Die Corona-Lage im Kreis Sigmaringen wird immer dramatischer. Mit einer 7-Tages-Inzidenz von 240,7 weist der Landkreis die landesweit dritthöchste Infektionsrate auf. Nach Angaben von Landrätin Stefanie Bürkle befinden sich derzeit 22 Patienten auf der zentralen Covid-19-Station im Krankenhaus Sigmaringen, sechs davon auf der Intensivstation und sechs Personen werden beatmet.
Immer mehr Jüngere erkranken
„Die Klinik ist jetzt schon überlastet“, erklärte Jan-Ove Faust, Geschäftsführer der SRH Kliniken GmbH Kreis Sigmaringen. Mit der Kreischefin sowie Gesundheitsamtsleiterin Susanne Haag-Milz gab er bei der ersten virtuellen Sitzung des Kreistages einen aktuellen Sachstandsbericht. Immer mehr Menschen mittleren Alters erkranken an Corona, mit schwereren und langwierigeren Verläufen. „Wir müssen unsere Kräfte konzentrieren“, sprach Faust von einer „sehr angespannten Situation“. Die dritte Welle habe den Landkreis Sigmaringen voll erreicht, wobei 70 bis 80 Prozent der Covid-Erkrankten die britische Mutation haben.
Mehr als 1500 Bürger sind in Quarantäne
Mitte Februar diagnostizierte man den ersten Fall dieser Mutante, verdeutlichte Gesundheitsamtsleiterin Haag-Milz die dramatische Entwicklung. Noch gelinge die Kontaktnachverfolgung, aber das Infektionsgeschehen sei diffus und flächendeckend im Landkreis. „Wir müssen mit aller Kraft gegensteuern“, gab es von Haag-Milz eine klare Ansage. Aktuell befinden sich nach ihren Angaben 494 Erkrankte in Quarantäne, dazu 1044 Kontaktpersonen. Immer mehr Schulen, Betriebe und Kindertagesstätten sind betroffen. „Aktuell sind elf Kindergärten und drei Schulen geschlossen“, bestätigte Landrätin Bürkle.
Ausgangssperre: „Die Zahlen sind entscheidend“
„Warum haben wir im Kreis Sigmaringen keine Ausgangssperre?“, fragte SPD-Kreisrat Matthias Seitz bei der Kreischefin nach. Dieses Instrument sei als „Ultima Ratio“ im Instrumentenkasten, erklärte Bürkle, dass man genau beobachte, ob beispielsweise die verordneten Kontakteinschränkungen sich auf die Entwicklung der Fallzahlen auswirken. Sie könne nicht ausschließen, dass die „Ausgangssperre“ wieder auf die Agenda komme. „Die Zahlen sind entscheidend, und zwar heute, morgen und am Mittwoch“, ergänzte Bürkle.
Nur noch 500 Dosen mit Astrazeneca pro Woche
Willi Römpp, Leiter des Kreisimpfzentrums in Hohentengen, erklärte den Kreisräten, dass man den Betrieb in der einstigen Turnhalle der ehemaligen Oberschwaben-Kaserne höchst effizient organisiert habe und über motiviertes Personal verfüge. „Wir könnten täglich bis zu 1000 Personen impfen“, erklärte Römpp, allein es fehlt der Impfstoff.

Eindringlich schilderte der frühere Kliniken-Geschäftsführer die enormen Probleme, die die fehlenden Impfdosen verursachen. So wurde die Wochenlieferung von Astrazeneca von 1000 bis 2500 Dosen plötzlich auf nur noch 500 Dosen reduziert.
Hunderte E-Mails mit Beleidigungen und Beschimpfungen
Der von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn angeordnete viertägige Impfstopp für Astrazeneca habe viel Vertrauen und Glaubwürdigkeit gekostet, berichtete Römpp von mehr als 400 E-Mails mit teilweisen wüsten Beleidigungen und Beschimpfungen von Bürgern an ihn, beziehungsweise die Verantwortlichen des Impfzentrums.
Keine Infizierten in Pflegeheimen
Eine gute Nachricht hatte Gesundheitsamtschefin Susanne Haag-Milz bei der virtuellen Kreistagssitzung auch – in den Alten- und Pflegeheimen des Landkreises gibt es aktuell keinen Corona-Fall. Die schlechte Nachricht lautete, dass Kinder zunehmend als Überträger identifiziert werden. „Kinder lösen Folgefälle aus“, brachte es Haag-Milz auf den Punkt.