Vorneweg: Ich bin selbst in einer Kleinstadt aufgewachsen. Und ich bin immer gerne Kleinstädter gewesen. Der Unterschied ist nur: Meine Heimatstadt liegt unweit Ludwigsburgs und Stuttgarts – zweier großer Städte, aus deren Schatten man nur schwer entweichen kann.

Pfullendorf hingegen ist ein Mittelzentrum – ist also ohne „Konkurrenz“. Was aber auch heißt: Denkt man an diese Stadt, denkt man nicht unbedingt an eine lebendige Stadtgesellschaft. Nach einem Monat Pfullendorf jedoch muss ich konstatieren: Wer so denkt, tut dieser Kleinstadt Unrecht.

Denn Pfullendorf hat mehr zu bieten als man auf den ersten Blick vermuten würde – und vor allem Menschen, die mit viel Herz und Engagement ihre Stadt lebendig machen.

Infrastruktur ist nicht alles

Der ÖPNV? Nun ja, sagen wir mal so: Wer auf einen Bus angewiesen ist, muss entweder Geduld oder eine gute Playlist mitbringen. Manchmal sind es eben nicht die großen Straßen oder der Takt des Busses, die eine Stadt lebendig machen – sondern die Menschen, die dort zu Hause sind. Und genau das kann ich nach einem Monat Pfullendorf unterstreichen.

Vom ersten Moment an habe ich mich gefühlt, als sei ich schon seit Ewigkeiten Teil der Redaktion des SÜDKURIER im Linzgau. Die Menschen waren offen und zuvorkommend, ein böses Wort gegen die Presse und unsere Arbeit gab es nicht.

Die Menschen sind das wahre Herz der Stadt

Noch immer berichte ich gerne von der Freundlichkeit und vor allem Herzlichkeit der Menschen hier, wenn ich nach meinen Erfahrungen im doch eher unbekannten Pfullendorf gefragt werde.

Es sind Begegnungen mit Bewohnern, die geradezu ansteckend wirken. Man kann kaum anders, als sich von der Begeisterung mitreißen zu lassen. So wird etwa noch lange das Gespräch mit der Italienerin Carolina Celentano haften bleiben, die mit Leidenschaft für „ihre“ Stadt Pfullendorf einsteht.

Carolina Celentano liebt Pfullendorf und ist im Rentenalter extra zurück aus Italien in ihre Wahlheimat gekommen. Menschen wie sie ...
Carolina Celentano liebt Pfullendorf und ist im Rentenalter extra zurück aus Italien in ihre Wahlheimat gekommen. Menschen wie sie zeigen, wie sehr die Stadt von den Leuten lebt, die sie lieben und schätzen. | Bild: Carolina Celentano

Menschen wie sie zeugen von echter Verbundenheit und Stolz auf ihren Heimatort. Es entsteht ein Gefühl von Gemeinschaft und Zugehörigkeit, das ansteckt und das Bild der Stadt viel mehr prägt als die Infrastruktur oder andere Faktoren.

Warum in die Ferne schweifen?

Schnell durfte ich auch merken, wie groß das Engagement und Gemeinschaftsgefühl in der Stadt ist. Ob Sportverein – mein erster Termin gleich am allerersten Tag war beim TC Pfullendorf, der mich spüren ließ, mit wie viel Herzblut und Freude dort gearbeitet wird. Ob es das vielfältige Angebot an Kulturveranstaltungen ist – man schaue sich nur einmal das Pfullywood-Festival an.

Rainer Hummel (l.) ist Vorsitzender des TC Pfullendorf. Er ist zwar selbst „Neigschmeckter“ – aber engagiert sich dennoch für den ...
Rainer Hummel (l.) ist Vorsitzender des TC Pfullendorf. Er ist zwar selbst „Neigschmeckter“ – aber engagiert sich dennoch für den Breitensport in der Stadt. | Bild: Tobias Weißert

Oder ob es der Seepark ist. Ein Campingplatz, ein Strandbad, Spielplätze, Liegeflächen und nicht zuletzt der Wakepark, in dem ebenfalls ein tolles Angebot unterbreitet wird, bei dem auch größere Städte Schnappatmung bekommen.

Und sogar in die Kältekammer kann man gehen, wenn einem danach ist. Wer braucht da noch die Großstadt? Warum in die Ferne schweifen, wenn hier mehr los ist als man erwarten würde? Es ist fast wie ein kleines Freizeitparadies – nur, dass kaum einer davon weiß und kaum einer es zu schätzen scheint.

Es kommt darauf an, was man aus dem Wenigen macht

Auch wenn auf dem Papier vielleicht ob der Größe, Lage und Infrastruktur wenig Potenzial herrscht – es kommt darauf an, was man aus dem Wenigen macht. Und hier macht Pfullendorf schon viel. Vor allem aber die Pfullendorfer. Der große Wille und das Engagement der Einwohner, sich das Leben schön zu machen, ist beeindruckend.

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Nun sollte auch die Politik erkennen, dass auch die vermeintlich „Kleinen“ ganz viel erreichen können. Vielleicht braucht es gar nicht perfekte Bedingungen, sondern einfach Menschen, die ihre Stadt lieben und anpacken. Nach einem Monat in Pfullendorf weiß ich: Manchmal steckt in kleinen Städten das große Herz.