Wenn sonntags die „Räuberbahn“ am Stadtgarten hält, dann erinnern sich ältere Pfullendorfer noch an den Bahnhof, von wo man nach Aulendorf und Stockach fahren konnte und Anschluss in die ganze Welt hatte. Die Deutsche Bundesbahn stellte am 26. September 1971 den Personenverkehr auf der Gesamtstrecke ein, so dass die Strecke nur noch im Güterverkehr bedient wurde.

Ära des Güterverkehrs endete 1983
Der Güterverkehr florierte dank Alno und Geberit noch einige Jahre. Doch 1983 (Richtung Schwackenreute) und 2002 (Richtung Aulendorf) ging auch diese Ära zu Ende. Auf Betreiben der Stadt Pfullendorf und der Gemeinde Ostrach wurde der erhalten gebliebene, 25 Kilometer lange Abschnitt zwischen Altshausen und Pfullendorf 2009 im Personenverkehr reaktiviert. Seit 2009 fahren Fahrradsonderzüge in der Hauptsaison die Strecke nach Pfullendorf. Die Kommunen Pfullendorf, Ostrach und Altshausen haben die Bahnstrecke für 300 000 Euro gekauft.
Im Frühjahr 2017 rollten erstmals auch wieder Güterzüge
Die Bemühungen der Besitzerkommunen um den Erhalt der Strecke haben mittlerweile auch im Güterverkehr positive Auswirkungen. 15 Jahre nach der Einstellung des regulären Güterzugverkehrs nach Pfullendorf rollten auf dieser Strecke im Frühjahr 2017 erstmals auch wieder Güterzüge. Den Anfang machten Rundholz-Verkehre für verschiedene Kunden. Derzeit arbeitet das Logistikunternehmen BoxTango an der Aufnahme eines regelmäßigen Containerzugverkehrs zwischen dem oberschwäbischen Ostrach und den Nordseehäfen. Seit Januar 2019 fahren regelmäßig Holzzüge für DB Schenker die Bahnhöfe Burgweiler und Altshausen an. In Burgweiler wurde extra ein Holzlagerplatz gebaut. Auch ein Düngemittelverkehr nach Altshausen wurde erfolgreich ausgeführt.
In Pfullendorf wird derzeit geprüft, ob die Anlagen bei der Firma Alno wieder für den Gütertransport genutzt werden könnte. Sollte das gelingen, dann konnte man in der Linzgaustadt an alte Zeiten anknüpfen und gleichzeitig etwas für den Klimaschutz tun.
Der Güterschuppen ist schon lange Legende
So mancher ältere Leser wird sich erinnern: In früheren Jahrzehnten war Pfullendorf eine gute Anlaufstelle, wenn man etwas mit der Bahn transportieren wollte. Da ging Schrott nach Italien und auch die Bundeswehr nutze die Verlademöglichkeiten, die sich zwischen dem heutigen Dienstleistungszentrum in Richtung und dem Klaiber-Kreisels befanden, an den damals natürlich auch niemand gedacht hat. Der Bahndamm ist dem Boden gleichgemacht, der Güterschuppen schon lange Legende und auch das Lagerhaus der ZG Raiffeisen wurde abgebrochen. Dort steht jetzt das Riku-Hotel.

Landwirtschaftliche Maschinen wurden per Bahn angeliefert
In früheren Zeiten wurde vom Lagerhaus Getreide abtransportiert, das direkt von den riesigen Silos in die Waggons gefüllt wurde. Die zahlreichen Landwirte in der Region sorgten dafür, dass es ständig Nachschub gab. Und auch umgekehrt wurden landwirtschaftliche Maschinen per Bahn angeliefert. Wohl kaum jemand hat damals die Entwicklungen vorausgesehen.
Noch bei der Bürgerversammlung am 12. Januar 1977 hatte Bürgermeister Hans Ruck stolz verkündet, dass an eine Stilllegung des Güterbahnhofs seitens der Bahn nicht gedacht sei. Immerhin hatte die Stadt im Jahr zuvor die Güterhallenstraße befestigt und „die Einfahrt Pfullendorf-West gärtnerisch so angelegt, dass sie sich sehen lassen kann“, wie man im Protokoll der Bürgerversammlung nachlesen kann.
Der Güterverkehr florierte, Geberit hatte ein eigenes Industriestammgleis und bei Alno wurden täglich bis zu 60 Bahncontainer verladen. Um 18 Uhr fuhren die Waggons dann Richtung Aulendorf und von dort nach Hamburg, Düsseldorf, Hannover oder in die Benelux-Staaten. Dieser „Nachtsprung“ hatte das Ziel, dass die Küchen bereits am nächsten Tag an Kunden ausgeliefert werden konnten. Die Zeitersparnis war enorm. Vorher hatte man einen eigenen Fuhrpark.

Küchen per Bahn ausgeliefert
„Es war schon ein toller Anblick, wenn Sonntagabend um 22 Uhr die Lastwagen mit der großen Alno-Aufschrift das Werksgelände verließen“, erinnert sich Heinz Kropp. Der 84-Jährige war 1973 der Direktor der Produktion und immer wieder zusammen mit anderen Kollegen für die Realisierung von Projekten zuständig. Der Bahntransport gehörte dazu. „Vollständig, schnell und in höchster Qualität sollten die Kunden ihre Küchen bekommen“, erinnert er an die damalige Prämisse. Das sei mit der Bahn gut machbar gewesen. Doch dann änderte die Bahn ihre Prioritäten und verteuerte den Gütertransport auf der Schiene. Nun wurden die Küchen wieder auf der Straße transportiert.
Container-Reparatur-Station für Firmen
Ab Oktober 1994 gab es sogar eine Container-Reparatur-Station für alle Firmen, die per Bahn verladen wollten. Es wurde ein öffentliches Terminal initiiert, das zunächst von der Firma Buss-Trans Container Service und dann von der eigens gegründeten Terminalgesellschaft Pfullendorf betrieben wurde. Bei dieser GmbH war neben der Stadt Pfullendorf auch der Landkreis Sigmaringen beteiligt. Die anfängliche Umschlagkapazität lag bei 35 000 Einheiten pro Jahr Ein- und Ausgang. Doch mit der Zeit war der Bahntransport nicht mehr lukrativ und die Anlage verwaiste. Die Terminalgesellschaft wurde mittlerweile aufgelöst.