Die Gesundheitsversorgung in unserem ländlichen Raum treibt viele Bürger um. Die Suche nach einem Hausarzt ist schwierig, für Fachärzte müssen wir weiter fahren und die Zukunft der drei Krankenhausstandorte im Landkreis Sigmaringen bleibt ungewiss.
Hebammen gefunden, Öffnung ungewiss
Die temporäre Schließung der Geburtenstation in Bad Saulgau hat für viel Unmut gesorgt, aber auch gezeigt, dass es sich lohnt zu kämpfen. Dieser Meinung ist SPD-Bundestagswahlkandidat Robin Mesarosch, der sich am Freitag den Fragen der Meßkircher Bürger auf dem Wochenmarkt stellt. Dabei drängt sich vor allem das Thema Gesundheitsversorgung auf. „Wir haben jetzt viele Hebammen gefunden. Das ist ein Erfolg, den niemand hat kommen sehen“, sagt der Kandidat. Er habe die Demonstration in Bad Saulgau gegen die Schließung aktiv mit organisiert. „Ich will keine Textbausteine ablesen und Kugelschreiber verteilen. Ich will mithelfen“, so Mesarosch, der nach 27 Jahren der erste SPD-Kandidat für den Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringen ist. Was nicht heißt, dass der Zollernalbkreis völlig ohne SPD-Vertretung auf Bundesebene ist. Martin Rosemann hat den Einzug über die baden-württembergische Landesliste für den Wahlkreis Tübingen geschafft.
Hausarztsuche ist ein Problem
Martina Mülherr, Fraktionssprecherin der SPD im Gemeinderat Meßkirch, spricht die schwierige Suche nach Hausärzten im ländlichen Raum an. „Die Ärzte finden keinen Nachfolger, neue Ärzte kommen nicht“, fasst sie zusammen. „In Meßkirch werden es immer weniger Hausärzte, droht uns jetzt auch das Krankenhaussterben?“, fragt sie. Unterstützt wird sie von Georg Weißhaupt, der an diesem Morgen auf den Wochenmarkt gekommen ist, um seine Fragen zu stellen.
Medizinische Versorgungszentren als Lösung?
„Was sind ihre konkreten Vorschläge?“, fragt Weißhaupt den Politiker. Mesarosch, sagt, dass die Lösung nicht einfach ist. Die aktuelle Regierung habe bereits das Medizinstudium attraktiver gemacht. Medizinische Ausbildungen werden mittlerweile für das Studium anerkannt. „Allerdings habe ich die Mediziner dann noch nicht in Meßkirch“, sagt Mesarosch. „Die Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) können eine Lösung sein“, sagt der Kandidat. Ein Arzt auf dem Land müsse mehr arbeiten als ein Arzt in der Großstadt.
Auf dem Land müssen Ärzte mehr Dienste leisten
In einem MVZ können sich Ärzte die Not- und Nachtdienste besser aufteilen. Für Medizinerinnen seien Beruf und Familie besser vereinbar. Da inzwischen mehr Frauen als Männer Medizin studieren, sei das ein wichtiger Aspekt. Am Beispiel von Albstadt, wo die Gründung eines solchen Versorgungszentrums gescheitert ist, könne man sehen, dass der Bürokratismus zu hoch und zu widersprüchlich sei. Anreize wie die Finanzierung des Medizinstudiums hätten sich nicht ausgezahlt, kritisiert Mesarosch. Das habe die SRH für den Standort Bad Saulgau sogar versucht: „Am Ende ist der Arzt in eine andere Klinik, die SRH die Kosten für das Studium zurückbezahlt hat“.
Anreize für Ärzte schaffen
Georg Weißhaupt arbeitet als Jugendberufshelfer in Stockach und ist erst vor Kurzem nach Meßkirch gezogen und fragt „Die Bauplatzsuche ist hier schwierig, der Wohnungsmarkt leer. Das ist nicht attraktiv. Welche Anreize könnte die Politik hier schaffen?“. „Für mich zählt das Gesamtpaket mit Verkehr, Wohnort und Schulen. Da muss man ansetzen“, antworte der SPD-Mann. Die Verkehrsproblematik lasse sich aber nicht innerhalb einer Wahlperiode im Wahlkreis verbessern. Als Beispiel nannte er die B 311-neu. „Das sind Sachen, die länger gehen als vier Jahre, egal, wie man sich auf den Kopf stellt“, betont er.
