Wegen Trunkenheit im Verkehr ist ein 31-jähriger Mann vor dem Amtsgericht Sigmaringen unter Vorsitz von Richterin Elisabetta Carbotta angeklagt. Der Mann bestreitet jedoch vehement, am Steuer seines Wagens gesessen zu haben. Das Fahrzeug war am 20. Januar in der Ablachstraße in Meßkirch unter einen Balkon gesteuert worden und war dort hängengeblieben.
Einspruch gegen Strafbefehl
Das Amtsgericht Sigmaringen hatte gegen den Angeklagten, der auch Halter des Unfallwagens ist, wegen Trunkenheit im Verkehr einen Strafbefehl erlassen. Gegen diesen hatte der Angeklagte mit seinem Anwalt Einspruch erhoben. Aus der von Staatsanwalt Markus Engel verlesenen Anklage ging hervor, dass der Unfall gegen 4 Uhr morgens passiert ist. Der 31-Jährige war im winterlichen Schneetreiben von der Fahrbahn abgekommen und direkt unter dem Balkon eines Wohnhaus gelandet. Die Wohnungsinhaberin war aufgewacht und hatte mit Hilfe ihrer Tochter die Polizei von dem Unfall verständigt.
Stunden später noch 1,8 Promille
Als die Polizeibeamten an die Unfallstelle kamen, trafen sie dort den Fahrzeughalter an und veranlassten zwei Blutproben bei ihm, die um 8 Uhr einen Blutalkoholgehalt von 1,89 Promille und um 8.30 Uhr von 1,83 Promille ergaben. Der Angeklagte machte in der Verhandlung von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch, wollte aber auch keine Angaben darüber machen, wer mit seinem Auto gefahren sei und wo er sich selber zum Zeitpunkt des Unfalls aufgehalten habe.
81-Jährige wacht von Bremsgeräuschen auf
Die als Zeugin geladene Wohnungsinhaberin berichtete dem Gericht, dass sie kurz vor 4 Uhr vom Bremsen eines Autos aufgewacht sei. „Ich bin dann ans Fenster gegangen und habe meinen Augen nicht getraut, denn das Auto steckte bis zur Windschutzscheibe unter meinem Balkon", berichtete die 81-Jährige. "Ich habe dann genau hingeschaut, was los ist, und das Gesicht des Fahrers erkannt." Der Fahrer habe immer wieder versucht das Auto anzulassen und wegzufahren. Dann sei er aus gestiegen, habe mehrere Zigaretten geraucht und sie gefragt: „Wo ist das Problem?“ Auf die Frage von Staatsanwalt Engel bestätigte die 81-Jährige ausdrücklich, dass der Angeklagte auch der Unfallfahrer gewesen sei.
Tochter alarmiert die Polizei
Die zu Hilfe gerufene Tochter der Wohnungsinhaberin berichtete dem Gericht, dass sie sofort nach dem Anruf ihrer Mutter die Polizei verständigt habe und wenige Minuten später zur Mutter gefahren sei, um diese zu beruhigen. Sie bestätigte dem Gericht auch, dass sie von ihrer Mutter zwischen 4.30 und 4.45 Uhr angerufen worden sei. Das Unfallauto habe sie nur gesehen, weil ihre Mutter das Licht im Wohnzimmer eingeschaltet habe. Damit sei es auch möglich, jemand zu erkennen, der direkt am Geländer vom Balkon stehe. Altersbedingte Einschränkungen habe sie bisher bei ihrer Mutter nicht feststellen können. Ihre Mutter sei jedoch ein wenig nervös gewesen. Bei ihrer Fahrt zur Mutter habe sie einmal umdrehen müssen und dabei nur einen Menschen auf der Straße gehen gesehen.
Die beiden Polizeibeamten, die den Unfall aufgenommen und die Blutprobe veranlasst hatten, standen wegen Urlaub und Krankheit nicht als Zeugen zur Verfügung.
Verteidiger: Autobesitzer ist selbst nicht gefahren
Der Verteidiger des Angeklagten wies das Gericht darauf hin, dass sein Mandant nach dem Unfall als Halter zur Unfallstelle gekommen sei. Die Aussage der Wohnungsinhaberin sei etwas verwirrend. Mit Blick auf die schlechten Lichtverhältnisse an der Unfallstelle (eine Straßenlaterne gibt es nicht) beantragte der Verteidiger zum Beweis der Tatsache, dass man dabei die Gesichtszüge des Fahrers nicht habe erkennen können, die Hinzuziehung eines Licht-Sachverständigen. Die von der Polizei gemachten Fotos würden nämlich zur Ausleuchtung der Unfallstelle nichts hergeben.
Darüber hinaus beantragte der Verteidiger eine Vor-Ort-Besichtigung der Unfallstelle durch das Gericht sowie für den nächsten Termin die erneute Ladung der beiden Polizeibeamten als Zeugen. Eindringlich wies der Anwalt auch darauf hin, dass sein Mandant zwar keine Aussage mache, doch nachdem ihm der Fahrer vom Unfall verständigt habe, sei der zu Fuß zur Unfallstelle gekommen. Daher gehe es einfach um die Frage, wer gefahren sei.
Staatsanwalt lehnt Lichtsachverständigen ab
Staatsanwalt Engel lehnte die Hinzuziehung eines Lichtsachverständigen ab, weil sie gänzlich ungeeignet sei. Es gebe dafür viele Unwägbarkeiten, wie zum Bespiel das Nachstellen vom Schneetreiben in der Unfallnacht. Zugleich wies der Ankläger auf die Aussage der Zeugin hin, die klipp und klar gesagt habe, dass sie den Angeklagten gesehen habe. Es wäre jedoch hilfreich, wenn der Angeklagte dem Gericht sagen würde, wo er zum Unfallzeitpunkt gewesen war. Einer weiteren Verhandlung mit den beiden Polizeibeamten als Zeugen stimmte er zu.
Richterin: Fortsetzungstermin mit Polizisten
Richterin Carbotta verkündete, dass sie die Anträge auf Hinzuziehung eines Sachverständigen und auf eine In-Augenscheinnahme der Unfallstelle abgelehnt, weil sie als Beweismittel ungeeignet seien. Es sei nicht möglich, die genauen Lichtverhältnisse mit dem Schneetreiben vom Tat-Tag nachzustellen. In einem zweiten Beschluss verkündete Richterin Carbotta für die Fortsetzung der Hauptverhandlung als neuen Termin den 13. August 2018 um 13.30 Uhr. Dazu sind auch die beiden Polizeibeamten als Zeugen geladen.