Julia Lutz

Für Anita Ritter bedeutet ihre Hotelanlage „The Hideout“ auf einer kleinen thailändischen Insel in der Bucht von Phang Nga normalerweise Freiheit und Natur. Dass sie eines Tages auf der Insel, die so sehr liebt, festsitzen könnte, war nicht zu erwarten. Seit dem 4. April dürfen keine neuen Hotelgäste mehr einchecken.

Warum Anita Ritter am Ende doch in Thailand blieb

Eigentlich hätte Anita Ritter am 5. April mit ihrem kanadischen Lebensgefährten, ihrer Tochter und dem gemeinsamen Sohn mit dem Flugzeug in Deutschland landen sollen. Einen Tag vor dem Abflug erfuhr Anita Ritter vom Auswärtigen Amt in Berlin allerdings, dass ihr Partner als Nicht-EU-Bürger nicht mitfliegen darf. Das war für sie ein großer Schock. Ihr Partner hätte keine Chance gehabt, zurück nach Koh Yaoi Noi zu kommen. Zunächst überlegte das Paar, ob Anita Ritter mit ihren beiden Kindern alleine nach Deutschland zurückfliegen sollte, denn der Vater ihrer Tochter lebt in Deutschland und vermisst sein Kind ebenso wie das Kind seinen Vater. Sie entschied sich, in Thailand zu bleiben.

Anita Ritter ist in Pfullendorf aufgewachsen. In Thailand hat sie sich den Traum vom eigenen Hotel erfüllt und setzt sich für die ...
Anita Ritter ist in Pfullendorf aufgewachsen. In Thailand hat sie sich den Traum vom eigenen Hotel erfüllt und setzt sich für die Ausbildung von Einheimischen ein. | Bild: privat

Flieger verpasst, weil keine Boote mehr fuhren

Für einen weiteren Flug Ende März hatte die vierköpfige Familie ebenfalls Tickets gehabt, allerdings wurden die Grenzen nach Phuket am 30. März dicht gemacht, sodass sie das Festland nicht mehr rechtzeitig erreichen konnten. Ob sie die 11 000 Euro für diesen Flug zurückbekommen, steht in den Sternen.

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Wie es nun weitergeht, weiß die Hotel-Besitzerin nicht. Auch nicht, ob sie in naher Zukunft nach Deutschland reisen kann. Nach wie vor ist sie in Deutschland angestellt und steuerpflichtig, denn das Hotel trägt sich noch nicht selbst und ist immer noch ein Leidenschaftsprojekt. Sie lebt von den Einkünften aus einem Angestelltenverhältnis als Diplom-Betriebswirtin und investiert die Einnahmen aus dem Hotel weiter.

In Thailand besteht seit März Maskenpflicht

Thailand ist von der Corona-Pandemie nicht so stark betroffen, wie Deutschland. „Bis dato gibt es auf Koh Yao Noi noch keine bestätigten Fälle“, sagt Anita Ritter gegenüber dem SÜDKURIER. Die Größe der Insel sei gut mit Pfullendorf vergleichbar, sowohl flächenmäßig als auch in Bezug auf die Einwohnerzahl. Auch in Thailand werden Unterstützung und Mitgefühl in der Gesellschaft groß geschrieben. Bereits seit März gibt es eine Maskenpflicht, allerdings gebe es in Thailand schon immer eine Maskenkultur, erzählt Ritter. Wer krank ist, ziehe sich in Thailand eine Maske an. Außerdem schüttele man sich dort ohnehin selten die Hände und vermeide Umarmungen.

Die Informationspolitik der thailändischen Regierung sei sehr gut. Allerdings treten Verordnungen viel schneller in Kraft, als das in Deutschland der Fall wäre. Die Schulen wurden quasi über Nacht geschlossen, auch die Grenzen von Phuket wurden innerhalb von fünf Stunden geschlossen. Kurz darauf stellten die Passagierboote zum Festland den Verkehr zwischen den Inseln ein. „Lebensmittel wurden anfangs noch täglich einmal geliefert. Mittlerweile nur noch alle paar Tage. Unser Supermarkt hat seit über einer Woche keine Lieferungen mehr erhalten“, berichtet Ritter.

Hotel ist noch immer ein Start-up

Ihr Hotel „The Hideout“ sei von der Corona-Krise stark betroffen, denn noch immer sei das Hotel ein Start-up.“Wir hatten zwei gigantische erste Jahre, in welchen aber viele Dinge noch abbezahlt werden mussten, sodass kein finanzielles Polster geschaffen werden konnte“, sagt sie. Im vergangenen Jahr habe der Tropensturm „Phabuk“ zu vielen Stornierungen in der Hochsaison geführt. Die Thomas-Cook-Pleite und steigende Wechselkurse hätten auch ihre Spuren hinterlassen.

Bild 2: Corona-Krise: Warum eine Pfullendorferin in Thailand auf einer Insel festsitzt
Bild: privat

Gäste stornieren Buchungen

Die ersten Stornierungen aufgrund Corona-Krise habe es bereits im Januar gegeben. Die Auslastung im April lag bei zwei Prozent, die Stornoquote bei 96 Prozent. Für den Sommer wurden schon fast alle Buchungen storniert, mit neuen Buchungen rechnet sie nicht. Glücklicherweise würden einige Gäste einen Gutschein akzeptieren und verzichten auf eine Rückerstattung. Das Hotelrestaurant ist geschlossen.

Personal bald nur noch halbtags beschäftigt

In der Inselmitte betreibt Anita Ritter das Ausbildungsrestaurant „Faye‘s Kitchen“. Wie in Deutschland dürfen Restaurants nur Gerichte ausliefern oder zur Mitnahme anbieten. „Die meisten Einheimischen kochen aber jetzt daheim“, erklärt Ritter. Außerdem würden die Einnahmen nicht reichen, um die Personalkosten zu stemmen. Derzeit seien die Mitarbeiter noch in Vollzeit bei ihr beschäftigt. Für den Monat Mai rechnet die Pfullendorferin damit, dass das Personal nur noch halbtags arbeiten könne. „Das tut weh, denn der Hauptteil unserer Mitarbeiter ist alleinerziehend“.

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Neue Pläne für das Hotel

Eine Entlastung sei es, dass die thailändische Regierung für die nächsten drei Monate auf die Sozialversicherungsabgaben für Arbeitnehmer und Arbeitgeber verzichte. Das sei aber nur ein kleiner Tropfen auf den heißen Stein. Sie geht davon aus, dass dieses Jahr keine Europäer mehr auf die Insel kommen. Die meisten Gäste kämen aus Australien und Neuseeland, aber auch dort sollen die Grenzen lange geschlossen bleiben.

Deshalb richte man das Marketing jetzt eher an Thailänder und überlege auch, die Zimmer in Suiten für private Dinner und Erlebnisgastronomie umzubauen.