Ein sehr differenziertes Urteil hat Amtsrichterin Isabelle Voß über drei Angeklagte einer Familie gefällt, die sich vor dem Amtsgericht Sigmaringen wegen gefährlicher Körperverletzung mit Bedrohung verantworten mussten. Dabei verurteilte sie einen 52-Jährigen, der mit einem Baseballschläger bewaffnet war, zu einer einjährigen Haftstrafe, die für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde, und er muss 5000 Euro Geldstrafe bezahlen. Der jüngere Sohn erhielt wegen unerlaubten Schusswaffenbesitzes eine anderthalbjährige Haftstrafe, die ebenfalls für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde, ein Bewährungshelfer soll ihm für ein Jahr zur Seite gestellt werden, zudem wurde ihm eine Geldstrafe von 7000 Euro aufgebürdet. Der ältere Sohn erhielt einen glatten Freispruch. Alle drei stammen aus einer Gemeinde im Kreis. Die verhandelte Auseinandersetzung spielte sich Anfang März im vergangenen Jahr ab.
Vorfall ereignete sich im März 2022
Der Zwist, der zwischen zwei sich spinnefeindlichen Parteien ausgetragen wird, böte allerbesten Stoff für ein trivialisiertes Stück aus dem Wilden Westen, indem der gesetzliche Freiraum ausgelotet wird. So schilderte der Vater vor Gericht, dass sich der entfachte Konflikt mit dem Geschädigten bereits über zwei Jahre hinziehen würde. Allerdings hätte sich der Geschädigte vor geraumer Zeit selbst vor Gericht verantworten müssen: Wegen einer brutalen Attacke gegen seinen jüngeren Sohn, dem er einen Vorschlaghammer über den Kopf gezogen hätte. Noch am Vortag des nun vor Gericht aufzuklärenden Showdowns im März 2022 hätte sich der 35-jährige Geschädigte vor ihrem Anwesen drohend aufgebaut und sie dazu aufgefordert, herauszukommen, damit er sie abstechen könne. Daraufhin hätten sie den internen Familienrat einberufen, mit dem Ergebnis: „Wir sahen die Notwendigkeit, einen Schlusspunkt zu setzen“, bekräftigte der 52-Jährige seinen Entschluss vor Gericht, dem Kontrahenten den Marsch zu blasen.
Mit C02-Waffe geschossen
Dem älteren Sohn der Familie stand Rechtsanwalt Jürgen Richter zur Seite. Bei seiner Aussage machte der Angeklagte unmissverständlich klar, in dieser Angelegenheit nur deeskalierend mitgewirkt zu haben, er habe die Beiden davon abzuhalten versucht, zur Selbstjustiz zu greifen. Doch, nachdem sich der gestellte Kontrahent in direkter Konfrontation der Forderung seines Vaters nach einer Entschuldigung nicht nachgekommen war, sei die Situation gänzlich eskaliert. Sein Vater habe im Gerangel den mitgebrachten Baseballschläger zum Einsatz gebracht, sein jüngerer Bruder mit seiner C02-Waffe mehrere Schüsse auf den Geschädigten abgefeuert. Treffer im Gesicht und Beulen am Körper des Geschädigten wurden von einem Arzt im Sigmaringer Krankenhaus diagnostiziert.
Der jüngste Angeklagte zeigte sich in Bezug auf den unerlaubten Schusswaffenbesitz geständig, was vom Vertreter der Staatsanwaltschaft ausdrücklich positiv bewertet wurde. Außerdem sei er durch die Stahlhammer-Attacke des Kontrahenten schwer in Mitleidenschaft gezogen worden und hätte über drei Monate unter psychischen Depressionen gelitten: „Und ich werde von ihm ständig bedroht!“
35 Jahre altes Opfer äußert Verachtung
Der Geschädigte, 35 Jahre alt, erwies sich vor Gericht als äußerst unkooperativ. Auf das Geschehen bei dem Zwist ließ er sich überhaupt nicht ein, seinen hauptsächlichen Kontrahenten, den jüngeren Angeklagten, bezeichnete er höchstverächtlich als einen „Mülleimer“. Der Richterin fiel der „stiere Blick“ des Zeugen auf, sie fragte ihn, ob er Drogen oder Alkohol zu sich genommen hätte, was dieser lapidar bejahte und gleich wieder verneinte. Zuvor waren zwei als Zeugen geladene Polizeibeamte auf ihn aufmerksam geworden, als dieser an der geschlossenen Gerichtssaaltüre hantierte, um mit seinem Smartphone die Aussagen der Angeklagten aufzuzeichnen. Diese musste er auf polizeiliches Geheiß wieder löschen.
Das Gebrüll und der entfachte Lärm beim Gewaltakt hatte im März 2022 auch die im daneben liegenden Haus lebende 76-jährige Großmutter des Geschädigten auf den Plan gebracht. Sie habe versucht, so erzählte sie vor Gericht, sich schützend zwischen die Streitparteien zu stellen und dann ihre Tochter – die Mutter des Geschädigten – telefonisch informiert, die wiederum die Polizei alarmierte. Die beiden Beamten sagten vor Gericht aus, erst die Aussage der Großmutter notiert und dann die Angreifer gestellt zu haben, die sich trotz ihres aufgebrachten Zustands widerstandslos in Haft nehmen ließen. Die Zeugenaussage der Großmutter wirkte reichlich diffus, sie betonte immer wieder, infolge des Vorfalls damals „völlig durch den Wind“ gewesen zu sein. Ihr 80-jähriger Ehegatte vermochte zur Erhellung des Geschehens nichts mehr beizusteuern. Die Richterin gab den Ratschlag, dass die Großmutter künftig mehr Einfluss auf ihren Enkel nehmen sollte.