Karlheinz Fahlbusch

Derzeit wird in Pfullendorf viel gebaut. Neben dem Roßlauf entsteht ein Einfamilienhaus nach dem anderen. Ein Ende ist nicht abzusehen. Die Planungen für weitere Erschließungen sind bereits angepackt. Das Wort „Bauboom“ macht die Runde. Doch so neu ist das alles nicht. Auch in den 1960er und vor allem in den 1970er Jahren wurden zahlreiche Baugebiete erschlossen. Allerdings legte man viel Wert auf Mehrfamilienhäuser. Denn auch damals waren Wohnungen knapp.

Diese Gebäude an der Ochsensteige wurden von der älteren Pfullendorfer Bevölkerung als Hochhäuser bezeichnet.
Diese Gebäude an der Ochsensteige wurden von der älteren Pfullendorfer Bevölkerung als Hochhäuser bezeichnet. | Bild: privat

Großbetriebe siedeln sich an

Bis zum Zweiten Weltkrieg war lediglich die Ölberg-Siedlung vom Oberen Tor in Richtung Maria Schray entstanden. Nach dem Krieg herrschte große Wohnungsnot und dann kamen die Kaserne und industrielle Großbetriebe wie Alno und Geberit. Die boten viele Arbeitsplätze. Doch wer dort sein Brot verdiente, der musste auch irgendwo wohnen. Das Pendeln zum Arbeitsplatz war damals noch nicht so ausgeprägt. Auch deshalb nicht, weil nicht jede Familie zwei Autos hatte.

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Baugebiete werden nach Gewannen benannt

Also entstand ein Kranz von Siedlungen rund um die Stadt. Die Baugebiete wurden oft nach den alten Namen der Gewanne benannt: Pfarröschle, Sechslindensteige, Äußeres und Mittleres Härle, Kogenäcker und die Roßknechtsiedlung hatten den Wohnungsmarkt etwas entspannt. Am Einfang verhalf die „Neue Heimat“ vielen Menschen zu einem Eigenheim. Das gemeinnützige Bau- und Wohnungsunternehmen hatte seinen Hauptsitz in Hamburg und gehörte bis 1990 dem Deutschen Gewerkschaftsbund.

Von Baukränen ist Am Einfang heute schon lange nichts mehr zu sehen. Bäume und viel Grün sorgen für Wohnqualität und man ist auch von ...
Von Baukränen ist Am Einfang heute schon lange nichts mehr zu sehen. Bäume und viel Grün sorgen für Wohnqualität und man ist auch von der Innenstadt und Einkaufsmöglichkeiten gar nicht so weit entfernt. | Bild: Fahlbusch, Karlheinz

Auch in Wasserversorgung und Kläranlage wird investiert

Die Industriebetriebe benötigten immer mehr Fachkräfte. Deshalb wurde die Parksiedlung mit 200 Wohnungen geplant und in den 70er Jahren auch verwirklicht. Das Wohngebiet beim Tummelhaus wurde entwickelt. Auch hier war es von Vorteil, dass die Stadt auf Gelände des Spitalfonds zurückgreifen konnte und durch Verkaufs- und Tauschgeschäfte zusammenhängende Wohngebiete entwickeln konnte. In der Folge mussten gewaltige Summen in die Trinkwasserversorgung und die Kläranlage investiert werden. Denn ohne eine solche Infrastruktur geht natürlich nichts.

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Fokus auf Wohnungen, nicht auf Straßen

Wohnblocks wurden immer wieder instandgesetzt und modernisiert. So auch im Wohngebiet Ochsensteige, wo sehr viele Menschen wohnen, aber mit schmalen Zufahrtswegen leben müssen. In früheren Zeiten stand das Bauen von Wohnungen im Vordergrund. Straßen waren nicht so wichtig. Dass heutzutage die Straßen mit Autos zugeparkt werden, das war in den 70er Jahren noch außerhalb der Vorstellungskraft. Und hätte jemand gesagt, dass irgendwann ein Bürgerbus durch die Wohngebiete fährt, dann hätten die meisten ihn wohl für verrückt erklärt. So ändern sich die Zeiten.

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Alltag in den neuen Wohngebieten

Denn wer kein Auto hatte, der musste halt laufen. Und so konnte man besonders freitags und samstags vor allem Frauen voll bepackt mit Einkaufstaschen sehen, die das Nötigste fürs Wochenende nach Hause schleppten. Am Samstag bis 22 Uhr einkaufen, das ging natürlich nicht. Meistens machten die Läden um 14 oder 16 Uhr zu. Samstagnachmittags wurden die Wohnstraßen dann zur Freiluftwaschanlage für die Autos und rund um die Einfamilienhäuser knatterten die Rasenmäher. Einen Recyclinghof gab es damals noch nicht. Der Rasenschnitt musste deshalb anderweitig entsorgt werden.