Manuela Biselli jongliert Familie, Beruf und Ehrenamt. Während Hund Amy schnüffelnd vorauseilt, beantwortet die 40-Jährige über eine spezielle App für Gehörlose eine Frage der Person, die sie betreut. Manuela hält kurz inne, tippt die Nachricht zu Ende und blickt dann auf. Sie lächelt freundlich und wirkt zufrieden. Zufrieden mit ihrem Leben, in dem sie anderen hilft, selbst wenn das bedeutet, dass sie manchmal ihre eigenen Grenzen weit verschiebt. Manuela ist tagsüber Beraterin für den Pflegestützpunkt des Landkreises Sigmaringen, nach der Arbeit ehrenamtlich rechtliche Betreuerin für hilfsbedürftige Menschen und zwischendurch Mutter und Ehefrau.

Selbstbestimmtes Leben

Manuela lebt mit ihrer Familie in Leibertingen. Sie arbeitet in Mengen für den Pflegestützpunkt, einer neutralen Anlaufstelle für Fragen rund um das Thema Pflege. Ihre Tage sind durchgetaktet. Doch ihre Hilfsbereitschaft endet nicht am Schreibtisch. „Viele glauben, dass es nur ums Waschen und Essen geht, aber es steckt viel mehr dahinter“, erklärt sie. „Es geht um Einsamkeit, Hilflosigkeit – manchmal einfach nur um fehlende Information.“

Vor etwa einem Jahr entschied sich die Beraterin, auch außerhalb ihres Berufs Verantwortung zu übernehmen: als ehrenamtliche rechtliche Betreuerin. Der Anstoß kam durch einen Einführungskurs in die rechtliche Betreuung des Betreuungsvereins SKM Sigmaringen. Der SKM Sigmaringen setzt sich dafür ein, dass Menschen mit Krankheit, Behinderung oder im Alter ihr Leben weiterhin möglichst selbstbestimmt gestalten können.

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Der SKM sucht dringend Helfer. 2035 wird jeder vierte Bewohner 65 Jahre und älter sein. „Da habe ich mich ins kalte Wasser gestürzt“, sagt sie. Heute betreut Manuela zwei sehr unterschiedliche Fälle: Eine ältere Dame im Pflegeheim und eine jüngere Frau, die taub ist. Sie organisiert Arzttermine, füllt Formulare aus, verwaltet Vermögen. Besonders die Lebensumstände der jüngeren Frau stellen sie vor komplexe Entscheidungen. „Man wächst daran, auch persönlich und wer weiß, wann man das Wissen einmal für sich benötigt. Am Anfang dachte ich oft: Schaffe ich das überhaupt? Wo fange ich an? Doch dank guter Unterstützung durch den Betreuungsverein ging ich es Schritt für Schritt an.“

Sie ist die Hauptverdienerin

Es lohnt sich laut Manuela. Vor allem, weil man den Menschen Würde und Selbstbestimmung zurückgeben kann. Doch wie schafft sie das neben ihrem Beruf und einer Familie mit zwei kleinen Kindern? Das würde ohne ihren Mann und ihre Familie nicht gehen, sagt sie. Bei Bisellis sind die Rollen vertauscht: Sie ist die Hauptverdienerin, ihr Mann übernimmt den Haushalt und die Kinder. Ein Modell, das nicht überall sofort verstanden wurde. Aber Manuela winkt ab: „Die Leute kennen ja nicht unsere Situation. Wichtig ist doch, dass es für uns gut funktioniert.“

17 Jahre in der Altenpflege

Ihr Weg in die Beratungsaufgaben begann über Umwege: Sie lernte zuerst Kinderpflegerin. Dann machte sie eine Ausbildung als Pflegefachkraft, zusätzlich Fachkraft für Gerontopsychiatrie. Insgesamt arbeitete sie dann 17 Jahre zuerst in der stationären dann in der ambulanten Pflege. Aber durch die körperlichen Anstrengungen als Altenpflegerin merkte sie, dass ihr Körper Grenzen hatte. Rückenprobleme zwangen sie zum Umdenken. Es folgt eine Weiterbildung zur Pflegeberaterin (§¦7a Sozialgesetzbuch¦XI). Doch die Schicksale jener Menschen, die in ihrem Büro Rat suchten, ließen sie nicht mehr los. „Was passiert mit Menschen, die ganz allein sind und niemanden haben?“

Familie hat Priorität

Ihre Grenzen hat Manuela klar definiert. Die Familie steht an erster Stelle. Wenn das Ehrenamt die Zeit mit ihrer Familie einschränken würde, dann würde sie die Reißleine ziehen. Trotz des zusätzlichen Aufwands empfindet Manuela die Tätigkeit als große Bereicherung. „Die Menschen vertrauen mir – das bedeutet mir sehr viel.“

Zurück auf dem Feldweg zieht Amy ungeduldig an der Leine. Manuela schmunzelt, lässt das Handy in der Jackentasche verschwinden und blickt in die Landschaft hinaus. Sie atmet tief durch. Dann zieht Amy wieder, Manuela folgt ihr – hinein ins Dorf, hinein in ihr Leben, das anderen Halt gibt.