Da kaum jemand ein Badezimmer hatte, war das sehr hilfreich für die Sauberkeit der Menschen. Später wurde diese Einrichtung dann in den Keller der damaligen Volksschule, sie heißt heute Härle-Schule, verlegt und nannte sich „Städtisches Wannenbad“.

Am Stadtsee wurde auf den Grundmauern des Bades ein Fabrikgebäude erstellt. Das 1925 gegründete Textilunternehmen Keinath war seit 1938 in Pfullendorf und produzierte im alten Kloster. 1953 zog man in das neue und für damalige Verhältnisse hoch moderne Fabrikgebäude am Stadtsee. Rund 100 Frauen waren hier beschäftigt, bisweilen sogar bis zu 200. „Damals gab es in Pfullendorf viele Frauenarbeitsplätze“, erinnert sich Wilhelm Müller. Der heute 83-Jährige war Zuschneider bei Keinath. Die Firma Boss produzierte im alten Kloster und in der Überlinger Straße gab es die Stumpenfabrik, wo die damals sehr beliebten kurzen Zigarren hergestellt wurden.
Keinath und Boss betrieben damals eine gemeinsame Zuschneiderei
Müller hatte seine Ausbildung bei Boss gemacht. Keinath und Boss betrieben damals noch eine gemeinsame Zuschneiderei. Und als Boss 1968 mangels Nachfolger aufgelöst würde, ging er zu Keinath. Dort wurden unter dem Markennamen Herkei Herrenoberhemden hergestellt. Später kamen dann auch Damenblusen ins Programm. 1983 schloss dann auch diese Firma ihre Tore. Wilhelm Müller wollte sich damit aber nicht abfinden und übernahm die Produktionsmaschinen und etwa 30 Mitarbeiterinnen, um unter seinem Namen bis zum Jahr 1995 weiter zu produzieren. Die Herrenhemden wurden aus dem Programm genommen, stattdessen produzierte man jetzt Nachthemden, Blusen und Morgenmäntel. Schon bei der Betriebsaufgabe von Hermann Keinath waren viele Frauen zu Geberit gegangen, und auch jetzt gab es Möglichkeiten, einen neuen Arbeitsplatz zu bekommen.

Neustart als Technologie- und Innovationszentrum Pfullendorf
Eine zukunftsgewandte Nutzung gab es dann für das Gebäude als Technologie- und Innovationszentrum Pfullendorf, bei dem neben der Stadt Pfullendorf auch der Landkreis Sigmaringen und umliegende Gemeinden Gesellschafter waren. Es sollte Gründern gute Startmöglichkeiten geben, in dem Räume günstig vermietet wurden und auch mit für damalige Verhältnisse modernster IT-Technik ausgestattet waren. „Unser Technologie- und Innovationszentrum Pfullendorf, kurz TIP genannt, schreibt weiterhin Erfolgsgeschichte. Die Räumlichkeiten sind alle vermietet und junge, innovative Existenzgründer arbeiten unter einem Dach. Sie entwickeln im Bereich der neuen Technologien zukunftsversprechende Produkte und sind in hochwertigen Dienstleistungsbereichen tätig“, schrieb Bürgermeister Thomas Kugler im seinem Jahresbrief an die Bürger im Jahr 2008.
2014 ist das TIP Geschichte
Bereits sechs Jahre später war das TIP Geschichte. Die Belegungszahlen waren rapide zurückgegangen, die meisten Büros standen leer. Das Netzwerk 50 plus hielt dann hier seine Computerkurse ab und der VdK-Ortsverband startete hier mit seinem Soziallotsenprojekt, das mittlerweile im „Haus am Hechtbrunnen“ beheimatet ist. Das Netzwerk belegt nun zusammen mit der Bürgerhilfe den Gemeinschaftsraum in der neuen Seniorenresidenz, nur wenige Meter davon entfernt, wo früher die Senioren erste Schritte auf den PC-Tastaturen machten.
Die Trägergesellschaft, zu der neben der Stadt Pfullendorf als Hauptgesellschafter auch umliegende Kommunen und der Landkreis Sigmaringen gehörten, wurde liquidiert. Neue Nutzungsmöglichkeiten zu finden, das war schwierig. Schließlich kam die Gesellschaft für Siedlungs- und Wohnungsbau Baden-Württemberg mbH (GSW), ein Bauträgerunternehmen des VdK, ins Spiel. Die hatte sich bereits mit der Seniorenwohnanlage am Gaisbühl in Pfullendorf engagiert. Könnte man im bestehenden Gebäude am Stadtsee Seniorenwohnungen installieren? Die eigentlich gute Idee erwies sich als wirtschaftlich nicht sinnvoll. Man entschied sich für den Abriss und mit dem Projekt „Wohnen am Stadtsee“ entstanden 35 Wohneinheiten in der Nähe der Innenstadt. Seit einigen Monaten gibt es dort sogar eine Haltestelle für den Bürgerbus.
Alte und neue Kapelle in Mottschieß
Auch in den Ortsteilen gab es Veränderungen. Und manche sind schon aus dem Gedächtnis verschwunden. Sie wie in Mottschieß. So geht die Kapelle St. Maria in der Schwäblishauser Straße zurück auf einen 1716 erbauten spätgotischen Sakralbau. Sie stand gegenüber der heutigen Kapelle und wurde 1970 wegen angeblicher Baufälligkeit abgerissen, wie man nachlesen kann.

Die heutige Kapelle wurde aus Mitteln der damals selbstständigen Gemeinde und mit viel Eigenleistung erbaut und 1971 geweiht. Der Außenbereich wurde 2014 erneuert. Zur Ausstattung zählen eine Rosenkranzmadonna, die als hölzernes Tafelbild ausgeführt ist und aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts stammt, sowie eine Madonna mit Kind. Die Holzskulptur hat ein unbekannter Meister um das Jahr 1500 gefertigt. Die Glocke der Marienkapelle wurde 1759 in Konstanz gegossen und läutet noch täglich um 6, 12 und 19 Uhr. „Und das ist bei uns ganz normal und wir wollen das nicht vermissen“, sagt Ortsvorsteher Erich Greinacher, der auch den Schlüssel für das Käppele verwaltet.