Das Jahr 2000 war in Laufenburg für den Einzelhandel durch zwei Ereignisse geprägt: Während an der Andelsbachstraße das angestammte Lebensmittel-Einzelhandelsgeschäft Edeka Sulger schließt, eröffnet fast zeitgleich rund ein Kilometer weiter östlich im Laufenpark der Lebensmittel-Discounter Aldi eine Filiale. Der Laufenpark, einer der bedeutendsten Einzelhandelsstandorte am Hochrhein und ein Kundenmagnet.
Ein schwerer Schritt für Jürgen Sulger
„Wir konnten der Entwicklung zur Größe im Lebensmitteleinzelhandel lange trotzen und unserem Städtle eine Einkaufsmöglichkeit für Lebensmittel erhalten – doch jetzt ist es leider vorbei“, erklärte Jürgen Sulger, der damalige Geschäftsinhaber von Edeka Sulger, nach der Schließung im Jahr 2000. Als Grund nannte er damals die „wirtschaftliche Unrentabilität“ des kleinen Geschäfts in der Andelsbachstraße.

Die Betroffenheit der Kunden war groß. Der damalige Bürgermeister Michael Merle sprach von einem „Einschnitt“ für das Städtle, dessen Attraktivität im Hinblick auf den Einzelhandel nach der Schließung 1998 des Kaufhauses May in dieser Zeit ohnehin gelitten hatte.

„Der Schritt fiel mir als Laufenburger Kaufmann nicht leicht, vor allem im Hinblick auf unsere treue Kundschaft und die verbleibenden Geschäfte“, blickt Sulger zurück. Doch die immer größere Ansammlung verschiedener Märkte mit großen Sortimenten im Laufenpark machte die Schließung für ihn unumgänglich.
2000 ist das Jahr des Strukturwandels für den Einzelhandel
Sie erfolgte nur wenige Monate nach der dortigen Eröffnung des ersten Aldi-Discounters. Das Jahr 2000 wurde so zu einem entscheidenden Jahr für den Strukturwandel im Laufenburger Einzelhandel. Die ganze Geschichte begann allerdings schon viel früher.
Denn was heute Laufenpark heißt und ein Einzelhandelsgebiet ist, begann im 19. Jahrhundert als Gewerbegebiet. Im Zuge der Industrialisierung hatte sich, wie überall am Hochrhein, auch in Laufenburg Textilindustrie angesiedelt.

Noch bis in die Mitte der 1970er-Jahre war die Fläche des heutigen Laufenparks ein reines Industrieareal. Die Geschäfte in der Altstadt hielten in dieser Zeit ein Vollsortiment des täglichen Bedarfs für die Bevölkerung bereit, neben Lebensmittelgeschäften gab es gleich mehrere Bäckereien und Metzgereien, Bekleidungsgeschäfte und Schuhläden.
Den Grundstein für den Einzelhandel im Laufenpark legte erst 1974 ein Nachfahre der Firmengründer der Textilfabrik Eggemann & Lange. Nach dem Aus des Unternehmens siedelte Gero Eggemann mithilfe einer Einzelgenehmigung der Stadt Laufenburg im ehemaligen Websaal einen Großmarkt an.

Fahrt nahm die Entwicklung auf dem Gelände dann im Jahr 1983 auf, als die Stadt Laufenburg nach dem Abbruch der Seidenweberei Näf die entsprechenden Flächen für den Einzelhandel öffnete, sodass sich Geschäfte ansiedeln konnten. Heute ist der Laufenpark ein Aushängeschild der Stadt und sichert nicht nur Arbeitsplätze, sondern füllt auch die Stadtkasse mit hohen Einnahmen aus der Gewerbesteuer.
Die Entwicklungen im Jahr 2000 stehen symbolisch für den Strukturwandel im Einzelhandel
Das Jahr 2000, in dem Edeka Sulger in der Andelsbachstraße nahe der Altstadt schließt und im Laufenpark mit Aldi der erste Discounter der Stadt eröffnet, markiert einen Meilenstein in dieser Entwicklung und steht symbolisch für den Strukturwandel des Laufenburger Einzelhandels. Die Einkaufsströme verlagerten sich zunehmend aus dem Stadtzentrum heraus in den östlich gelegenen Laufenpark. „Für Laufenburgs wirtschaftliche Entwicklung war das sicher positiv, allerdings nicht für den noch vorhandenen Einzelhandel im Städtle“, erinnert sich Sulger.

Zunächst hatte man versucht, der Verlagerung des Einzelhandels politisch entgegenzuwirken. „Um städtebaulich unerwünschte Folgen für die Geschäfte der Altstadt zu vermeiden, gab es für das Gebiet des Laufenparks lange Zeit Sortimentsbeschränkungen und bis 1995 eine Begrenzung der Verkaufsfläche auf 1000 Quadratmeter“, weiß Stadtarchivar Martin Blümcke. Im Jahr der Eröffnung der Aldi-Filiale lag die Grenze noch bei 1500 Quadratmetern, bevor sie in den Folgejahren schrittweise erhöht und die Sortimentsbeschränkung schließlich endgültig aufgehoben wurde.
Infrastrukturelle Rahmenbedingungen beeinflussen die Entwicklung
Auf politischer Ebene hatte auch der Regionalplan, ebenfalls aus dem Jahr 2000, einen Einfluss, der Laufenburg eine Rolle als Unterzentrum zwischen Bad Säckingen und Waldshut zubilligte. Dadurch wurde die Entwicklung zentralörtlicher Einrichtungen, die über die Grundversorgung mit Dienstleistungen hinausgehen, möglich. „Einzelhandelsprojekte mit bis zu 5000 Quadratmetern wurden so möglich gemacht“, erinnert sich Blümcke. „Letztlich war die Entwicklung aufgrund der Umstände notwendig“, erinnert sich Altbürgermeister Roland Wasmer im Gespräch mit unserer Zeitung.
Als dieser im Jahr 2004 Bürgermeister wird, ist die Richtung der Entwicklung des Einzelhandels in Laufenburg von der Altstadt in den Laufenpark nicht mehr umkehrbar. „Das lag vor allem an den infrastrukturellen Rahmenbedingungen“, erinnert sich der Altbürgermeister. Spätestens mit der Öffnung der neuen Rheinbrücke im Dezember des Jahres 2004 waren die Standortvorteile für den Laufenpark schlicht zu groß, die Schweizer machen seitdem den größten Anteil unter den Kunden im Laufenpark aus.

„Die Lage, die Erreichbarkeit und die Parkmöglichkeiten sind sensationell gut. Die Räumlichkeiten in der Altstadt hingegen sind für Einzelhandel nicht rentabel“, so Wasmer. Es sei ein schleichender, aber nicht mehr aufhaltbarer Prozess gewesen.
„Die meisten Läden in der Altstadt hatten aufgrund der strukturellen Bedingungen schlicht keine Chance, sich zu halten“, erklärt der heute 73-Jährige, der in seiner Amtszeit vor der Aufgabe stand, die vielen neuen Ansiedlungen im Laufenpark zu Beginn der 2000er Jahre zu steuern, um ein sinnvolles Angebot zu schaffen. Unter anderem war er es, der die Grundlage für die spätere Ansiedlung des Obi-Baumarkts legte.
Aus heutiger Sicht sieht der Altbürgermeister die Entwicklung des Einzelhandels in Laufenburg positiv. „Der Laufenpark ist ein weit über Laufenburg hinaus beliebtes Einkaufszentrum, während die Altstadt heute vom touristischen Flair lebt“, so Wasmer.