Einen Wechsel gab es an der Spitze der IG Metall (IGM) Albstadt. Die Delegierten der Gewerkschaft wählten Nicole Platzdasch zur neuen Chefin der Albstädter Geschäftsstelle, die auch für die Betriebe im Kreis Sigmaringen zuständig ist. Die 35 Jahre alte Sozialökonomin war bisher 2. Bevollmächtigte und Kassiererin. Das Amt der Kassiererin hat sie weiterhin inne. Der 59 Jahre alte Michael Föst, der bisherige Chef der IG Metall Albstadt war, wechselte mit Wirkung zum 1. April in die Gewerkschaftszentrale nach Frankfurt am Main. Dort wird er zwei Jahre lang als interner Berater den Geschäftsstellen der IGM etwa bei regionalen Projekten zur Seite stehen. Danach wird er in den passiven Teil seiner Altersteilzeit wechseln.

Diese Vereinbarung hatte Roman Zitzelsperger, bis Januar Bezirksleiter der IGM in Baden-Württemberg, in die Wege geleitet, wie Michael Föst am Freitag vergangener Woche bei einem Pressegespräch in der IGM-Geschäftsstelle in Albstadt sagte. Föst, der in Balingen wohnt, kann sich vorstellen, dass er einen Teil seiner Arbeit im Homeoffice erledigen kann. Wie sein beruflicher Alltag genau aussehen werde, werde noch geregelt.

Erinnerungen an Alno und Mahle

27 Jahre stand Föst an der Spitze der IGM Albstadt. 2007 war er zum 2. Bevollmächtigten gewählt worden, ab 2018 war er 1. Bevollmächtigter. Seit 1. Mai 1997 ist er hauptberuflich in der Gewerkschaft aktiv. Auf die SÜDKURIER-Frage nach den Höhen und Tiefen seiner Arbeit bei der IGM fallen ihm sofort die Firmennamen Alno und Mahle ein. Ein schwieriges Thema sei für ihn die Entwicklung des Pfullendorfer Küchenmöbelbauers Alno gewesen. Nach der zweiten Insolvenz war das Pfullendorfer Traditionsunternehmen im Jahr 2021 aufgelöst worden. Alno ist jetzt eine Eigenmarke und gehört zur KHG-Gruppe. Seit dem Frühjahr des Jahres 2022 werden Alno-Küchen für die KHG-Gruppe von Häcker gefertigt. Der Küchenmöbelbauer Häcker beschäftigt nach eigenen Angaben rund 2000 Mitarbeitende. Der Firmensitz ist in Rödinghausen in Nordrhein-Westfalen. Zu Spitzenzeiten beschäftigte Alno rund 1500 Menschen. Juristisch ist das Thema Alno Pfullendorf bis heute noch nicht abgeschlossen. Im August vergangenen Jahres war bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft Stuttgart angesichts der Alno-Pleite im Jahr 2017 gegen neun Personen Anklage erhebt, unter anderem wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppung bis hin zu Betrug. Für Michael Föst ist das Thema Alno seit 2021 abgeschlossen.

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Viel positiver blickt Föst auf die bisherige Geschichte des Mahle-Werks mit 450 Arbeitsplätzen in der Gemeinde Leibertingen. Denn zunächst war, wie er sagt, die IG Metall von der Konzernleitung als Hemmschuh angesehen worden. Die Bindung an einen Tarifvertrag sei hinderlich für den Bau des Leibertinger Werks für Nockenwellen. Denn dieser schloss Samstagsarbeit aus. Doch im Leibertinger Werk sollte 24 Stunden an sieben Tagen die Woche produziert werden. Die im Jahr 2000 mögliche Einigung mit der IG Metall bezeichnet Michael Föst als Erfolgsmodell. Denn nach der Einigung mit der Gewerkschaft konnte die Nockenwellen-Produktion rund um die Uhr laufen. Nach der Vereinbarung mit der Gewerkschaft müssen die Beschäftigten im Leibertinger Mahle-Werk nur 34 Stunden arbeiten, bekommen aber 35 bezahlt. Und nach sechs Tagen Arbeiten gibt es vier freie Tage. Aktuell würde wegen rückläufiger Aufträge nicht mehr 24 Stunden an sieben Tagen die Woche produziert, so Föst. Wegen des Aus von Verbrennermotoren befinde sich der Mahle-Konzern derzeit in einem Transformationsprozess, so der langjährige Gewerkschaftschef.

Es sei ihre Aufgabe, solche Veränderungen in den Industriebetrieben in der Region weiter zu begleiten, beschrieb Nicole Platzdasch während des Pressegesprächs. Sie setzt darauf, dass sich Beschäftigte in den Firmen für ihre eigenen Interessen stark machen und etwa einen Betriebsrat wählen. Von außen einen Betriebsrat zu fordern, hält sie nicht für zielführend. Darin ist sie sich mit Michael Föst einig. Gemeinsam mit den Beschäftigten wolle sie die Zukunft der Arbeitswelt mitgestalten.

In diesem Zusammenhang sieht sie es auch als ein wichtiges Signal, dass die Delegierten Ralf Popp, Vize-Betriebsratschef beim Medizintechnikhersteller Aesculap, zum ehrenamtlichen 2. Bevollmächtigten wählten. Und eine weitere Personalie: Gerald Müller, bisher 2. Bevollmächtigter der IGM Reutlingen-Tübingen, wird neuer Gewerkschaftssekretär der IGM Albstadt.