Denkbar schlecht startet am Dienstagnachmittag die Sonderfahrt der Ablachtalbahn: Der Triebwagen wird vor der Einfahrt von einer Signalstörung im Stockacher Bahnhof ausgebremst. Der Zug muss ein paar Minuten am Bahnübergang warten, dann endlich läuft alles reibungslos.

Sonderfahrt findet im Rahmen der Sommertour statt

Mit Winfried Hermann setzen sich Abgeordnete, Bürgermeister und Gemeinderäte aus den angefahrenen Kommunen in Bewegung. Der Verkehrsminister besucht die Sonderfahrt im Rahmen seiner Sommertour. Der ehrenamtlich erbaute Bahnsteig in Göggingen, der geplante Bau eines Bahnsteigs in Hoppetenzell, die reaktivierte Holzverladung in Schwackenreute und der tägliche Stundentakt stehen dabei im Mittelpunkt.

Seit 2021 betreiben die Stadt Meßkirch und die Gemeinde Sauldorf die Ablachtalbahn zwischen Stockach und Mengen erfolgreich als kommunales Eisenbahninfrastrukturunternehmen. Fast genauso lange schon laufen die Untersuchungen, diese Verbindung für einen stündlichen und schnellen Schienenpersonennahverkehr im täglichen Stundentakt als Querspange zwischen Bodensee und Donau zu reaktivieren.

Nutzen übersteigt Kosten deutlich

„Wir haben eine Machbarkeit von 1,38“, zeigt sich Sauldorfs Bürgermeister Severin Rommeler stolz. Das bedeute, dass der Nutzen die gesamten Investitions- und Betriebskosten um rund 30 Prozent übersteige. Das geht aus einer 2023 in Auftrag gegebenen Machbarkeitsstudie mit Wirtschaftlichkeitsbetrachtung hervor. „Wir wären also förderfähig“, so Rommeler.

Viel los im Triebwagen: Auch für das leibliche Wohl hat das Team der Biberbahn gesorgt.
Viel los im Triebwagen: Auch für das leibliche Wohl hat das Team der Biberbahn gesorgt. | Bild: Tobias Weißert

Schon bald will der Vorsitzende des Fördervereins Ablachtalbahn eine 500.000 Euro teure Nutzen-Kosten-Untersuchung auf seinem Schreibtisch haben: „Dann entscheidet sich, welche der Varianten zwischen Bodensee und Donau reaktiviert wird. Ob wir also nach Sigmaringen oder Meßkirch fahren.“

Eine stündliche Verbindung an den Bodensee wäre für Pendler und Schüler eine enorme Verbesserung, meint Rommeler: „Manche Ortschaften bekämen auf diese Weise erstmals überhaupt eine regelmäßige Nahverkehrsandienung.“

Ende 2025 sollen alle Voraussetzungen erfüllt sein

„Die Daten der detaillierten Infrastrukturplanung und Kostenberechnung fließen dann in die vertiefte und abschließende Nutzen-Kosten-Untersuchung ein, die im ersten Quartal 2026 veröffentlicht wird“, erklärt Bürgermeister Arne Zwick der Stadt Meßkirch.

„Diese Nutzen-Kosten-Untersuchung ist streng nach Vorgaben des Bundesverkehrsministeriums standardisiert“, ergänzte Frank von Meißner, technischer Leiter und Eisenbahnbetriebsleiter. „Wenn auch dort der Nutzen höher ist als die Kosten, dann ist das Projekt volkswirtschaftlich sinnvoll und wir bekommen die großzügigen Investitionskostenzuschüsse, die rund 95 Prozent der Kosten abdecken.“

Feierliche Einweihung des Wartehäuschens in Göggingen (v.l.): Die Zimmerer Jonas und Ottmar Gmeiner, Landtagsabgeordneter Christoph Höh, ...
Feierliche Einweihung des Wartehäuschens in Göggingen (v.l.): Die Zimmerer Jonas und Ottmar Gmeiner, Landtagsabgeordneter Christoph Höh, Sauldorfs Bürgermeister Severin Rommeler sowie Landtagsabgeordneter Klaus Burger. | Bild: Tobias Weißert

Die beiden Betreiberkommunen Sauldorf und Meßkirch setzen alles daran, Ende des Jahres 2025 alle Voraussetzungen für einen Antrag zu einer Bestellgarantie des Landes für den täglichen Stundentakt mit den laufenden Untersuchungen erfüllt zu haben.

„Schön zu sehen, dass Menschen das Projekt vorantreiben“

Verkehrsminister Hermann ist sichtlich angetan von der Begeisterung, die der Ablachtalbahn entgegengebracht wird: „Es ist schön zu sehen, dass es so viele Freunde dieser Bahn gibt und die Menschen das Projekt so vorantreiben.“ Reaktivierungen und der Ausbau von Bahnstrecken mit einem entsprechenden Takt seien ein wesentlicher Baustein für die Verkehrswende, insbesondere auch im ländlichen Raum.

