Pfullendorfs Abwassermeister Dieter Müller erläutert, was ins Klo darf und was nicht? Mögen Handys und Gebisse noch ein Mißgeschick sein, so haben Essensreste, Öle, Farben, Tampons, Windeln, Medikamente und vieles mehr sicher nichts in der Kanalisation verloren. Sie verstopfen entweder die Rohre und Pumpen oder die Stoffe lassen nicht herausfiltern.
Abwassermeister Dieter Müller wacht mit den Mitarbeitern Vitali Kovenski, Alois Kaister und Waldemar Wunder über die Pfullendorfer Kläranlage. "Leider ist der Kanal oft Entsorgungslösung Nummer eins", bedauert er. Viele Hygieneartikel wie Windeln, übrigens auch aus der Seniorenpflege, lösen sich nicht im Wasser auf und sind reißfest. Sie verstopfen Pumpen und auch Rohrleitungen, die schon wegen Ansammlungen von Feuchttüchern und Co. zugesetzt wurden.
| Bild: Kirsten Johanson
Wenn der Broccoli oder die Nudeln nicht ganz aufgegessen sind, wird der Rest kurzerhand in der Toilette entsorgt. Auch Handys landen in der Porzellanschüssel. Diese rutschen beim Verrichten der Geschäfte unbeabsichtigt aus der Gesäßtasche. Sowohl Gemüse als auch Mobiltelefon treffen sich wieder. Wo? In der Kläranlage. Man sollte es nicht meinen, aber selbst Schuhe und Gebisse tauchen hier auf.
Im Rechen bleiben Feststoffe hängen, die mit dem Abwasser angeschwemmt wird. Deutlich zu erkennen sind Essensreste und Feuchttücher. Erstaunlich, was alles durch Klo oder Gully verschwindet, darunter Strumpfhosen, Unterwäsche und andere Kleidungsstücke, Mullbinden, Spielsachen und vieles mehr. Der Reinigungsprozess in der Kläranlage dauert übrigens acht Stunden – am Ende fließt das geklärte Abwasser in den Kehlbach, von dort in die Donau und irgendwann ins Schwarze Meer.
| Bild: Kirsten Johanson
Nicht selten wandern von Ohrenstäbchen bis in zu Damenbinden viele Dinge in den Kanal, die dort nichts zu suchen haben. Die Toilette dient offenbar so manchen Mitbürgern als Müllschlucker und es scheint, darin wird vieles nach dem Motto „aus den Augen, aus dem Sinn“ weggespült. Dieses Verhalten, sei es mutwillig oder sorglos, kann erhebliche Probleme bereiten. Schon mal vom Monster-Fettberg unter London gehört?
Menschliche Ausscheidungen kleiner und großer Geschäfte sowie Toilettenpapier sind das, wofür die Toilette bestimmt ist. Auch Wischwasser aus dem Putzeimer darf bedenkenlos in die Toilettenschüssel gekippt werden, aber nur, wenn man auf scharfe Reinigungszusätze und hochkonzentrierte Desinfektionsmittel verzichtet. Für den Hausputz reichen im Normalfall ein neutraler Allzweckreiniger, Scheuerpulver, Essigreiniger, Zitronensäure und Spülmittel völlig aus.
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Das Worst-Case-Szenario auf einer Kläranlage ist aus Sicht von Abwassermeister Dieter Müller, wenn ihre Biologie zerstört wird. "Im Schlamm der Becken leben Bakterien, sie reinigen das Abwasser, ernähren sich von organischen Stoffen und filtern die Stickstoffe raus." Würden zum Beispiel große Mengen Chemikalien, Milch aus einem Molkereifahrzeug, Gülle oder kontaminiertes Löschwasser in den Kanal fließen, bedeute dies das Aus für die Bakterien.
Essensreste – auch von Suppen – sind ein absolutes No go und haben nichts in der Toilette verloren. Vor allem, weil sie Ratten anlocken. Und es ist laut Dieter Müller kein Horrormärchen, dass sich Ratten auch schon den Weg durch Rohrleitungen bis in die Badezimmer gebahnt haben, weil sie dort die Quelle für noch mehr Futter vermuteten. Dem Abwassermeister sind die neuralgischen Punkte im Stadtgebiet bekannt, an denen es gehäuft zur Resteentsorgung via Kloschüssel kommt.
