Wegen fahrlässiger Tötung verurteilte das Amtsgericht Sigmaringen unter dem Vorsitz von Richterin Kristina Selig eine 23-Jährige zu einer Geldstrafe in Höhe von 900 Euro. Aus der von der Staatsanwaltschaft verlesenen Anklage ging hervor, dass die Angeklagte im April 2019 im Meßkircher Ortsteil Langenhart mit ihrem Auto einen schweren Verkehrsunfall mit einem Motorradfahrer hatte. Der Mann starb einen Monat später im Krankenhaus.
Unfall ereignete sich an unübersichtlicher Kreuzung
In der Verhandlung berichtete die sichtlich betroffene junge Frau in Begleitung ihres Verteidigers, dass sie an der Kreuzung Im Stock/Dorfstraße korrekt angehalten und sich mehrmals davon überzeugt habe, dass von beiden Seiten freie Fahrt gewesen sei. Dann sei sie als Linksabbiegerin vorschriftsmäßig mit ihrem Auto in die Dorfstraße eingebogen.
Die unübersichtliche Situation an der Einfahrt in die Hauptdurchgangsstraße von Langenhart sei ihr bekannt gewesen. Den aus der Ortsmitte kommenden Motorradfahrer habe sie nicht gesehen.
Biker prallt mit Motorrad gegen Beifahrerseite des Autos
Der Biker hatte noch gebremst und eine 9,5 Meter lange Bremsspur hinterlassen, bevor er gegen die Beifahrerseite des Autos der Angeklagten prallte. Bei dem Sturz zog sich der Mann schwere Verletzungen und zahlreiche Knochenbrüche zu.
Nach dem Unfall sei sie sofort ausgestiegen, weil sie helfen wollte, berichtete die Angeklagte. Der Motorradfahrer habe auf der Seite gelegen und einen offenen Oberschenkelbruch gehabt, seinen Helm abgenommen und über Rückenschmerzen geklagt.
Angeklagte erfährt im Nachhinein von Tod des Bikers
Anwohner seien zur Hilfe gekommen und hätten noch vor dem Eintreffen der Polizei damit begonnen, Fahrzeugteile von der Straße zu räumen. Die Angeklagte berichtete auch darüber, dass sie sich nach dem Unfall in psychiatrische Behandlung begeben habe. Im Nachhinein habe sie die Nachricht bekommen, dass der Motorradfahrer verstorben sei und den Angehörigen daraufhin eine Kondolenzkarte geschickt.
Gerichtsmediziner berichtet von Todesursache
Ein Gerichtsmediziner sagte vor Gericht, dass der Motorradfahrer an den Folgen einer Lungenentzündung gestorben sei. Im Krankenhaus sei aber auch noch eine andere Infektion hinzugekommen und es hätten sich massive Entzündungen gebildet. Seine Frakturen an sich seien jedoch nicht ausschlaggebend für den Tod gewesen.
Motorradfahrer war zu schnell unterwegs
Ein von der Verteidigung beauftragter Kfz-Sachverständiger sowie ein Gutachter der Dekra berichteten von ihren Untersuchungsergebnissen. Einig waren sich beide darüber, dass der Motorradfahrer mit bis zu 70 Kilometern pro Stunde unterwegs gewesen sei und die Aufprallgeschwindigkeit etwa 50 Kilometer pro Stunde betragen habe.
Der Motorradfahrer sei nach links ausgewichen, um den Zusammenstoß zu verhindern, was eine völlig normale Reaktion sei. Der Unfall hätte ihren Angaben zufolge allerdings vermieden werden können, wäre der Motorradfahrer einfach auf der rechten Fahrbahnseite weitergefahren.
Staatsanwaltschaft sieht Sachverhalt bestätigt
In ihrem Plädoyer verwies die Staatsanwältin darauf, dass sich der Sachverhalt bestätigt und die Angeklagte damit fahrlässig den Tod eines Menschen verursacht habe. Für ärztliche Behandlungsfehler gebe es keine Anhaltspunkte. Sie beantragte eine Geldstrafe in Höhe von 120 Tagessätzen.
Der Verteidiger schloss sich teilweise den Ausführungen der Staatsanwältin an. Seine Mandantin habe sich jedoch an der schwierigen Stelle richtig verhalten wollen und sei vielleicht sogar eher übervorsichtig gewesen.
Gericht verurteilt 23-Jährige zu 90 Tagessätzen à zehn Euro
Das Gericht verurteilte die Angeklagte zu 90 Tagessätzen à zehn Euro und den Kosten des Verfahrens. In ihrer Urteilsbegründung verwies Richterin Selig darauf, dass deutlich geworden sei, dass der Angeklagten der Unfall heute noch sehr leid tue. Zu berücksichtigen sei auch gewesen, dass der Motorradfahrer mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren sei.