Die Unterstützung seitens der Kommunen und Bewohner sei mit Abstand die größte, die er bisher erlebt habe: „Besonders bei den Bürgermeistern. Gefordert sind jetzt nicht zuletzt die beiden Landkreise.“ Für alle Varianten gebe es gute Voraussetzungen. Dennoch: „Wir können nicht von Landesseite aus sagen ‚wir machen das einfach‘. Dazu braucht es Regionalisierungsmittel, die jedoch von Bundesrat und Bundestag beschlossen werden.“

Hoppetenzell: 50 Jahre ohne Bahnhalt

Inzwischen hat der Triebwagen Hoppetenzell erreicht. Einen Bahnsteig gibt es noch nicht, deshalb müssen sich die Fahrgäste mit einer provisorischen Konstruktion behelfen. Die Hoppetenzeller setzen sich schon länger für einen Haltepunkt ein. Am 28. Juni hatte es erstmals nach über 50 Jahren Sonderhalte in dem Ort gegeben.

Der Minister stapft in Schwackenreute durchs Grüne.
Der Minister stapft in Schwackenreute durchs Grüne. | Bild: Tobias Weißert

Ein Ausstieg im Grünen gibt es schließlich auch in Schwackenreute. Dort fahren rund 20 Jahre nach der Einstellung des Güterverkehrs seit Juni 2025 wieder Güterzüge diesen einst bedeutenden Bahnhof an. Die kommunalen Eisenbahnbetreiber und der Forstbetrieb Gabele haben hierzu das ehemalige Ausweichgleis wieder reaktiviert und den Ladeplatz saniert.

Genutzt wird das großzügige Areal durch schwere Holzgüterzüge, mit denen Baumstämme aus der Region umweltfreundlich über die Schiene zu den Sägewerken in Süddeutschland und Österreich abgefahren werden.

Holzzüge sparen CO₂ ein – und entlasten die Straßen

Severin Rommeler zeigt sich erfreut ob der Reaktivierung: „Erstmals seit 2005 fahren wieder Güterzüge nach und von Schwackenreute. Dies ist ein weiterer positiver Schritt zur Aufwertung unserer kommunalen Bahnstrecke, aber auch gut für unsere Wirtschaftsregion und für die Umwelt.“

Jeder der Holzzüge spare im Vergleich zum Straßentransport rund 5 bis 10 Tonnen CO₂ ein – und entlaste die Ortsdurchfahrten vom belastenden Schwerlastverkehr, betonte auch Frank von Meißner als technischer Leiter und Eisenbahnbetriebsleiter die positiven Effekte.

Verkehrsminister fährt den Zug selbst

Beim letzten Abschnitt darf der Verkehrsminister selbst das Steuer in die Hand nehmen. Mit einem lauten Hupen startet er den Dieselzug. Schließlich kann der Kranfahrer nebenan nicht wissen, dass die Ablachtalbahn ausnahmsweise an einem Wochentag unterwegs ist.

Verkehrsminister Winfried Hermann steuert den Triebwagen in Richtung Göggingen.
Verkehrsminister Winfried Hermann steuert den Triebwagen in Richtung Göggingen. | Bild: Gemeinde Sauldorf

In Göggingen angekommen, stoppt Hermann den Zug ein letztes Mal. Seit Ende Juni kann die Ablachtalbahn auch hier halten. Ministerpräsident Kretschmann hatte den Haltepunkt feierlich eröffnet.

Das neue Wartehäuschen wurde von der örtlichen Zimmerei Gmeiner gesponsert.
Das neue Wartehäuschen wurde von der örtlichen Zimmerei Gmeiner gesponsert. | Bild: Tobias Weißert

Nun gibt es sogar ein von der Zimmerei Jonas und Ottmar Gmeiner gespendete Wartehäuschen, welches der Grünenpolitiker mit den Gästen einweiht: „Das zeigt, dass die Menschen das wollen. Nur wegen der Bürgerschaft stehen wir heute hier.“

Zum Abschluss erzählt Hermann noch eine Anekdote aus Treffen mit Vertretern der Deutschen Bahn: „Der Bahnsteig hat 8000 Euro gekostet. Bei der Bahn erzähle ich dann gerne davon und ergänze, dass er bei ihnen acht Jahre und 800.000 Euro gekostet hätte. Deshalb ist es besser, die Bahn konzentriert sich auf ihre Hauptstrecken und lässt Nebenstrecken privat machen. Denn hier ist nicht der höchste DB-Standard nötig. Das geht einfacher.“