In alten Zeiten war der Landesherr für die Gerichtsbarkeit zuständig. In Pfullendorf galt das nicht. Denn im Jahre 1434 verlieh Kaiser Sigismund der Reichsstadt die „Hohe Gerichtsbarkeit“, den Blutbann. Nunmehr war Pfullendorf nur noch dem Kaiser und Gott untertan. Und das bedeutet dann auch, dass der Magistrat der Stadt für die Gerichtsbarkeit zuständig war.
Hohe Gerichtsbarkeit auch außerhalb der Stadtmauern
Mit den Adligen, deren Territorien bis nahe an die Stadtmauer reichten, gab es immer wieder Streit, wer denn nun für Straftaten außerhalb der Stadt Recht sprechen dürfe. Das Gebiet der Grafen von Sigmaringen reichte bis nahe an die Stadtmauer und auf der anderen Seite pochten die Grafen von Heiligenberg auf ihr Recht.
Als das Reichskammergericht im Jahr 1589 gegen die Stadt entschied, gaben die Pfullendorfer trotzdem nicht nach, und nahmen die Hohe Gerichtsbarkeit auch immer wieder vor den Mauern der Stadt wahr. Wenn auch manchmal nur in einem für heutige Verhältnisse lächerlichen Umkreis von wenigen Hundert Metern. Erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden diese alten Konflikte endgültig gelöst.
Hexenprozesse in der Stadt
Wenn es um das Thema Gerichtsbarkeit geht, dann dürfen die Hexenprozesse nicht unerwähnt blieben. Allein in den Jahren 1598 bis 1635 sollen alten Chroniken zufolge 40 Menschen verhört worden sein. Um die Wahrheit herauszufinden, wurden allerlei ganz besondere „Werkzeuge“ eingesetzt. Im genannten Zeitraum wurden 15 Frauen hingerichtet. Aus alten Gerichtsakten sind sogar die Namen der Unglücklichen bekannt.
So wurde Magdalena Spät, die Walburga Kast wegen Hexerei angezeigt hatte, am 20. Juni 1598 hingerichtet. Obwohl die Katholische Kirche bei den Hexenverfolgungen eine schlimme Rolle spielte, gab es aber wohl auch Menschen, die sich für die Unschuldigen einsetzten.
So ist verzeichnet, dass Walburga Küglin unschuldig der Hexerei angeklagt war. Der Konstanzer Bischof Johann Georg von Hallwil war einer ihre Fürsprecher. Die Frau soll freigekommen sein. Für Katharina Rothmund aus Kleinstadelhofen gilt dies nicht. Sie wurde am 11. Juli 1629 wegen Hexerei vermutlich durch Enthauptung hingerichtet.

In der Regel wurden die Leichen der Verurteilten dann verbrannt und die Asche vergraben. Zu Hexenverbrennungen am lebendigen Leib soll es in Pfullendorf nicht gekommen sein. Im Tiefental, am Schweizerbild, unterhalb des Galgenbühls, bei der Steingrube und auch direkt an der Stadtmauer hinter dem Gebäude des heutigen „Alten Löwen“, sollen sich allerlei Unholde auf Hexentanzplätzen getroffen haben.
Für die Hinrichtungen war der städtische Scharfrichter zuständig. Das Hochgericht befand sich auf dem Galgenbühl. Heutzutage erinnert ein Straßenname daran, dass hier Delinquenten vom Henker hingerichtet wurden. Dass die Hinrichtungsstätte ausgerechnet hier errichtet wurde, hat mit einer beabsichtigten abschreckenden Wirkung zu tun. Von der Stadt aus waren die Gehenkten oder die Geräderten gut zu sehen, denn den heutigen Wald (er heißt auch Galgenbühl) gab es zu früheren Zeiten noch nicht.

Neben dem Tod durch Erhängen war auch das Enthaupten üblich. Ein altes Richtschwert kann man im Heimatmuseum Bindhaus besichtigen. Es ist eine Leihgabe der Familie Vollmar, deren Vorfahren viele Jahre das Amt des Scharfrichters innehatten. Dessen Haus stand vermutlich da, wo sich heutzutage die AOK und die Sparkasse befinden.

Weil er einen „unehrenhaften“ Beruf hatte, durfte er nicht innerhalb der Stadtmauern wohnen. Er war auch der städtische Abdecker und entsorgte die Tierkadaver auf dem Schindanger unterhalb des Bergwalds.

Als Pfullendorf im Jahr 1802 zu Baden kam, war es nicht nur mit den reichsstädtischen Freiheiten vorbei und auch im Linzgau zog die badische Gerichtsbarkeit ein. 1896 wurde das im Neo-Renaissancestil erbaute badische Amtshaus fertiggestellt. Dort befand sich nicht nur die badische Verwaltung, sondern auch das Amtsgericht.

Dieses wurde mittlerweile aufgehoben und Pfullendorf gehört zum Amtsgerichtsbezirk Sigmaringen. Im Gebäude ist jetzt der Polizeiposten untergebracht. Nebenan wurde im gleichen Stil ein Gefängnis erbaut, das bis 1968 belegt war. Mittlerweile wird es als Wohngebäude genutzt.