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Wenn die Toilette als Mülleimer missbraucht wird, sorgt das beim Abwassermeister ebenfalls für Verdruss. Was im Rechen der Kläranlage hängen bleibt, ist nicht gerade appetitlich und vor allem hat vieles gar nichts dort verloren. 2018 waren es 29 000 Kilo Restmüll, die Müller und seine Mitarbeiter entsorgen mussten. Die rund 73 Tonnen Sand, die jedes Jahr über die Kanalisation in der Kläranlage landen, werden übrigens gesammelt und abgeholt. Nach dem Herauswaschen der organischen Stoffe wird der Sand im Erdbau wiederverwendet.
Tampons müssen, ebenso wie Damenbinden, Slipeinlagen, Windeln und andere Hygienartikel über den normalen Hausmüll entsorgt werden, da sie ansonsten schon direkt im Siphon für Verstopfung sorgen können. Dann hat der Verursacher selber den Ärger und in Mehrfamilienhäusern unter Umständen auch seine Nachbarn. Aber auch auf dem Weg zur Kläranlage können sie Verstopfungen auslösen. Auch Kondome, Ohrenstäbchen, Einwegrasierer oder leere Klopapierrollen gehören nicht in die Toilette.
| Bild: Juliane Schlichter
Vor allem feuchtes Toilettenpapier und mehrlagige Kosmetiktücher setzen sich im Kanal ab und verklumpen zu Barrieren, an denen wiederum anderer Unrat hängen bleibt. Feuchttücher sind hartnäckig, da reißfest. In den 18 Pumpstationen, die es in Pfullendorf gibt, verstopfen sie Pumpen. „Wir schöpfen Verdacht, dass etwas nicht stimmt, wenn beispielsweise der Zulauf in den Stationen geringer wird. Da haben wir schon richtig Malheur gehabt“, erzählt Dieter Müller.
Medikamente bitte nicht wegspülen, sondern im Restmüll entsorgen oder bei der Apotheke abgeben. Das gilt sowohl für feste als auch flüssige Arzneimittel. Die über Ausscheidungen ins Abwasser gelangenden Arzneistoffe – schon allein von Hormonpräparaten wie der Antibabypille – sind schon problematisch genug. "Sie lassen sich nicht herausfiltern und belasten die Gewässer. Es wird aber daran geforscht, die Rückstände aus dem Abwasser zu entfernen", erklärt Müller.
| Bild: Juliane Schlichter
Wenn man bedenkt, dass die Abwasserrohre teilweise gerade mal einen Durchmesser von 60 Zentimeter haben – im Bereich des Hauptsammlers sind es immerhin 2,5 Meter – kann man sich ausmalen, dass unsachgemäß entsorgte Windeln recht schnell für Engpässe sorgen. Auch Taschentücher und Papierhandtücher sollten besser nicht ins WC geworfen werden. Und Haare aus Kamm oder Bürste bilden lange, filzige Zöpfe.
Farbreste, Fette und Öle gehören auf keinen Fall ins Klo. Frittieröl in den Ausguss kippen? Die Verstopfung der Rohre ist vorprogrammiert. Motoröl nehmenl nach dem Ölwechsel die Verkaufsstellen zurück. Wer neues kauft, kann das alte Öl direkt abgeben. Lacke und andere Chemikalien müssen unter Umständen zur Problemstoffsammlung. Die Abfuhrtermine der verschiedenen Müllarten sind hier ersichtlich:<%LINK auto="true" text="http://www.landkreis-sigmaringen.de/abfallwesen/Entsorgungskalender" href="http://www.landkreis-sigmaringen.de/abfallwesen/Entsorgungskalender" %>
| Bild: Juliane Schlichter
Über den Hauptsammler strömen aus Pfullendorf, Groß- und Kleinstadelhofen, Straß und Denkingen pro Sekunde 40 Liter Abwasser in die Kläranlage. Bei Trockenwetter werden jeden Tag 4000 Kubikmeter Wasser gereinigt, bei Regen sind es rund 13 000 Kubikmeter.
Abschminktücher und feuchtes Toilettenpapier, Einmalwaschlappen und feuchte Allzwecktücher lösen sich im Wasser nicht auf. Sie können verknoten und meterlange Zöpfe bilden. Diese verstopfen die Abwasserpumpen, was zu einem Rückstau im Kanalnetz führt. Dann müssen die Pumpen aufwändig gereinigt werden. "Da gehen schnell ein, zwei Stunden drauf", so Müller. Normales Toilettenpapier wird aus wasserlöslicher Zellulose hergestellt, die das Abwassersystem nicht belastet.
| Bild: Juliane Schlichter