Stefanie Lorenz

Die schlechten Nachrichten kamen am Dienstag aus Berlin, die guten aus Meßkirch. Während der Deutsche Bauernverband eine Erntebilanz für 2020 mit unterdurchschnittlichen Erträgen vorlegte, gab es beim Pressegespräch des Verbands Biberach-Sigmaringen auf dem Hof von Johannes Hopp in Meßkirch durchaus zufriedene Gesichter.

Die Ernte ist geschafft und gut gelaufen. Darüber freuen sich vor einem großen Getreidehaufen auf dem Hopp-Hof (von links): Hubert Hopp ...
Die Ernte ist geschafft und gut gelaufen. Darüber freuen sich vor einem großen Getreidehaufen auf dem Hopp-Hof (von links): Hubert Hopp mit Enkel Felix, Gerhard Glaser, Johannes Hopp, Karl Endriß, Doris Härle, Heinz Scheffold und Niklas Kreeb. | Bild: Stefanie Lorenz

Durchschnittserträge höher als im Vorjahr

„Die Durchschnittserträge sind bei uns etwas höher als im Vorjahr“, zog Kreisobmann Gerhard Glaser Bilanz der Ernte in der Region. Trotz und gerade wegen der schlechten Aussichten im Frühjahr, könne man hier mit einer insgesamt guten Ernte zufrieden sein. Der Deutsche Bauernverband müsse natürlich für das ganze Land sprechen. Die klimatischen Unterschiede zwischen den Anbaugebieten seien oft auch innerhalb nur weniger Kilometer extrem.

Stroh zum Liegen und Futter gibt es für die Kühe von Johannes Hopp.
Stroh zum Liegen und Futter gibt es für die Kühe von Johannes Hopp. | Bild: Stefanie Lorenz

Getreide zeigte Trockenheits-Stresssymptome

Bange hatten die Landwirte im Frühjahr auf die kommende Ernte geblickt. Die vergleichsweise hohen Temperaturen im Winter hatten zuvor schon Anlass zur Sorge gegeben. „Ist der Winter warm, wird der Bauer arm“, besagt eine alte Bauernregel. „Im Idealfall sorgen frostige Temperaturen für eine bessere Bodenstruktur, dezimieren Schädlinge und der Schnee schützt die Winterkulturen vor dem Erfrieren. Der Winter 2019/2020 taugte aber zu all dem nicht“, sagte Gerhard Glaser. Auf den relativ warmen Winter folgte ein trockenes Frühjahr. „Das Getreide zeigte Trockenheits-Stresssymptome und die Sommerkulturen liefen nur sehr verlangsamt auf“, schildert er.

Regen im Juni hat größere Einbußen verhindert

Dazu seien noch Kälteeinbrüche im April und ein kühler Mai gekommen, sodass die Aussichten alles andere als rosig waren. „Die Niederschläge im Juni haben in unserer Region größere Ertragseinbußen verhindert. Für die Wintergerste kamen sie aber mancherorts zu spät“, schilderte Glaser. „Insgesamt sind wir mit einem hellblauen Auge davongekommen“, sagte er.

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Positive Überraschung beim Winterraps

Die Getreide- und Rapsernte ist fast beendet. „Wir konnten in kurzer Zeit große Mengen einfahren“, betonte der Kreisobmann. Das Dreschgut habe aufgrund des stabilen Wetters durchwegs trocken eingefahren werden können. Schon Mitte Juli hatten die Landwirte die Wintergerste geerntet. Hier verzeichnete die Bauern gute Erträge mit rund 85 Dezitonnen pro

Hektar. Bei der Wintergerste war das Ergebnis hingegen durchschnittlich. Positiv überrascht waren die Landwirte von der Entwicklung des Winterraps. „Aufgrund der durch die Frühjahrstrockenheit sehr gedrungenen Wuchshöhe traute dem Raps fast keiner ein vernünftiges Ergebnis zu, doch er schnitt mit rund 44 Dezitonnen pro Hektar ordentlich ab“, bilanzierte Gerhard Glaser. Die Sommerbraugerste erreichte dieses Jahr Erntemengen von im Schnitt 65 Dezitonnen pro Hektar. Hier gibt es aber wegen des durch die
Corona-Krise gesunkenen Absatzes von Bier schwierige Bedingungen bei der Vermarktung.

Gutes Stroh ist gefragt

Sehr ungleich sei wegen der Trockenheit bei der Saat der Hafer in der Region aufgegangen. Der Silo- und Körnermais komme mit hohen Temperaturen gut zurecht. Beim Grünland müssen die Bauern das Mähen immer früher erledigen, um eine gute Qualität einfahren zu können. Gutes Stroh sei gefragt bei den Landwirten, was Johannes Hopp bestätigte. Er benötigt das Stroh zum Beispiel für die Boxen für seine Kühe.

Corona-Gefahr für Familienbetriebe belastend

Die Corona-Krise hatte Auswirkungen auf den Betrieb von Johannes Hopp, indem der Milchpreis einbrach, nachdem die Molkerei Exporte einstellen musste. Karl Endriß, stellvertretender Vorsitzender des Verbands aus Gammertingen, erinnerte daran, dass die Krise mentale Belastungen mit sich gebracht hatte. Die Arbeit und das Betriebs-Risiko seien meist auf die Schultern aller Familienmitglieder verteilt. Es gelte deshalb, mit der Angst zu leben, wie es weitergehen soll, wenn sich einer davon mit Corona anstecken und ausfallen würde. Doris Härle, Vorsitzende der Landfrauen, bedauerte, dass Veranstaltungen der Landfrauen wegen Corona derzeit ausfallen müssen.

Mehr Solidarität gewünscht

Die Verbandsvertreter wünschen sich mehr Solidarität – zum Beispiel, wenn die Landwirte mit ihren großen Maschinen bei der Arbeit sind, wie Kreisgeschäftsführer Niklas Kreeb anmerkte. „Wir stellen die Ernährung sicher“, sagte er. Heinz Scheffold, stellvertretender Vorsitzender aus Bad Buchau, bedauerte, dass es die Politik nicht schaffe, die steuerfreie Risikoausgleichsrücklage zu ermöglichen, bei der sich Landwirte für schlechte Tage etwas auf die Seite legen können.