Viele Jahrhunderte prägten das Obertor und die Jakobuskirche das Stadtbild. Doch im 21. Jahrhundert sind es auch Großbetriebe, die sofort ins Auge fallen, wenn man auf die Stadt zufährt. Aus dem verschlafenen Städtchen, das von Handwerk und Landwirtschaft geprägt war, ist längst ein prosperierender Industriestandort geworden – aktuell der größte im Kreis Sigmaringen. Geberit und Kramer beschäftigen viele hundert Menschen aus der ganzen Region. Viele Betriebe kamen nach Pfullendorf, weil es hier die für eine Ansiedlung nötigen Flächen gab. So war es auch bei Albert Nothdurft.
Küchenmöbel machen Pfullendorf weltweit bekannt
Der hatte 1927 in Wangen im Allgäu einen kleinen Betrieb eröffnet. Nach dem Zweiten Weltkrieg siedelte Nothdurft nach Pfullendorf um. Er wollte Küchenmöbel herstellen und in seiner Heimatgemeinde gab es dafür keine Flächen. In Pfullendorf dagegen schon. 1958 folgte die Umfirmierung zur „Alno Möbelwerke GmbH“. Der Name Alno setzt sich aus den ersten beiden Buchstaben des Vor- und Zunamens des Gründers zusammen. Nothdurft galt als Pionier der Küchenmöbelherstellung und hatte einen großen Anteil am wirtschaftlichen Aufschwung der Stadt. Die Produktion wurde ständig ausgeweitet, immer mehr Arbeitsplätze geschaffen und die Küchen aus Pfullendorf gingen in die ganze Welt.

Die einstige Alno Möbelwerke GmbH & Co. KG wurde 1995 eine Aktiengesellschaft und ging an die Börse. Der Ausgabekurs der Aktie betrug 59 Mark. 60,2 Prozent der Aktien blieben im Eigentum der Familie Nothdurft. Nach dem Tod des Unternehmensgründers Albert Nothdurft im Jahr 1997 begann eine Berg- und Talfahrt des Unternehmens, die schließlich 2017 in einer Insolvenz und der Stilllegung der Produktion endete. Aus der Insolvenzmasse ging die Neue Alno hervor und nahm im März 2018 die Produktion von Küchen in deutlich geringerem Umfang und mit rund 300 Mitarbeitern wieder auf.
Größtes Produktionswerk von Geberit steht in Linzgaustadt

Seit 1955 ist das Unternehmen Geberit in Pfullendorf ansässig. Der europäische Marktführer für Sanitärprodukte hat seinen Sitz in Rapperswil-Jona in der Schweiz. In Pfullendorf sind rund 1600 Mitarbeiter in der Produktion, der Logistik, der Verwaltung und im Vertrieb beschäftigt. Im Industriegebiet Theuerbach befindet sich nicht nur das größte Produktionswerk sowie auch die zentrale Logistik des Konzerns für ganz Europa. Und wenn man einer Anekdote Glauben schenken darf, die in der Linzgaustadt immer noch gerne erzählt wird, dann war die einstige Ansiedlung in der Linzgaustadt einem puren Zufall geschuldet.
Ein Zufall verhilft Stadt
zu einem neuen Großbetrieb
In den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts übernachtete ein Mitarbeiter der Schweizer Firma Geberit in Pfullendorf im „Adler“ und kam ins Gespräch mit Wirt Willi Nusser. Der entlockte dem Gast die Information, dass er nur auf der Durchreise sei auf der Suche nach einem Standort für ein neues Geberit-Werk in Bodenseenähe. Nusser war Stadtrat und einer derjenigen, die sich Sorgen um die wirtschaftliche Zukunft der Stadt machten und sich Industriebetriebe durchaus vorstellen konnten. Da gab es so manchen Widerstand zu brechen. Und man musste natürlich auch Interessenten finden. Ein solcher saß nun am Tisch und ließ sich das Abendessen munden. Pfullendorf hatte er nie im Fokus gehabt, aber die Idee, ein Werk im Linzgau zu bauen, die fand er nicht schlecht. Schließlich baute Geberit auf dem Gelände, wo sich heutzutage das Linzgau-Center befindet, vorher aber die Kicker des SCP ihre sonntäglichen Spiele austrugen. Die bekamen ein neues Stadion, das seit einigen Jahren auch den Namen Geberit-Arena trägt, und die Stadt viele neue Arbeitsplätze. 1965 baute Geberit ein neues Werk im Industriegebiet Theuerbach und erweiterte ständig. Viele Millionen Euro hat Geberit in den vergangenen Jahrzehnten in den Standort investiert und ist der mit Abstand größte Arbeitgeber in Pfullendorf.
Radlader von Kramer für
Baustellen rund um den Globus
Seit 2008 ist der Baumaschinenhersteller Kramer mit einem riesigen Gebäudekomplex ansässig. Damals zog man von Überlingen in den Linzgau, weil es keine geeigneten Erweiterungsmöglichkeiten am Bodensee gab und investierte rund 35 Millionen Euro in Pfullendorf in moderne Produktionsanlagen. Im Industriegebiet, das am Ortseingang aus Richtung Aach-Linz liegt, fertigen derzeit rund 600 Beschäftigte Rad- und Teleskoplader und die gelben Fahrzeuge sind weltweit im Einsatz. Ausführungen für die Landwirtschaft werden in grüner Farbe ausgeliefert. Im Volksmund ist „Kramer“ das Synonym für Radlader schlechthin.