Fachkräfte fehlen in vielen Branchen
Klar wird an diesem Morgen auch: Nicht nur Ärzte und Hebammen fehlen. In vielen Branchen wird es immer schwerer, Fachkräfte für den Landkreis Sigmaringen zu gewinnen. „Es werden auch dringend Ingenieure mit Fachwissen für Glasfasernetze gesucht“, sagt der Politiker.
Robin Mesarosch sieht sich als Mann der Taten
Ganz klar positioniert sich Robin Mesarosch gegen Lobbyismus. „Das brauchen wir nicht“, sagt er. Abgeordnete sollen in seinen Augen offenlegen, mit welchen Unternehmern sie sich treffen. „Es muss besser klappen, dass sich die Mehrheit gegen Einzelinteressen wendet“, sagt er. Dass dies funktionieren kann, habe die Situation am Krankenhaus Bad Saulgau gezeigt. „Die ganze Stadt hat sich gegen diese Schließung gewehrt und zusammengehalten“, sagt er. Über eine gemeinsame Kraftanstrengung konnten Hebammen gefunden werden. Allerdings bezeichnet er das Gebaren der SRH-Klinik als „unmöglich“.

Großer Ärger über SRH-Geschäftsführung
Konkret meint er dabei die Ankündigung der SRH-Geschäftsführung, dass die Qualität der Hebammen überprüft werden müsse und erst dann über eine Öffnung der Geburtenstation Bad Saulgau entschieden werden kann. Das Gemeinwohl müsse wichtiger sei, als das Interessen einzelner Unternehmen. Masoresch erzählt an diesem Tag, dass er, sollte er in den Bundestag gewählt werden, keine Nebeneinkünfte erzielen wolle. Zudem mache er sich für eine Verrechnung von den Diäten mit den Nebeneinkünften stark.
Schlechte Verkehrsanbindung
Claus Ketels von der Projektgruppe „Mobilität“ kritisierte die fehlenden Verkehrsanbindung. Seit Ende des vergangenen Jahres ist Meßkirch an den Regiobus 600 angebunden. Seither können Bürger auch abends noch bis in die Kreisstadt fahren, es gibt eine Anbindung an Behörden und das Krankenhaus. „Wir sind froh über den Regiobus 600. Aber Tatsache ist auch, dass die Bürger vieler kleiner Gemeinden ohne den Schulbus zur ersten Stunde nicht nach Meßkirch kommen“, bemängelte Ketels. Er wünsche sich einen Stundentakt für alle kleinen Landgemeinden im Wahlkreis. „Der Bundestag kann nicht entscheiden wie viele Busse hier fahren“, antwortete Masoresch. Er verwies auf die Idee seiner Partei.
Regionalbahnen sind in einem schlechten Zustand
Die SPD im Bundestag will die Kosten für Bahntickets und Fahrten im öffentlichen Nahverkehr senken. „Dabei setzen wir auf ein 365 Euro-ÖPNV-Ticket“, erklärt er. Damit soll der Bürger mit dem ÖPNV so viel fahren können, wie er wolle. Ketels kritisierte auch den Zustand der Regionalbahnen, die im Landkreis Sigmaringen verkehren: „Ich stelle fest, dass die Züge, die wir kriegen, die allerletzten sind, die die Bahn noch hat“. Über diesen Spruch lachen an diesem Morgen alle anwesenden Bürger, aber es schwingt etwas Zynismus mit. Die Züge sind alle alt, die Ausstattung ist nicht mehr zeitgemäß und das Inventar ist nicht selten demoliert. Toiletten sucht der Bürger vor allem im Landkreis Sigmaringen auf seiner Zugfahrt vergeblich.
Bürgernähe statt Lobbyismus
Ein Bürger der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, sagte, man benötige nicht weitere Politiker in den Großstädten: „Wir brauchen Politiker, die unser Leben hier lebenswert machen“. Der SPD-Politiker verspricht an diesem Freitag für die Bürger da zu sein. Er sei lieber unter den Menschen und bewege mit ihnen etwas gemeinsam. Auf die Frage, ob er sich eine Zusammenarbeit mit den Landtagsabgeordneten anderer Parteien vorstellen kann, antwortet er klar: „Sollte der Landkreis Zollernalb-Sigmaringen drei Bundestagsabgeordnete stellen, dann sehe ich das als Gewinn für die Menschen vor Ort“. Dies gelte auch für die Landtagsabgeordneten im Kreis Sigmaringen. Er plane jeweils ein Wahlkreisbüro in Sigmaringen und Balingen, sollten ihm am 26. September bei der Bundestagswahl genügend Wahlberechtigte ihre Stimme geben.