Unternehmer beschäftigen sich bei Wirtschaftsgesprächen in Pfullendorf mit der Zukunft der Arbeit
Wilhelm Bauer vom Fraunhofer Institut in Stuttgart ist Technologiebeauftragter des Landes Baden-Württemberg. Im Seepark in Pfullendorf hat er vor rund 100 Gästen über die zunehmende Digitalisierung und den Fachkräftemangel gesprochen.
Professor Wilhelm beleuchtet ein Zukunftsthema unterhaltsam.
| Bild: Karlheinz Fahlbusch
Karlheinz Fahlbusch
Für das „Lukullum“ im Seepark war es laut Andreas Strobel von der Geschäftsführung „ein besonderer Tag“. Denn vor genau drei Monaten hat das neue Restaurant eröffnet und erfreute nun die rund 100 Gäste der Stadt und der Wirtschaftsinitiative Pfullendorf (WIP) bei den mittlerweile achten Wirtschaftsgesprächen mit einem leckeren Büfett.
Günther Martin, Mitinhaber Haus der guten Weine in Meersburg: "Der Vortag war außerdienstlich wissenschaftlich. Es ist wichtig, die Menschen aufzurütteln und in eine neue Zeit zu führen. Die Digitalisierung bringt mir für meine Firma allerdings bislang noch wenig. Denn ich brauche vor allem Mitarbeiter für den Außendienst und da sind gute Leute nur sehr schwer zu finden. Die Digitalisierung kann mir aber eventuell sehr hilfreich für die Verwaltung der Produkte sein. Für meine Geschäftssparte, den Handel mit ausgesuchten Weinen, bin ich mir noch nicht ganz klar, wie sich das entwickeln wird und wie mit der Digitalisierung so umzugehen ist, dass man in Zukunft einen wirklichen Nutzen hat."
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Doch zunächst war ein eigentlich unbequemes Thema angesagt: „Zukunft der Arbeit“. Dabei ging es vor allem um die Digitalisierung und den Fachkräftemangel. Als Redner war Professor Wilhelm Bauer gekommen. Er führt beim Fraunhofer Institut in Stuttgart die Geschäfte und er verstand es, in einem kurzweiligen und mit Videoclips angereicherten Vortrag das Thema so zu beleuchten, dass nicht der erhobene Zeigefinger, sondern der Mut, die Zukunft richtig zu gestalten, im Vordergrund standen.
Rainer Frickinger, Geschäftsführer Frickana GmbH in Pfullendorf: "Der Vortrag war sehr interessant. Das Beispiel mit der alten Dame aus Japan im Film mit dem Roboter in der Pflege hat mich schon etwas schockiert. Ist so etwas erstrebenswert? Ich würde mich, nach meinem jetzigen Kenntnisstand, nicht von einem Roboter versorgen lassen. Für meine Firma nehme ich mit, dass wir bei der Digitalisierung, wo wir momentan eigentlich schon gut aufgestellt sind, noch mehr machen müssen. Die Mitarbeiter müssen noch mehr geschult werden. Das ist ein absolutes Thema. Wir werden durch den Mangel an Facharbeitern in Zukunft noch mehr auf Technik setzen müssen. Da führt kein Weg daran vorbei."
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Charmant machte der Technologiebeauftragte des Landes Baden-Württemberg der Stadt zunächst ein Kompliment. „Ich habe noch nie einen Vortrag am Mittelmeer gehalten“, stellte er mit Blick auf das herrliche Ambiente des Sees mit seinen Wakeboardern fest. Bürgermeister Thomas Kugler hörte das bestimmt gerne. Doch auch er weiß, dass Digitalisierung und Fachkräftemangel auch für Pfullendorf eine Herausforderung sind. Doch jammern nütze nichts. Man müsse über das Thema reden. Das Format der Wirtschaftsgespräche sei da genau das richtige Forum und habe sich bewährt.
Paul Burth, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in Pfullendorf: "Der Vortrag hat viele Themen von uns Unternehmern getroffen und war wirklich sehr interessant. Die Szenarien wurden vom Referenten so beleuchtet, wie ich es erwartet habe. Ich habe mich mit dem Thema schon vorher beschäftigt, weil man da gar nicht mehr drumherum kommt. Meiner Meinung nach war von der politischen Ausrichtung allerdings etwas zu wenig im Vortrag zu hören. Es war deutlich zu spüren, dass der Referent auch für das Land Baden-Württemberg als Technologiebeauftragter und vor allem für Großunternehmen arbeitet. Die Strukturen bei uns auf dem Land sind im Vortrag, wie leider auch im richtigen Leben, leider etwas zu kurz gekommen. Das ist schade."
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„Alles wird dynamischer und verändert sich in hohem Tempo“, betonte Wilhelm Bauer. Da in den kommenden Jahren rund 30 Prozent der Beschäftigten in den Ruhestand gehen, dürfe man keinesfalls die Entwicklung neuer Technologien bremsen. Denn die werde man unbedingt brauchen. Und dazu gehören auch Roboter, die teilweise jetzt schon in der Automobilindustrie eingesetzt sind und schon bald zum Mitarbeiterteam gehören werden. Auch im Bereich der Pflege werde der Roboter zum Partner. In Deutschland würden das aber derzeit nur 30 Prozent der Menschen wollen, in Japan sind es 70 Prozent.
Hans-Peter Langer, Geschäftsführer Langer-Moden in Pfullendorf: "Der Vortrag hat mir gut gefallen. Was es bei uns für Probleme gibt, das erfahre ich gerade am eigenen Leib. Ich muss ein komplettes System auf eine Cloud auslagern und brauche dazu eine entsprechende Datengeschwindigkeit. Die ist in Pfullendorf aber leider nicht vorhanden. Über Mobilfunk könnte man das zwar machen, aber die Kosten wären sehr hoch. In der Erde liegen entsprechende Leitungen nicht. Das herkömmliche Angebot der Telekom deckt meine Ansprüche nicht. Mann muss Glück haben und über Kabel angeschlossen sein. Aber auch da gibt es nur einen Anbieter. Das Problem habe ich nicht alleine. Da muss sich in Zukunft noch eine ganze Menge ändern."
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Für den Professor ist klar: „Die Digitalisierung entscheidet über die Zukunftsfähigkeit von Europa.“ Und dabei brauche man keine Angst haben, dass der Fortschritt Arbeitsplätze koste. Das werde zwar in manchen Branchen wie dem Maschinenbau so sein, aber Forschungsinstitute prognostizierten 250 000 bis eine Million neuer Arbeitsplätze bis zum Jahr 2030. Ohne einen Ausbau der Breitbandversorgung sei das aber kaum möglich. Auch hier müsse man fortschrittlicher werden und neue Verlegetechniken, auch mit Robotereinsatz, anwenden. Die Arbeit werde sich verändern und es würden neue Dinge entstehen. Deshalb sei eine Weiterqualifikation der Mitarbeiter unbedingt nötig.
Auf Einladung der Stadt und der Wirtschaftsinitiative Pfullendorf (WIP) fanden im "Lukullum" im Seepark die Wirtschaftsgespräche statt. Dabei ging es um das Zukunftsthema Digitalisierung, das auch im ländlichen Raum immer relevanter wird.
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Wilhelm Bauer sprach auch über die mobile Arbeit. Schon bald könne eine Maschine auch aus der Ferne mit einer Art Smartphone bedient werden. Denn einfache Arbeiten würden schlichtweg automatisiert. Knöpfe könnten auch digital gedrückt werden, unabhängig davon, wo sich der Mitarbeiter befinde. Sein Credo: „Wer sich anpassen kann, der wird überleben."