lebensgefährlicher Angriff vor. Auch seien alle Taten getrennt voneinander als verschiedene aufeinander folgende Episoden passiert, und nicht als von vornerein als gemeinschaftlich geplanter Angriff, was für eine gefährliche Körperverletzung Voraussetzung sei.

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Zudem seien der Alkoholpegel der Angeklagten, die fehlenden Vorstrafen und deren weitgehende Geständigkeit strafmildernd zu berücksichtigen. Anwalt Hans-Joachim Bauerle forderte für seinen 63-jährigen Mandaten daher eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 35 Euro, Verteidiger Walter Zeiß für seinen 48-jährigen Mandanten eine Geldbuße von 50 Tagessätzen.

So fiel das Urteil der Richterin aus

Nach einigen Minuten Bedenkzeit fällte Richterin Rebecca Jenike schließlich das Urteil. Sie verurteilte den 63-jährigen Angeklagten wegen der Schläge gegen Brust und Schultern sowie den Tritten wegen einfacher Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 35 Euro. Eine gefährliche Körperverletzung liege nicht vor, da die Angriffe zu harmlos seien und, wie von der Verteidigung argumentiert, kein gemeinschaftliches Handeln vorliege.

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Den 48-Jährigen verurteilte sie dagegen wegen gefährlicher Körperverletzung. Das Würgen bis zur Bewusstlosigkeit sei ein Angriff, der das Leben des Geschädigten gefährdet habe. Daher sei der Tatbestand erfüllt. Sie sprach eine Haftstrafe von sieben Monaten zur Bewährung auf drei Jahre sowie eine Geldauflage von 2000 Euro an das Tierheim Überlingen gegen ihn aus.