Die Sturmböen in eisiger Kälte blasen empfindlich. Heftige Schneeflocken benetzen die Notizblöcke der drei Journalisten und machen den Aufschrieb zur Herausforderung. Es dauert aber nicht lange, bis dass ein gefühltes Aprilwetter im Winter stilgerecht zum Anlass kräftige Sonnenstrahlen den widrigen Bedingungen weichen lässt. Am Rande des Landkreises Konstanz, auf Hegauer Höhen, findet ein beachtlicher Beitrag zur Energiewende statt. Die Stadt Tengen will sie nachhaltig umsetzen. Sie setzt auf regenerative Energie. Partner finden sich zunehmend.

Das Singener Bürgerunternehmen Solarcomplex hat als Projektierer den Windpark im Tengener Stadtteil Wiechs am Randen gebaut. Es betreibt ihn zusammen mit weiteren neun Gesellschafter der Hegauwind, zu der überwiegend regionale Stadt- und Gemeindewerke gehören. Drei weitere Windräder sind auf der Gemarkung Brand geplant. Milan-Horste haben eine Genehmigung bisher verhindert. Solarcomplex-Leiter Bene Müller will in diesem Jahr einen neuen Antrag einreichen und hofft auch auf Lockerungen von behördlich auferlegten Bürden. Nun startet der Bau einer großflächigen Solaranlage beim Tengener Berghof. Er soll im April in Betrieb gehen.

Der Bau der etwa zwei Fußballfelder großen Photovoltaik-Anlage hat begonnen. Sie soll im April in Betrieb genommen werden.
Der Bau der etwa zwei Fußballfelder großen Photovoltaik-Anlage hat begonnen. Sie soll im April in Betrieb genommen werden. | Bild: Bittlingmaier, Albert

Solarcomplex und Berghof-Landwirt Gerhard Weber treten als Investoren und Betreiber der Photovoltaik-Freianlage auf. Sie investieren zusammen drei Millionen Euro, die möglichst schnell wieder durch die Energiegewinnung zurückfließen sollen. Nach Berechnung von Müller werden Module auf einer Fläche der Größe von etwa zwei Fußballfeldern auf Webers Acker jährlich rund vier Millionen Kilowattstunden Strom produzieren. In einem Umkreis von nur wenigen Kilometern erzeugen auch zwei Landwirte, einer direkt unterhalb des Berghofes, durch Biogasanlagen regenerative Energie. „Wir rechnen mit einer Lebensdauer der Solaranlage von 25 bis 30 Jahren“, erklärt Bene Müller zum Baustart. Der starke Wind pfeift in Eiseskälte.

Vom neuen Solarpark Berghof aus sind am Horizont die Windräder von Wiechs am Randen zu sehen. Sie befinden sich nur wenige Kilometer ...
Vom neuen Solarpark Berghof aus sind am Horizont die Windräder von Wiechs am Randen zu sehen. Sie befinden sich nur wenige Kilometer entfernt. | Bild: Bittlingmaier, Albert

„Die Modulreihen werden nicht nach Süden, sondern nach Ost und West ausgerichtet. Dadurch ist der absolute Ertrag etwas geringer, aber die Erzeugung passt besser zum Lastprofil des Abnehmers und sorgt dadurch für höhere Vermarktungserlöse“, erklärt Müller. Abnehmer ist ein Friedrichshafener Großunternehmen. „Wir wollen die Chance der rechtlichen Möglichkeit nutzen, auf dem freien Markt zu agieren. Bisher wurden regenerative Energien, wie Solar, über die sogenannte EEG-Umlage vergütet“, schildert Müller.

Gerhard Weber bewertet die Investition und den Betrieb der Solaranlage als konsequente Fortsetzung seiner landwirtschaftlichen Unternehmensphilosophie. Er hat schon vor einigen Jahren den Berghof auf einen Bio-Betrieb umgestellt. Haupterwerb ist eine Pferdepension. Nun kann er mit dem weiteren Geschäftszweig einen Beitrag für eine saubere Umwelt leisten. „Wir bewirtschaften etwa 30 Hektar Acker- und 100 Hektar Grünland. Die 3,2 Hektar Fläche, die wir für den Gewinn von erneuerbarer Energie zur Verfügung stellen, können wir gut verkraften“, betont Weber.

Unterhalb des Berghofes befindet sich am Ortstrand von Tengen eine große Biogasanlage, im Hintergrund sind am Horizont die drei ...
Unterhalb des Berghofes befindet sich am Ortstrand von Tengen eine große Biogasanlage, im Hintergrund sind am Horizont die drei Windräder von Wiechs am Randen zu sehen. | Bild: Bittlingmaier, Albert

Nach der Ablehnung der geplanten Windkraftanlagen Brand oberhalb des Tengener Stadtteils Watterdingen durch das Landratsamt Konstanz will Bene Müller mit der Firma Solarcomplex im laufenden Jahr einen erneuten Bauantrag stellen. Milan-Horste, die sich auf der Gemarkung befinden, hatten bisher die Zustimmung für den Bau verhindert. „Wenn wir den neuen Antrag stellen, muss neu kartiert werden. Wir hoffen auch darauf, dass politischen Versprechen Taten folgen und die komplizierten, langwierigen Genehmigungsverfahren vereinfacht und verkürzt werden“, betont Müller.

„Die Stadt Tengen will einen großen Beitrag für den Ausbau von erneuerbaren Energien leisten. In dieser Sparte hinken das Land Baden-Württemberg und insbesondere der Landkreis Konstanz deutlich hinterher“, sagt Bürgermeister Marian Schreier. Der Gemeinderat habe den Bau der Solaranlage deshalb zügig auf den Weg gebracht. Im Gegensatz zu den rechtlich privilegierten Windkraft-Anlagen müssen bei den Solarfeldern die Städten und Gemeinden die baurechtlichen Voraussetzungen schaffen. „Die Photovoltaik-Anlage beim Berghof sehen wir als ersten Schritt. Wir wollen weitere Solar-Freiflächen einrichten“, bekundet Schreier.