Von einem ansehnlichen Mitgliederzuwachs von knapp 30 auf über 50 Mitglieder berichtete der FDP-Kreisvorsitzende Martin Gruber dem SÜDKURIER. Und wer am Montagabend in die „Krone“ nach Krauchenwies gekommen war, der musste Glück haben, noch einen Platz zu bekommen. Das Thema „Verkehrspolitik“ war angekündigt. Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Digitales und Verkehr, Michael Theurer, musste leider absagen. Als Vertretung kam der junge Bundestagsabgeordnete Valentin Abel. Bei der AG Verkehr der FDP-Bundestagsfraktion ist er für den Bahnverkehr und den ÖPNV zuständig.
Elektrifizierung ein Trauerspiel
Dass in Deutschland erst 61 Prozent der Bahnstrecken elektrifiziert sind, das ist für den Liberalen ein Trauerspiel. In Europa bewege man sich damit im Mittelfeld, und das sei nicht akzeptabel. Im Koalitionsvertrag werden 75 Prozent in absehbarer Zeit gefordert. Bei vielen Bahnprojekten sei der ländliche Raum noch immer benachteiligt. Das liege auch am Nutzen-Kostenverhältnis, wo man noch immer zu sehr auf die Effizienz schaue. „Bislang waren immer die Fahrgastzahlen für einen Ausbau ausschlaggebend, aber das kann so nicht weitergehen. Man muss schließlich auch den Klimaschutz berücksichtigen“, kritisierte der junge Liberale, der sich vollkommen ohne Redemanuskript den Zuhörern stellte. Das große Ziel, die Fahrgastzahlen der Bahn zu verdoppeln, müsse konsequent angegangen werden.
Geforderte Fahrgastzahlen senken
Meßkirchs Bürgermeister Arne Zwick („Ich bin zusammen mit Sauldorf jetzt auch Bahnbesitzer“) machte deutlich: „Bei uns bringen wir die Massen nicht in die Bahn“. Die geforderten Fahrgastzahlen müssten im ländlichen Bereich deutlich gesenkt werden. Im Herbst erwarte man die Machbarkeitsstudie für die Ablachtal-Bahn.
Vielleicht bringe auch das 9-Euro-Ticket neue Erkenntnisse, hofft Abel. Für ihn führt kein Weg am Ausbau des ÖPNV vorbei. „Wir müssen da aber breiter denken und bedarfsgerechte Dienste anbieten“, forderte er. Mit einer App steuerbare Rufbusse und spezielle Shuttles als Zubringer zu den Buslinien kann er sich da vorstellen. Das könnte in Gegenden wie dem Landkreis Sigmaringen, wo es noch immer weiße Flecken auf der Mobilfunklandkarte gibt, allerdings schwierig werden. Da die FDP in der Bundesregierung nicht nur für den Verkehr, sondern auch die Digitalisierung zuständig ist, sind die Erwartungen natürlich hoch.
Versäumnisse in der Vergangenheit
Doch egal, was angegangen werden soll, für Valentin Abel gibt es einen großen Hemmschuh: das Planungswesen. Das sei dermaßen von Bürokratie durchsetzt, dass Planungen oft viele Jahre bis zur Fertigstellung eines Projektes dauern. Und das gelte nicht nur für die Bahn. Die vielen maroden Straßenbrücken, fehlende Notfallpläne und eine allgemein „auf Kante genähte“ Verkehrsinfrastruktur seien Dinge, die man sofort und konsequent angehen müsse. Die Versäumnisse der Vergangenheit holten jetzt die Gegenwart ein. Mit Geld alleine könne man nicht alles machen. Verkürzte und effiziente Planungswege müssen möglichst schnell installiert werden.
Undogmatisches Vorgehen gefordert
Bürgermeister Jochen Spieß aus Krauchenwies kennt die Problematik bestens. „Wir leben seit Jahrzehnten mit dem Verkehr der Bundesstraße B 311. Wir bitten und betteln, dass geplant wird, doch die Bürokratie ist grausam“, klagte er sein Leid und forderte ein undogmatisches Vorgehen bei Planungen.
Zuhörer Matthias Boden aus Stetten a.k.M. beschäftigst sich schon länger mit dem Thema Bahn und macht jetzt sogar die Ausbildung zum ehrenamtlichen Lokführer auf der Räuberbahn von Pfullendorf nach Aulendorf. Für ihn hat die Privatisierung der Bahn wenig gebracht. Die Betriebsqualität sei noch immer „unter aller Sau“. Derzeit werde Infrastruktur aufgebaut, die man vor Jahren abgebaut habe.
Ökonomisierung nicht an erster Stelle
Valentin Abel machte deutlich, dass die FDP mehr Wettbewerb auf der Schiene wolle. Für die Liberalen sei ein Nebeneinander von mehreren Anbietern von der Infrastruktur her möglich. Aber: „Die Ökonomisierung darf nicht an erster Stelle stehen.“ Die Betriebsqualität sie wichtiger.